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Vollständige Version anzeigen : Als Linkshänder rechts schreiben !?


Tobias Braun
16.07.2004, 16:05
Hallo zusammen!


Ich bin Linkshänder, und schreibe links, spiele aber ganz normal Klavier und Rechtshändergitarre und halte die Maus in der rechten Hand.


Ich weiß nicht, was für einen Linkshänder die Vorteile sind, nicht wie alle anderen auch rechts zu schreiben, sondern mit links. Ich finde es absolut schade, dass ich als Grundschüler mit Links schreiben gelernt habe, im Kindergarten habe ich die Stifte nämlich immer wahllos mit beiden Händen oder gleichzeitig benutzt, und es ging wunderbar.

Meine Grundschullehrerin war Linkshänderin, die aber auf Rechts-Schreiben umtrainiert wurde. Sie hat aber eine schönere Schrift wie die meisten Rechtshänder und schreibt ziemlich schnell. Das wären für mich Argumente, jetzt, da ich alt genug bin und selber entscheiden kann (15), auf rechts umzustellen. In Darstellung habe ich sowieso immer eine 5 oder 6, darauf kommts dann auch nicht an. Und das größte Problem ist, dass ich immer alles verwische, wenn ich nicht in Spiegelschrift schreibe, die nachher kein Mensch mehr lesen kann. Schnelltrockentinte nützt auch nichts, weil die auch ein paar Sekunden zum Trocknen braucht, und da hab ich dann schon dreimal drübergewischt.


Hat jemand eine Idee, wo ich Rechts-Schreiben lernen könnte, oder weiß jemand da starke Gründe dagegen?


Tobias

MatthiasW
16.07.2004, 18:18
Hallo Tobias,


als Linkshänder-Berater kann ich dir nur empfehlen die Finger von einer Umschulung auf die rechte Hand zulassen, außer du wärst ein umgeschulter Rechtshänder. Solltest du sollche Gedanken hegen, wende dich bitte umgehend an eine/n Linkshänder-Berater/in, um deine Händigkeit klären zulassen.

Du willst Gründe die gegen eine Umschulung oder das Schreiben mit der rechten Hand sprechen.

Ich lade dich, falls du in Münster oder Umgebung wohnst zu meinem Rückschulungskurs für Erwachsene am kommenden Mittwoch, dem 21.07.04 von 20.00 bis 21.30 Uhr ein, am nächsten Tag sind Ferien kannst also ausschlaffen.

Du kannst dann die Erwachsenen fragen warum sie sich auf die linke Hand zurückschulen und nicht mehr wie deine Lehrerin, als umgeschulte LH, mit der rechten Hand schreiben wollen.

Weiter hin empfehle ich dir, die Maus mit der linken Hand zubedienen und auch die Gitarre auf links umzuspannen.

Warum?

Du fragst nach Gründen?

Benutze doch mal die Suche hier im Forum und gebe Linkshänder-Tastatur(LH-Tastatur), LH-Gitarre, LH-Geige, LH-Instrumente usw ein oder suche nach Umschulungsfolgen oder gehe mal auf die Internetseite von Frau Dr. Sattler oder von Inken Spreda.

http://www.lefthander-consulting.org/
http://www.linkshaenderseite.de/


Liebe Grüße(Nach jedem Regen kommt wieder Sonnenschein! alte Gallierweißheit, die sich gerade wieder bewahrheitet.)

Matthias

Katja Allani
16.07.2004, 18:50
Hallo Tobias,

du solltest als Linkshänder wirklich nicht deine Schreibhand auf rechts umschulen. Das liegt daran, dass der Handgebrauch mit der Gehirnnutzung- und leistungsfähigkeit zusammenhängt. Und diese ist, wie auch die Links- oder Rechtshändigkeit, vererbt. Gebrauchst du als LH deine linke Hand, vor allem auch beim Schreiben, so ist das optimal.

Um das Problem des Tinteverwischens in den Griff zu bekommen: Es könnte sein, dass du mit der sog.Hakenhand schreibst. Das heißt, dass du beim Schreiben die Hand nach vorne umknickst? Eine korrekte Schreibhaltung wäre dann gegeben, wenn Hand und Arm eine Linie bilden und das Stiftende zu deiner linken Schulter zeigt und der Stift nicht zu weit unten gehalten wird. Dann müsste die Tinte eigentlich nicht so verschmieren. Diese Schreibhaltung lässt sich antrainieren. Es ist die gleiche, die auch Rechtshänder meist haben (halt bloß auf der anderen Seite).

Hast du eigentlich auch die Möglichkeit, mit Bleistift zu schreiben?


Viele Grüße
Katja

Mondgöttin
17.07.2004, 15:22
Hallo Tobias,


eins vorneweg: Ich kann Deine Beweggründe gut nachvollziehen. Trotzdem rate ich Dir vollkommen ab von dieser Idee. Und ich will Dir auch kurz beschreiben, warum.


