Vollständige Version anzeigen : Lerne ein Musikinstrument und kann nicht mehr schreiben
Annette-5
07.06.2012, 10:49
Guten Tag ins Forum,
ich bin ein umgeschulter Linkshänder und habe erst in den letzten Jahren begriffen, dass dies allerlei negative Folgen für mich hatte. Ich schreibe mit rechts (ungern und unleserlich), mache aber viele andere Dinge mit links, z.B. bediene mit links die PC-Maus. Ich habe mich jetzt neu in diesem Forum registriert.
Nun habe ich im fortgeschrittenen Alter mir einen JUgendwunsch erfüllt und lerne ein Musikinstrument. Jetzt ist mir aufgefallen, dass je besser ich mit dem Instrument umgehen kann, meine Rechtschreibung immer schlechter wird - ich vertippe mich permanent, Buchstabendreher, Worte werden phonetisch geschrieben - es ist als ob mein Kopf nach eigenen Regeln schreibt. Ich muss also sehr sorgfältig alles konrollieren, was ich absetze, was besonders wichtig ist, weil ich in einem Beruf arbeite, der von Sprache lebt.
KAnn das irgenwie zusammenhängen, hat jemand so etwas schon mal erlebt?
Viele Grüße
Annette
Hallo Annette,
um auf Deine Frage eingehen zu können, schreib mal, welches Instrument Du lernst.
Ist es ein Rechtshänder- oder Linkshänderinstrument?
liebe Grüße, Ursula
Annette-5
07.06.2012, 14:27
Es ist ein Saxophon - also ein Instrument, das Linkshänder eher begünstigt, denke ich
Viele Grüße
Annette
Hallo Annette,
ich nehme mal an, dass es sich um ein Rechtshänderinstrument handelt.
Also, linke Hand oben, rechte Hand unten.
Die rechte Hand trägt dann auch das Gewicht.
Es kann gut sein, dass durch die rechtshändigen Bewegungsmuster, die Du nun neu lernst, einiges durcheinanderkommt.
Wir hatten darüber schon mal einen Themenstrang:
http://www.linkshaenderforum.org/forum/showthread.php?t=16071
mehr über die verschiedenen Instrumente kannst Du hier lesen:
http://www.linkshaender.at/th_musikinstrumentenspiel.htm#h9
liebe Grüße, Ursula
Annette-5
07.06.2012, 17:57
Hallo Ursula,
herzlichen Dank für die hilfreichen Hinweise!
Liebe Grüße
Annette
Liebe Annette-5,
ich habe nicht das gleiche Problem wie du, aber doch Erfahrungen gemacht, von denen ich glaube, dass sie deinen ähnlich sind, also schreib ich einfach mal davon.
Immer wenn ich versuche, mit Links zu schreiben (ich bin Linkshänderin, schreibe aber mit Rechts), kann ich plötzlich nicht mehr rechtschreiben. Mir passieren Buchstabendreher, ich vergesse stumme Laute (hs, lange ies etc.), ich vergesse Beistriche und lasse auch gern mal ein ganzes Wort aus, ohne es zu merken. In meinem Beruf unmöglich, deshalb habe ich das Linksschreiben erstmal aufgegeben.
Kürzlich habe ich in meinem Urlaub wieder einmal versucht, mit der linken zu schreiben, und zwar beim Sudoku-Lösen. Ich bin überhaupt nicht weitergekommen und habe schließlich aufgegeben. Nach ein paar Tagen habe ich mir das Rätsel noch einmal angesehen (habe seitdem wieder rechts geschrieben), sofort ein paar Fehler entdeckt und das Sudoku danach ganz leicht lösen können. Als ich links geschrieben habe, habe ich diese Fehler einfach nicht wahrgenommen. Es war, als ob die Zahlen einfach keinen Sinn mehr gemacht haben.
Mit Musik habe ich diese Erfahrung noch nicht gemacht - im Gegenteil, hier hat sich bei mir einiges verbessert. Ich spiele (schlecht) Klavier und merke hier eher den umgekehrten Effekt. Wenn ich viel geschrieben habe und danach versuche, ein neues Stück einzulernen, ist das völlig sinnlos, weil ich es nicht schaffe, meine beiden Hände auf der Tastatur zu koordinieren. Ich lerne seit ein paar Wochen Harfe und spiele sie links (d.h. linke Hand = Melodiehand, rechte = Begleitung). Wenn ich eine Weile auf der Harfe geübt habe und mich danach ans Klavier setze, geht es immer besonders gut. Es ist, als ob sich mein Gehirn durch das linkshändige Harfenspiel entspannt und entwirrt hätte, sodass ich dann auch im (rechtshändigen, d.h. rechte Hand = Melodiehand, linke = Begleitung) Klavierspiel besser werde. Ich hatte zuerst Angst, dass das linkshändige Harfenspiel meine Koordination am Klavier noch mehr durcheinanderbringen würde, aber genau das Gegenteil ist der Fall, was ich bemerkenswert finde.
Mir kommt schon vor, dass diese Dinge irgendwie zusammenhängen. Vielleicht hat ja sonst auch noch jemand Erfahrungen in dieser Richtung gemacht.
LG,
Yvaine
Marina Neumann
08.06.2012, 12:21
Hallo Annette 5,
wenn man als ULH ein Rechtshänderinstrument lernt, kann das Umschulungsfolgen verschlimmern.
Das Spielen eines Intruments ist ein sehr komplexer Vorgang, man könnte ihn fast mit dem Schreiben gleichsetzen.
Wenn man als Linkshänder nicht der eignen Händigkeit entprechend musizieren kann, kann das eine große Beeinträchtigung bedeuten.
Bei mir war die Beeinträchtigung durch das rechtshändige Geigespielen enorm; einmal hatte ich keine wirkliche Freude am Spielen,
habe das Üben eher gehasst, vor allem aber sind bestehende Umschulungsfolgen wie Erschöpfung und Schlaflosigkeit dadurch noch schlimmer geworden.
Im Gymnasium haben sich meine Lernprobleme soverschlimmert, sodass ich psychisch und körperlich zeitweise in einem extremen Dauerstress leben musste.
Ich war häufig krank, hatte ständig Probleme mit den Zähnen etc.
Ich kann mir also gut vorstellen, dass das Saxophonspielen sich bei dir beeinträchtigend auf das Schreiben mit rechts auswirkt.
Liebe Grüsse von Marina Neumann
Annette-5
08.06.2012, 12:58
Hallo,
danke für eure Beiträge, ich frage mich, was ich tun kann? Das Saxophonspielen werde ich nicht aufgeben, Linkshänderinstrumente gibt es nicht, ich werde dann halt mehr Konzentration beim Schreiben aufwenden müssen.
Herzliche Grüße
Annette
KerstinB
08.06.2012, 13:22
Immer wenn ich versuche, mit Links zu schreiben (ich bin Linkshänderin, schreibe aber mit Rechts), kann ich plötzlich nicht mehr rechtschreiben. Mir passieren Buchstabendreher, ich vergesse stumme Laute (hs, lange ies etc.), ich vergesse Beistriche und lasse auch gern mal ein ganzes Wort aus, ohne es zu merken. In meinem Beruf unmöglich, deshalb habe ich das Linksschreiben erstmal aufgegeben.
Hallo Yvaine,
wie hast Du denn mit links zu schreiben angefangen? So Stück für Stück, erst mit Schwung- bzw. Nachspurübungen, dann die Buchstaben, Silben, Worte usw. (also noch Mal bei 0 angefangen bzw. wie in der 1. Klasse...) Oder eher schneller bzw. gleich im "Erwachsenenmodus"? Manchmal kann auch das zu schnelle Vorgehen beim Schreibenlernen (oder das Reaktivieren) mit links ein Grund für solche Probleme sein... Oder auch Phasen, in denen mit links geübt, aber im Alltag oder Beruf usw. zunächst noch mit rechts weiter geschrieben wird (weil z. B. keine PC-Ausweichmöglichkeit besteht o. ä. ...) Fiel mir so ein, als ich Deinen post las, auch im Vergleich zu Deinem linkshändigen Harfenspiel, was Du ja auch "neu" lernst, also Stück für Stück und wo das ganz gut klappt...