Ich bin selbst Linkshänder. Habe mit links schreiben gelernt und auch während meiner kompletten Schulzeit Schriftprobleme gehabt (Matthias, der Schriftproben aus der gesamten Zeit kennt, wird Dir das bestätigen können). In der Grundschulzeit daher auch schlechte Noten für's "Schönschreiben". Während des Studium lernte ich dann einen Kommilitonen kennen, der ebenfalls Linkshänder war, der aber nicht von oben schrieb, sondern von unten. Das habe ich dann auch probiert und konnte nach einer Eingewöhnungsphase auch gut und flüssig so schreiben. Zwar kippte damit die Schrift nach links, aber immerhin verwischte nix mehr. Sehr gute Erfahrungen beim Schreiben habe ich übrigens mit Pelikan Linkshänderfüllern und Pelikan-Tinte gemacht (manchmal muss es eben doch "Qualität" sein), da verwischt auch in der guten alten Hakenstellung wenig.


Aber, ich sagte ja, ich könne deine Beweggründe nachvollziehen.

Vor ca. 10 Jahren kaufte ich mir meinen ersten Rechner. Und da es auch der erste Rechner in der Familie war, lag die Maus natürlich rechts. Ich kannte es ja auch nicht anders und wäre nie auf die Idee gekommen, die Maus links zu legen. In dieser Zeit spielte ich auch ab und an Gitarre bei einer Freundin - natürlich rechtshändig. Und vor 4 Jahren habe ich mir ein Keyboard gekauft, auf dem ich anfänglich sehr enthusiastisch (rechtshändig) spielte. Irgendwann merkte ich, dass ich mit der linken Hand nicht zurechtkomme und seither steht das Keyboard nur noch als Staubfänger im Schlafzimmer.


Vor einem Jahr fasste ich dann meine Überlegungen wie folgt zusammen: Ich benutze die Maus rechts, ich benutze die meisten Werkzeuge rechts, ich werfe rechts, ich schaue rechts...was spricht eigentlich dagegen, mit rechts zu schreiben? Gesagt, getan: Ich besorgte mir Schreiblernhefte für Schulanfänger (so vorgedruckte) und begann, mit rechts zu schreiben. Und ich fühlte mich phantastisch, sehr euphorisch. Und war schließlich überzeugt, ein umgeschulter Rechtshänder zu sein, mit einer (rechtshändigen) Mutter mit Linkshänder-Tick.


Dass ich mehr und mehr Konzentrations- und Sprachstörungen (Wortfindungsprobleme) bekam, habe ich dabei aber konsequent ignoriert.


Anlässlich eines Forentreffens im März diesen Jahres ließ ich meine Händigkeit von Matthias testen. Das Ergebnis war niederschmetternd: Ich bin definitiv kein Rechtshänder. Matthias Empfehlungen: Ab heute alles nur noch links.


Zuerst legte ich die Maus um und durfte die Nummerntastatur am Rechner nicht mehr benutzen. Großes Fiasko, denn bereits an meinem ersten Arbeitstag bekam ich so tierische Kopfschmerzen. Seitdem benutze ich die Nummerntasten wieder mit rechts und die Maus links. Nach meinem Umzug vor 3 Monaten habe ich dann auch daheim meine ergonomisch geformte Rechtshändermaus entsorgt und zuhause am Rechner die Maus auf links umgestellt. Ich schreibe nicht mehr mit rechts (obwohl ich es immer noch kann und die Schrift inzwischen über den Status eines Schreibanfängers längst hinaus ist) und was soll ich sagen: Es geht mir plötzlich viel besser. Ich kann mich besser konzentrieren, Wortfindungsprobleme? Ist viel weniger geworden.


Und was ist nun mit dem Werfen? Dem Gucken? Und den Werkzeugen?

Werfen habe ich nie richtig gelernt (hat auch Matthias festgestellt), sondern nur bei anderen "abgeguckt". Dies erklärt, warum ich mit rechts werfe und mit einer Technik, die fürchterlich ist. Gucken? Mit 7 habe ich auf dem Schulhof einen harten Schneeball aufs links Auge bekommen, das seitdem extrem lichtempfindlich ist und so wurde das rechte Auge zum dominanten Auge. Und was die Werkzeuge angeht: Nachdem wir bei dem Treffen in Münster anhand von simplen Baumarkthämmern nachweisen können, dass man mit denen mit der Linken Hand keinen Nagel grade in die Wand bekommt, weil selbst die Hämmer für Rechtshänder optimiert sind, wundert mich gar nichts mehr.