lG KerstinB
Hallo Annette,
ich freue mich richtig, dass du dir in Bezug auf das Saxophonspielen so sicher bleibst, dies trotz allem weiter zu machen. Wenn du es mit Begeisterung machst, heisst der Übungsstress nicht überhand nimmt, hat es einfach eine wundervoll positive Wirkung. Das sage ich einfach aus eigener Erfahrung und dem, was ich auch bei Freunden beobachte. Auch wissenschaftlich gibt es ja viele Aussagen über die positive Wirkung, angefangen mit der neuroplastischen Gehirnvernetzung, den Austausch zwischen den Hemisphären über den Balken usw.
Vielleicht ist das ja auch wirklich ein Zusammenhang mit der durch das Musizieren angeregten 'neuroplastizitären' Entwicklung im Gehirn und den Schreibstörungen, und vielleicht ist es auch eine Erscheinung im Sinne der Erstverschlimmerung, die sich bald wieder legt - das würde ich dir auf jeden Fall wünschen!
Dass das Saxophon ungünstig für Linkshänder ist, glaube ich eigentlich nicht. Das Gewicht wird vom Nackengurt getragen und beide Hände sind mit dem Bedienen der Klappen beim Spielen gleichermaßen aktiv. Für mich stellt sich eigentlich bei vielen Musikinstrumenten, bei denen beide Hände eingesetzt werden die Frage, ob man da wirklich eine Aufteilung nach Händigkeitsdominanz machen soll, oder nicht vielmehr danach, welche Handaktion besser zu welcher Gehirnhälfte passt. Bei einem Streichinstrument könnte ich mir eigentlich vorstellen, dass es generell (also auch für Rechtshänder) adäquater ist, den Bogen links zu halten und die Tonhöhen am Hals mit rechts zu drücken, einfach weil der einfühlende Bogenstrich eher der holistischen Verarbeitung der rechten und die exakte Tonhöhenbestimmung eher der analytisch-sequentiellen Verarbeitung der linken Gehirnhälfte entspricht. Aber ich habe mich damit auch nicht intensiver beschäftigt, vielleicht gibt es dazu ganz andere Ergebnisse.
Liebe Grüße Jolando
Sabine.W.
17.06.2012, 16:55
Hallo an alle Musikanten,
vor längerer Zeit war mein Wunschinstrument auch das Saxofon, und ich besuchte einen Schnupperworkshop. Zu dem Zeitpunkt wußte ich noch nicht, dass ich LH war, aber mit der Handhaltung habe ich mich unwohl gefühlt, und mich für ein Schlagzeug entschieden. Ich hab das an anderer Stelle schon mal berichtet, ich spiele jetzt komplett linksrum und bekomme viel schnellere Übungserfolge. Komplizierte Rhythmen begreife ich auch schneller, und deswegen schließe ich mich Marina an: der Spaß- und Lernfaktor ist am LH-Instrument wirklich größer.
Liebe Grüße, Sabine
wie hast Du denn mit links zu schreiben angefangen?
Hallo KerstinB,
ich habe zuerst langsam begonnen, so wie du es beschreibst (Schwung-, Nachspurübungen etc.) - ungefähr ein Jahr lang. Nachdem sich dann vieles in meinem Leben gebessert hat - bis auf die Rechtschreibung, die ich vorher immer sehr gut beherrscht habe, habe ich dann meinen Job gewechselt und gemerkt, dass ich im Beruf einfach nicht mit Links schreiben kann. Danach habe ich versucht, immer mal wieder mit Links zu schreiben, doch die Rechtsschreibprobleme wurden schlimmer. Ich musste dann immer wieder zu Rechts zurückkehren, da ich in meinem Job viel, schnell und vor allem richtig schreiben muss. Ich glaube, das wird nichts mehr mit dem Linksschreiben bei mir. Vielleicht einmal in ferner Zukunft, wenn ich in Pension gehen kann...
LG,
Yvaine
Hallo Yvaine, das finde ich irgendwie "witzig", dass du Probleme mit der Rechtschreibung hast, wenn du mit links schreibst. Zugegeben, ich schreibe verhältnismäßig wenig mit der Hand, aber auch wenn ich (seltener) lange Briefe schreibe, sind mir diesbezüglich keine Probleme aufgefallen. Was meine Rechtschreibung angeht, hat mich neulich ein ("einheimischer" - ich bin Spätaussiedlerin und erst mit 18 nach Deutschland gekommen) Kollege beneidet, dass ich die Rechtschreibung so gut beherrsche, besser als er (seine Aussage). Wir sind beide Lehrer, wohlgemerkt, auch wenn wir nicht Deutsch unterrichten, aber im Abitur müssen wir auch die Rechtschreib-, Grammatik- und Ausdrucksfehler kennzeichnen und ggf. dafür Punkte abziehen. Und auch bei Deutsch-Kolleginnen sehe ich öfter Fehler, die nicht alle Tippfehler sein können. ;)
Was das Klavierspielen angeht: es gibt auch Stücke, bei denen die Melodie in der linken Hand liegt, hast du so etwas schon mal probiert, wie es damit geht? Ich hatte gerade neulich ein (kurzes) Übungsstück, bei dem das der Fall war, meine Klavierlehrerin sagte mir aber, dass es durchaus viele Stücke von der Sorte gibt.
Viele Grüße
Christa
Hi,
also ich habe mir jetzt mal das ganze Thema durchgelesen und denke nicht, dass es am (RH-)Instrument liegt!
Ich spiele zwar kein Saxophon, aber musiziere schon seit 18 Jahren (früher Flöte, Querflöte und nun seit einigen Jahren Oboe)!
Ich weiß, dass die Griffe des Saxophons der Blockflöte fast gleich sind und habe auch von Saxophon-Spielern öft gehört, dass es nicht kompliziert sei, zu spielen (von den Griffen)....
auch der Gurt trägt ja dazu bei, dass beide Hände ungefähr gleich belastet sind. Oder wird die rechte Hand mehr gebrauch, als die Linke?
(Bei den Holzbläsern wird ja eigentlich die linke Hand mehr gebracht, als die Rechte - weil es kaum Töne gibt, wo man die linke Hand nicht bracht, wohl aber die Rechte!)
Also, wird es wohl kaum am Instrument liegen, dass du plötzlich Probleme beim Schreiben hast, finde ich.
Deine Beobachtung und deine Vermutung sind aber sehr interessant!;)
Übrigens: es ist nicht immer vorteilhaft ein LH-Instrument zu spielen!
Nur so als Beispiel; bei meiner "RH"-Oboe muss ich mit dem linken kleinen Finger 5 Klappen betätigen (Daumen 2 Klappen), mit dem rechten kleinen Finger nur 3 (Daumen 0)! AUßerdem muss der Zeigefinger der linken Hand Millimeterarbeit machen, da das Tonloch ganz klein ist! - Könnte ich vermutlich mit rechts nicht wirklich gut.....
Es wäre also vom Nachteil, wenn ich ein seitenverkehrtes Instrument spielen würde!
Annette-5
18.06.2012, 19:24
Hallo,
klar hält die rechte Hand das Instrument - und wenn du den Gurt falsch einstellst, tut der Daumen auch weh, aber eigentlich denke ich auch, dass die Belastung für beide Hände einigermaßen gleich ist.
Aber trotzdem hat sich, seitdem ich Saxophon lerne, meine Handschrift - die schon immer ziemlich schlecht war:D, vollends aufgelöst. Ich habe mir schon Gedanken gemacht, ob das ein Fall von vorzeitiger Demenz ist.:rolleyes:
Anderes ist aber besser geworden, ich kann mir z.B. besser SAchen merken.
Schöne Grüße
Annette
Ich habe mir schon Gedanken gemacht, ob das ein Fall von vorzeitiger Demenz ist.:rolleyes:
Anderes ist aber besser geworden, ich kann mir z.B. besser SAchen merken.
Mmm, es stimmt, dass die Handschrift bei Alzheimer-Erkrankten sehr unregelmäßig ist usw....
aber dass du dir aber etwas besser merken kannst, spricht doch komplett gegen Demenz!:)
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