Ich Nachhinein kann ich also nur sagen: Lass die Finger davon. Im Gegenteil, versuche eher, so viel wie möglich mit links zumachen, also z.B. die Maus umzulegen, ändere Deine Schreibhaltung (im Internet findest Du da sehr viele Tipps und Hinweise), lege Dir vielleicht eine Linkshandschere zu, einen Spitzer für die linke Hand und dann genieße die Tatsache, dass es mit links viel leichter geht. Und dann wirst Du sehen, dass es nicht unbedingt ein Nachteil ist, wenn man als Linkshänder alles mit links macht. Sondern einfach nur natürlich.


Viel Erfolg und danke für's Lesen dieses Romans


Kirstin

Tobias Braun
17.07.2004, 22:08
Also Gitarre jetzt noch andersherum anfangen geht auf keinen Fall, schon allein deshalb nicht, weil ich sehr oft auf RH-Gitarren spielen muss, weil keine anderen da sind. Meistens bin ich froh, wenn überhaupt eine Gitarre da ist.

Außerdem habe ich die Gitarre schon immer instinktiv "rechts" rum (also mit Hals nach links) gehalten. Erscheint mir irgendwie logischer, weil ich ja mit der Greifhand viel mehr machen muss als mit der Schlaghand (Hammer-on, Pull-off), und mit dem Rhythmus habe ich absolut keine Probleme.


Das mit dem Computer geht auch nicht sehr gut, mit links kann ich nicht richtig doppelklicken und in Photoshop gehts auch nicht so toll.


In der Nähe von Münster wohne ich leider nicht (bei Heilbronn, Baden-Württemberg).

Untersuchen lassen muss ich mich auf meine Händigkeit nicht, ich bin auf jeden Fall Linkshänder, dass weiß ich sicher.


Die Links, vor allem die zweite Seite, die du da gepostet hast, finde ich ganz interessant, da bedank ich mich hiermit für.


Was noch ein Grund dafür ist, dass ich gerne mit rechts schreiben lernen würde, ist, dass bei längeren Texten, z.B. bei Diktaten oder Aufsätzen ziemlich schnell meine (linke) Hand müde wird / weh tut, und wenn ich da abwechseln könnte, hätte das schon Vorteile.


Also wenn ich jetzt trotzdem mit rechts schreiben lernen wollte, auch angesichts der Folgen, die da auf den von dir gelinkten Seiten stehen, hättest du da irgendwelche Tipps für mich? Probieren kann ich's ja, wenns nichts wird, kann ich ja immer noch damit aufhören.


Gruß

Tobias

Tobias Braun
17.07.2004, 22:30
>Viel Erfolg und danke für's Lesen dieses Romans

>Kirstin


Ich mache außer Klavier, Gitarre, Maus eigentlich alles mit links (werfen, schneiden, ...)

Meine Klavierlehrerin sagt, ich wäre ihr bester Schüler, und mein Gitarrenlehrer konnte es gar nicht glauben, als ich ihm nach 1/2 Jahr sagte, ich sei Linkshänder, weil ich alles besser könne wie die meisten Rechtshänder.


Werfen konnte ich noch nie, ich bin eh total unsportlich. (Nach der Notenskala für Weitwurf für die 9. Klasse hätte ich ungefähr eine 7-8 *g*, mein Lehrer hat mir aber trotzdem eine 4 gegeben.


Schneiden kann ich auch nicht so toll (habe Linkshänderschere), genauso wenig wie einen geraden Strich ohne Lineal ziehen, aber wofür brauch ich das eigentlich.

Linkshänderspitzer??? Wo ist da der Unterschied? Spitzen kann ich wunderbar mit einem ganz normalen Spitzer.


Werkzeuge benutze ich alle mit links, außer Schraubenzieher. Grund -> Mein Vater ist Elektrotechniker, und der sagt, fasse niemals elektrische Gegenstände mit der linken Hand an, weil das dann im Falle eines Kurzschlusses immer übers Herz geht.


Das mit den Konzentrationsstörungen kann ich schlecht beurteilen, aber bevor ich's nicht selber spüre, glaube ich normalerweise nichts. Ich musste mir auch erst den Fuß übertreten, bis ich geglaubt habe, dass Gartenarbeit mit Sandalen nicht so gut ist .


Ich sehe es auch nicht als Nachteil an, dass ich Linkshänder bin, weil ich eigentlich alles so mache, wie es mir am praktischsten erscheint. D.h. die Hand, mit der es einfacher geht, wird benutzt.

Meine linke Hand kann zum Beispiel Sachen genauer machen (Werkzeuge ...), dafür kann ich mit der rechten einfachen schwere Sachen heben, wie Sprudelkisten oder so.


Zum Thema Klavier:

Ich spiele grad die Beethovensonate op2 no1, und bin gottfroh, dass ich Linkshänder bin, weil die Begleitstimme viel komplizierter und anstrengender ist als die Melodie.


Deinen Roman hab ich gern gelesen, bitte sehr. Ich bedanke mich im Gegenteil dafür, dass du ihn geschrieben hast.


Gruß
Tobias

Tobias Braun
19.07.2004, 13:35
Hallo Katja,


ich weiß nicht, was genau du mit "nach vorne umknicken" meinst, aber eine Linie bilden Hand umd Arm eigentlich nicht.

Zum Thema 'zu weit unten': Ich benutze hauptsächlich so einen LH-Füller von Lamy (aus Holz, mit rotem Plastik), schon seit der ersten Klasse (bin jetzt 9. Kl). Funktioniert immer noch prima. Der hat vorne extra so Aussparungen für die beiden Finger, die werden ja auch ihren Sinn haben, und wenn es extra ein LH-Füller ist ... oder ist das doch zu weit unten?


Mit Bleistift ist eher schwierig, zumindest bei Klassenarbeiten müssen wir immer mit Tinte schreiben.


Gruß

Tobias

Tilman
19.07.2004, 14:50
Tobias schrieb:

>Zum Thema Klavier:

>Ich spiele grad die Beethovensonate op2 no1, und bin gottfroh, dass ich Linkshänder bin, weil die Begleitstimme viel komplizierter und anstrengender ist als die Melodie.


Hahaha, ja der Ludwig, gell...leider macht er's 'mal so und 'mal so. In op. 2/3 kommt sowohl die Linke wie die Rechte gewaltig dran, und im 4. Klavierkonzert ist beinahe nur die Rechte gefordert.

Na denn

Tilman

Frank
19.07.2004, 15:36
Hallo Tobias wieso spielst du als Linkshänder eine Rechtshändergitarre????

Hattest du eien Lehrer der dir das auf rechts beigebracht hat???


Ich bin ein Umgeschulter Linkshänder und Spielte bis vor Kurzem ab und zu eine Rechtshändergitarre /Bass.


Ich habe mir ein Linkshänder E Gitarre besorgt und werde versuchen mir nach und nach auf dieser Gitarre das spielen beizubringen.


Mir ist es dabei schnurzpiepegal ob ich dafür Jahre brauch, es geht mir darum diese als Anreiz zu nehmen irgendwann mehr mit links zu machen.


Ich schreibe nur bei bedarf mit links (momentan) aber das werde ich auch langsam angehen.


Aber als Linkshänder solltest du es einmal mit einer Linkshändergitarre versuchen.


Ich hab mich hier auch mal anders dazu geäußert aber Mathias Wüstenfeld hat mich davon überzeugt das der Rythmus beim Linkshänder in der Linken Hand liegt.


Das schlagen fühlt sich viel besser an als mit Rechts aber das Greifen mit rechts das ist z.Zeit noch katastrophal (-: wird aber immer besser.


Gruß
Frank

Tobias Braun
19.07.2004, 17:13
Hallo Frank,


ich spiele deshalb auf Rechtshändergitarren, weil ich am Anfang nur eine Rechtshändergitarre hatte, von meiner Mutter, uralt und totaler Schrott (Abstand Saiten Griffbrett z.T. größer 1,5cm!!). Inzwischen kann ich's aber schon besser und habe auch mehrere Rechtshändergitarren (die meisten davon Stratocasters, wenn ich die auf links unspanne, sehe ich aus wie Jimi Hendrix ...).

Außerdem muss ich auch manchmal auf Gitarren spielen, die Rechtshändergitarren sind.

Und der Rhythmus macht mir überhaupt keine Probleme, vielmehr kann ich nicht schnell genug greifen, weil die linke (dominante) Hand zu lahm ist.

Und Steve Morse und vor allem Mark Knopfler haben mich so beeindruckt, dass ich keinen Grund sehe, nicht auch als Linkshänder rechts rum zu spielen.


Gruß

Tobias

Tobias Braun
19.07.2004, 17:17
Hallo Tilman,

Meine Lieblingskomponisten fangen eigentlich bis auf Mozart und Chopin alle mit B an: Beethoven, Brahms, Bach (da ist die Händigkeit ja wurscht) und Ritchie Blackmore

Jeannine
19.07.2004, 17:26
Hallo Tobias,


>Was noch ein Grund dafür ist, dass ich gerne mit rechts schreiben lernen würde, ist, dass bei >längeren Texten, z.B. bei Diktaten oder Aufsätzen ziemlich schnell meine (linke) Hand müde >wird / weh tut, und wenn ich da abwechseln könnte, hätte das schon Vorteile.

>Also wenn ich jetzt trotzdem mit rechts schreiben lernen wollte, auch angesichts der Folgen, die >da auf den von dir gelinkten Seiten stehen, hättest du da irgendwelche Tipps für mich? Probieren >kann ich's ja, wenns nichts wird, kann ich ja immer noch damit aufhören.


Schule nicht die rechte Hand zum Schreiben, sondern lass Dich von einer Ergotherapeutin zwecks der Ermüdung/Verkrampfung beraten! Wahrscheinlich liegt es bei Dir an der Schreibhaltung?! Ich war Pseudorechtshänderin und habe den Schritt der Rückschulung zur LH während meines Studiums begonnen! Bis ich für einen 3 stündigen Diplomaufsatz fit war, habe ich 1 ½ Jahre benötigt! Wenn Du deine „nichtdominante Hand“ umschulst, werden sich die bisherigen Schwierigkeiten höchstwahrscheinlich noch vermehren! Außerdem stellt sich eine Schnelligkeit nicht von heute auf morgen ein ...und dann noch zur nichtdominante Hand?! Meistens stellen Lehrer und Mitschüler noch einen zusätzlichen Leistungsdruck auf, der selbst einen Rückschüler zu seiner „dominanten Hand“ behindern kann!


Viele Grüße von Jeannine

Tobias Braun
19.07.2004, 17:29
Hallo Jeannine,


Ja, aber wenn ich beide Hände hätte, könnte ich's ein bisschen verteilen, und nach fünf Minuten ist die LH dann auch wieder ausgeruht und fit zum Weiterschreiben.

Jeannine
20.07.2004, 06:51
Hallo Tobias,


>Ja, aber wenn ich beide Hände hätte, könnte ich's ein bisschen verteilen, und nach fünf Minuten ist die LH dann auch wieder ausgeruht und fit zum Weiterschreiben.


Dann gehst Du aber ziemlich leichtsinnig mit Deinem Gehirn um! In den dreißiger Jahren wurden in einigen Schulen Kinder zur "Beidhändigkeit" erzogen. Sie haben mit der linken und der rechten Hand gleichzeitig das Schreiben gelernt. Das Experiment schlug fehl, da Probleme auftauchten und die Leistungen in der Schule rapide nachließen! Ich würde an Deiner Stelle mal die Bücher von J.B. Sattler oder anderen diversen Gehirnforschern lesen, um zu erfahren was durch eine Umschulung alles passieren kann! Eine Verbesserung der Schreibschnelligkeit kann ich mir mit der "nichtdominanten Hand" kaum vorstellen! Es sei man birgt sich durch falschen Ehrgeiz eine unnötige Last auf!

Bei Unfallopfern kann ich es verstehen, jedoch würde ich da nicht unbedingt eine Schreibkraft werden wollen!


Viele Grüße von Jeannine

Tobias Braun
20.07.2004, 14:43
Hallo Jeannine,


ich will ja auch nicht mit rechts schneller als mit links schreiben, ich habe es halt als "Ersatz" gedacht, dass ich z.B. bei einem Aufsatz nicht bloß rumhocke und warte, bis ich weiterschreiben kann, sondern eben solange als "Ausweichhand" die rechte benutze.


Ich kenne mich zwar mit der ganzen Sache nicht so gut aus, und ich habe im Moment auch keine Zeit, ein Buch drüber zu lesen, aber ich denke, wenn einer als LH auf RH trainiert wird, obwohl er das gar nicht will, aber dazu gezwungen wird, dann ist es logisch, dass es da irgendwelche Schäden im Gehirn gibt. Aber wenn er sich nicht dagegen wehrt, oder sogar noch freiwillig seine nicht dominante Hand trainiert, dann ist es ja eigentlich nur eine Anstrengung wie auch das Kopfrechnen oder Schachspielen. Ich weiß zwar nicht, welche Gehirnhälfte beim Schachspielen oder Kopfrechnen beteiligt sind, aber ich halte das für eine viel größere Anstrengung, als mit der nicht dominanten Hand zu schreiben. Bevor ich eine Wurzel mit dem Heron-Verfahren oder so im Kopf ziehen könnte (also eine, die nicht aufgeht natürlich), da könnte ich wahrscheinlich eher mit dem rechten Fuß schreiben ...

Deshalb verstehe ich auch nicht, warum ausgerechnet das Schreiben dem Gehirn so schaden soll, das ist doch überhaupt nichts Kompliziertes.


Zum Thema Leichtsinn:

Mit rechts zu schreiben hätte wenigstens noch einen praktischen Sinn, meine Klassenkameraden liegen dafür jedes Wochenende besoffen und bekifft in der Ecke, ich weiß nicht, ob das so viel besser für das Gehirn ist.


Gruß

Tobias

Detlef
20.07.2004, 15:21
Hallo Tobias,


in dem Buch von Frau Sattler "Der umgeschulte Linkshänder- oder Der Knoten im Gehirn" geht es im Vorwort, das von Dr. Ivo-Kurt Cizek verfaßt wurde, um einen jungen aufstrebenden Arzt, der sich bei einer von ihm ausgeführten OP an seiner rechten dominanten Hand verletzt hat. Er nahm Urlaub, weil er mit der linken Hand nicht operieren konnte und nutzte die Urlaubszeit, um seine linke Hand entsprechend zu trainieren, machte dabei auch Schreibübungen mit links! Dieses bewußte Training der linken nicht dominanten Hand brachte ihn, der wohl mal ein sehr guter Schüler gewesen war, irgendwann dahin, daß er Dinge aus seinem Gedächtnis nicht mehr abrufen und allgemein zum ersten Mal in seinem Leben nicht mehr mithalten konnte! Es brach dann in den nächsten Jahren seine ganze Welt zusammen....

Genaueres dazu wird Dir aber Frau Dr. Sattler selbst sagen können. Wenn Du magst, kannst Du sie ja mal anrufen. Sie hat immer Mittwochs von 14 bis 15 Uhr eine telefonische Sprechstunde, in der man dann halt Fragen zum Thema Händigkeit stellen kann. Man muß da etwas Glück haben, daß man durchkommt zu ihr, also versuch es zur Not mehrmals. Die Rufnummer ist 089/268614


Gruß, Detlef

Tilman
20.07.2004, 16:07
Tobias schrieb

>Ich kenne mich zwar mit der ganzen Sache nicht so gut aus, und ich habe im Moment auch keine Zeit, ein Buch drüber zu lesen, aber ich denke, wenn einer als LH auf RH trainiert wird, obwohl er das gar nicht will, aber dazu gezwungen wird, dann ist es logisch, dass es da irgendwelche Schäden im Gehirn gibt.<


Soweit richtig angenommen. Trotzdem: es wuerde sich fuer Dich eventuell doch lohnen wenigstens ein solches Buch zu lesen. Z.b. "Die Psyche des Linkshaendigen Kindes" von Frau Dr. Sattler - wenn man die zwischengeschalteten Maerchen ueberschlaegt ist das Buch schnell gelesen.


>Aber wenn er sich nicht dagegen wehrt, oder sogar noch freiwillig seine nicht dominante Hand trainiert, dann ist es ja eigentlich nur eine Anstrengung wie auch das Kopfrechnen oder Schachspielen.<

Da gibt es die nette Story von dem rechtshaendigen Chirurgen, der sich _freiwillig_ auf links drillte, weil ihm das in seiner Arbeit nuetzen konnte, und der in der Folge unter einer Reihe 'typischer' Umschulungsfolgen anfing zu leiden, so wie sie umgeschulte Linkshaender auch kennen. Ich vermute, dass Du hier nicht definitiv zu optimistisch bist.


>Ich weiß zwar nicht, welche Gehirnhälfte beim Schachspielen oder Kopfrechnen beteiligt sind, aber ich halte das für eine viel größere Anstrengung, als mit der nicht dominanten Hand zu schreiben. Bevor ich eine Wurzel mit dem Heron-Verfahren oder so im Kopf ziehen könnte (also eine, die nicht aufgeht natürlich), da könnte ich wahrscheinlich eher mit dem rechten Fuß schreiben ...

Deshalb verstehe ich auch nicht, warum ausgerechnet das Schreiben dem Gehirn so schaden soll, das ist doch überhaupt nichts Kompliziertes.<


Das Problem ist doch, dass das Ziehen von Wurzeln im Kopf ein intellektuelles Verfahren ist, das Schreiben aber ein psycho-motorisches. Vollkommen andere Gebiete im Gehirn werden da gefordert, und der Erfolg der Sache hat gar nichts mit intellektueller Faehigkeit zu tun. Im Gegenteil! Big problem: je intelligenter man ist, desto mehr Mittel stehen einem zur Verfuegung, sich selbst irgendwelchen Zwang anzutun und eben: eventuell Schaden zuzufuegen.


Dein Denkfehler ist dass Du 'freiwillig' und 'nicht freiwillig' trennst. Das ist nur eine sinnvolle Trennung, so lange man z.B. von Motivation zum Lernen und tatsaechlichem Lernerfolg redet. Nicht motivierte Personen lernen im Durchschnitt einen Stoff schwerer/langsamer als motivierte.

Bei der Umschulung hat diese Trennung aber lediglig Bezug auf eventuelle _psychische_ Sekundaerfolgen einer Umschulung. Z.B. wie viel Trauerarbeit man spaeter leisten muss, weil einen irgendwann die Leute zu etwas zwangen, waehrend man sich nicht dagegen wehren konnte. Das Risiko von rein _physischen_ Schaeden, bzw. Fehlfunktionen des Gehirns, die aus einer Umschulung entstehen koennen sind jedoch - von der Motivations-argumentation unbehelligt - immer vorhanden.


Der einzige Weg gegen Verkrampfung beim Schreiben [genauso beim Klavierspielen] ist eine bessere, bewusstere Koerperhaltung. Damit man lernt die Dinge, so wie man sie tut, besser zu tun. Als Musiker [45] der nie richtig verkrampft gespielt hat [ausser ich bin echt nervoes] kann ich Dir trotzdem sagen dass die Moeglichkeiten zur Verbesserung [und damit: zur Verbesserung der allgemeinen Lebensqualitaet] beinahe unendlich sind. Mach' Yoga, Alexandertechnik, you name it, aber bitte doch keine selbstgebastelte Umschulung!

Tilman

Katja Allani
20.07.2004, 17:21
Hallo Tobias,


so einen Lamy-Füller habe ich auch (von meiner Tochter "geklaut"), ihn wie die Aussparungen es vorgeben, zu benutzem ist genau richtig. Ich habe nur festgestellt, wenn man den Stift etwas höher hält, etwas mehr sieht, was geschrieben wurde.


Unter "Hakenhand" verstehe ich die Stifthaltung, wenn Stiftspitze und Fingerspitzen beim Schreiben seitlich oder zu dir hinzeigen, das Stiftende nicht zu dir, sondern weit weg von dir zeigt. Richtig ist die Schreibhaltung dann, wenn das Stiftende zu dir oder kurz an dir vorbei zeigt und die Stiftspitze ganz vorne oben auf das Blatt zeigt (Tut mir Leid, dass ich mich nicht allzu geschickt ausdrücken kann)...


Viele Grüße


Katja Allani

Tobias Braun
20.07.2004, 18:27
Hallo Tilman,


also gut, dann lasse ich das mit dem Rechts schreiben erst mal.

Aber schreibt Frau Dr. Sattler in ihrem Buch auch, warum es überhaupt zu physischen Schäden im Gehirn kommt?

Auch wenn Schreiben wie du schon sagtest eine psycho-motorische Handlung ist, müsste man doch annehmen, dass man das einfach motorisch trainieren kann, nur bei der nicht dominanten Hand nicht so schnell.

Oder schadet Schreiben auch mit der dominanten Hand, nur eben nicht so stark wie mit der nicht dominanten Hand?


Gruß

Tobias

Tilman
21.07.2004, 08:22
Tobias schrieb

>Hallo Tilman,

>also gut, dann lasse ich das mit dem Rechts schreiben erst mal.

>Aber schreibt Frau Dr. Sattler in ihrem Buch auch, warum es überhaupt zu physischen Schäden im Gehirn kommt?<

Hab's grade ausgeliehen, kann ich jetzt nicht sagen. Ich bin nicht umgeschult und daher hat der spezifisch neurologische Aspekt mich nie so gefangen genommen.


>Auch wenn Schreiben wie du schon sagtest eine psycho-motorische Handlung ist, müsste man doch annehmen, dass man das einfach motorisch trainieren kann, nur bei der nicht dominanten Hand nicht so schnell.<

Also erst Mal ist das Schreiben vor allem eine kompliziertere Handlung als du vielleicht denkst, weil neben der motorischen Arbeit gleichzeitig das Sprachzentrum aktiviert wird [und wer weiss was noch alles]. Nicht ganz unaehnlich ist es, wenn man auf dem Klavier mit der nicht-dominanten Hand einen bestimmten musikalischen Ausdruck zustande bringen will [sicherlich lassen sich solche Dominanz-Aktivitaets-Ueberkreuzungen im Alltag nicht vollkommen vermeiden. Ich glaube auch, dass viele Umschulungsschaeden wesentlich verschlimmert werden, weil in der traditionellen Umschulung den Kindern gleichzeitig der Gebrauch der linken Hand verboten wird - also ein "Abwechseln" wird dabei gaenzlich ausgeschlossen]. Im konkreten Fall des Schreibens mit der nicht dominanten Hand scheint es so zu sein, dass die Impulse unnoetig zwischen den Hirnhaelften zickzack laufen und einen komplett unnoetigen Denkverkehr verursachen, der saemtliche konstruktive Denkarbeit lahmlegt. Der Vorteil des die-Hand-entspannens wird duch diesen intellektuellen Sandsack vollkommen kompensiert, weil sich das Tempo und die Qualitaet der gesamten Arbeit verschlechtert. Ausserdem geht's einem Schlechter.

Der Grund? Wenn man sich die gelagerte Information im Kopf als im Urwald verteilte Doerfer vorstellt, deren Zugang man staendig freihalten muss [das macht man beim Klavierueben: das Dorf bauen und den Weg dahin ausbauen], dann ist zwar eine gewisse Vernetzung der Wege zwischen den Doerfern sinnvoll, aber die Anlage von enormen Umgehungsschleifen und unsinnigen Wegkreuzungen ist direkt stoerend. Man findet dann die Information nur noch auf Umwegen, man ruft standig Informationen ab, die im Moment nicht noetig sind, es gibt Verkehrsstauungen und kleine Unfaelle - Kopfschmerzen, Blackouts und als Folgeerscheinung Verspannungen.


Zurueck zum Klavierspiel ist mir aufgefallen, dass eine uebertriebene Arbeit an der nicht-dominanten Hand Konzentrationsstoerungen und [tatsaechlich] psychisches Unwohlsein zur Folge hat. Der Zugang zu simplen musikalischen Inhalten wird erschwert, und auf dem Podium ergeben sich vollkommen unnoetige Blackouts und Stress-situationen

Da Du Klavier spielst kannst Du ja 'mal dies hier beim Ueben ausprobieren:

Konzentriere Dich zuerst etwa 3 Tage lang ausschliesslich auf die rechte Hand. Also in Beethovens op. 2/1, im 2. Satz die Kantilenen und Arabesken sauber und expressiv ausarbeiten oder die perverse Sextenpassage im 3. Satz Takt 59ff im originalen Fingersatz auswendig lernen, oder Takt 26ff usw. im letzten Satz in das richtige Tempo bringen, oder sowas. Da hat man ein paar Tage dran zu tun. Die linke Hand wird fruehestens nach einer halben Stunde benutzt.

Danach drehst Du die Sache um und beginnst drei Tage lang konsequent mit der linken Hand. Inzwischen notierst Du, wie Du Dich beim Ueben fuehlst, und wie flott die Arbeit laeuft. Ich bin sicher dass Du einen deutlichen Unterschied spueren wirst, der sich eventuell sogar auf Deine Stimmung waehrend dem Rest des Tages auswirkt.


Wie auch immer. Vollkommen im Widerspruch zu dem bloeden Spruch 'per aspera ad astra' bin ich der Ueberzeugung dass _gerade_ der schlaue Kopf sich den Zugang zum eigenen Denkkasten so einfach wie moeglich gestalten sollte. Da oben ist bereits genug Differenzierung gelagert und der Weg dorthin sollte mit froehlicher Bequemlichkeit gemacht werden.

Tilman

Tobias Braun
21.07.2004, 15:27
Hallo Tilman,

Das mit dem Beethoven-Üben kann ich ja mal in den Ferien ausprobieren.

Aber andersrum Klavier spielen geht nicht, dann kann ich ja nicht mehr Orgel spielen.

Was ist eigentlich mit z.B. Bachs Inventionen? Da sind ja beide Hände absolut gleichberechtigt. Heißt das, so was darf man gar nicht spielen, weil es das Gehirn schädigt?


Tobias

Tilman
21.07.2004, 18:38
Tobias schrieb:

>Das mit dem Beethoven-Üben kann ich ja mal in den Ferien ausprobieren. Aber andersrum Klavier spielen geht nicht, dann kann ich ja nicht mehr Orgel spielen.<

Tatata, dass sag ich ja gar nicht. Ich meine, genau so zu ueben wie es da steht aber dabei den Schwerpunkt verlagern. Also: dass Du Dir erst solche Stellen heraussuchst, wo die rechte Hand zu tun hat - in der anderen Periode aber solche, wo die linke Hand stark gefordert wird [Anfang des letzten Satzes z.B.], und das Ganze jeden Tag wenigstens eine halbe Stunde zu Anfang de Uebens in Reinkultur praktizieren. Es gibt in op. 2/I sowieso genug Stellen die vom Ueben mit einzelnen Haenden [statt gleich zusammen] sehr profitieren. Genau wie ich's [sogar mit Taktangaben] beschrieben hatte.


>Was ist eigentlich mit z.B. Bachs Inventionen? Da sind ja beide Hände absolut gleichberechtigt. Heißt das, so was darf man gar nicht spielen, weil es das Gehirn schädigt?<


Wuehle mal hier in den Archiven von wegen Linkshaenderklavier - ich hab' einiges losgelassen, was aus meiner Praxis als Linkshaender auf dem 'normalen' Klavier kommt.

Nee, Klavierspielen ist ja nicht wie schreiben. Beim Klavierspielen machen beide Haende etwas, also kann man in _jedem_ Fall der dominanten Hand die Aufgabe des 'Leiters' zuteilen, auch wenn sie nur wenige Stuetznoten hat. Bachs Inventionen sind ideal um genau das zu trainieren: eine Hand steuert, und die andere laeuft mit...man kann die 'gute' Hand sozusagen als Lehrer benutzen. Zwar ist die nicht-dominante Hand oft, wegen weniger Alltagsarbeit, flexibler, aber die dominante Hand hat immer die bessere Orientierung und die natuerlichere Haltung.

Tilman