Vollständige Version anzeigen : sehr linksschräge Schrift
hallo Ihr,
ich habe die Frage schon einmal gestellt- erziele aber keine positiven Ergebnisse:
ich habe vor ca 3Monaten angefangen, mich rückzuschulen.
habe dabei nun vorallem ein Problem: meine Schrift ist unglaublich linksschräg- ich war vor kurzem im Urlaub (nachträglich liebe Grüße aus Italien )und habe mich lkaum getraut, Karten zu schreiben, da sowieso keine lesen kann, was ich schreibe- naja, wenn ich hätte mit rechts schreiben können, aber dagegen sträubt sich alles in mir und mir wird dabei auch arg schwindlig....
wie kann ich lernen, gerader zu schreiben ???
habe schon vieles ausprobiert:
Schraffurübungen, Stift steiler halten....nichts hilft.....
kann mir jemand einen Tip geben...?
danke,
Sahrah
MatthiasW
16.06.2002, 22:14
Hallo Sahrah,
beobachte mal Deine Hand und Deine Finger wenn Du schreibst.
Um eine steilere oder gar nach rechts gekippte Schrift schreiben zu können müssen die Finger sehr beweglich sein.
Eine Übung wäre auf einem Blatt mit Rechenkästchen Schraffierübungen in den Kästchen durchzuführen wobei die Hand ruhig liegen bleibt und nur die Finger führen die Bewegungen aus. Du kannst kleine Kreise malen wobei Du versuchen solltest die Kreise in beide Richtungen und immer größer zu malen.
Oder schraffiere in alle Richtungen (diagonal, horizontal und vertikal)
Ich habe dazu ein Arbeitsblatt entworfen und kann es Dir zu faxen, wenn Du mir deine Fax-Nummer mailst.
Liebe Grüße
Matthias
>kann mir jemand einen Tip geben...?
Wahrscheinlich ein ziemlich naiver Tipp:
lege einfach das Papier schräg vor Dich hin! Ich schreibe im Normalfall mit einem 45 Grad abgewinkeltem Papier! Das funktioniert hervorragend, ich habe eine leicht nach rechts geneigte Schrift.
Gruss
Andreas
vielen Dank für Eure Antworten.
Matthias : leider habe ich kein Faxgerät.....
Andreas : habe schon alle Schräglage-Möglichkeiten probiert....
ich glaube fast, ich halte eventuell den Stift falsch...aber es wird wohl auch an der mangelnden Lockerheit meiner Hand liegen....
danke,Sahrah
MatthiasW
17.06.2002, 21:53
Dann solltest Du deine Hand (Finger) trainieren.
Mail mal Deine Adresse, eine Briefmarke habe ich wohl über.
Gruß
Matthias
Hallo Sahrah,
ist es denn so wichtig, dass die Schrift - unter allen Umständen - nach rechts gekippt sein muß? Das ist nach meiner Vorstellung ein falsches Schönheitsideal. Warum soll eine Schrift nicht auch nach links gekippt sein?
Meine Schrift ist auch leicht nach links gekippt und trotzdem recht schön/ausgewogen (also ich bin recht zufrieden damit). Natürlich war meine Schrift am Anfang meiner Rückschulung noch weit mehr gekippt und es wurde mit der Zeit immer schwächer (hat sich so eingespielt), aber ich finde man muß auch zu seiner Schrift stehen können und nicht immer versucht sein, den falschen Idealvorstellungen anderer zu entsprechen. Einfach mal ausbrechen. Mit seiner Linkshändigkeit ist man sowieso schon anders (fällt auf) und wieso sollte man dann nicht auch dazu stehen, indem man seinen eigenen individuellen Schriftstil hat.
Dies nur mal als Anregung zum nachdenken.
Olli
Hallo Sahrah,
Ollis Anregung möchte ich mich einfach anschließen.
Ich habe die vergangene Woche ein paar mal an Dich gedacht und mich gefragt, wie es Dir wohl zur Zeit geht. Zum Schriftbild: Meine Schrift ist manchmal ganz gut, dann fällt sie in alle Richtungen. Da ich aber keine Note für mein Schriftbild mehr bekomme ( Das ist ja seit der Grundschulzeit Gott sei Dank vorbei! ) und man heute sowieso in der Arbeit alles mit PC macht( noch einmal: Gott sei Dank! ), ist das Schriftbild an sich nur für einen persönlich von Bedeutung. Und da darf es doch ruhig einzigartig sein, egal in welche Richtung. Und an meine Unterschrift haben sich die Leute schon gewöhnt. (-:
Zudem ist es eine riesige Leistung von Dir, wenn Du jetzt in Deinen Vorlesungen schon alles mit Links mitschreibst. So kann ich mir auch gut vorstellen, daß Du mit deiner Vermutung, Deine Hand sei zu verkrampft und du könntest deshalb den Stift eventuell nicht richtig halten, richtig liegst. Mir selbst ging es in der Arbeit am Anfang meiner Rückschulung vor drei Jahren ähnlich, als ich in Sitzungen für mich mitprotokollierte und das Tempo und die Schreibmenge einfach meine untrainierte Hand überforderte. Auch meine damals noch mit der Hand aufzusetzenden Gutachten machten mir ordentlich zu schaffen. Wenn ich jetzt manchmal in den alten Vorgängen meine "Übergangsschrift" in Aktenvermerken wiederfinde, muß ich manchmal direkt lachen. Trotzdem: Es war immer meine eigentliche und ursprüngliche Schrift. Mir ist da rückblickend nichts peinlich. Also: Sei gut mit Dir und die Lösung kommt vielleicht von selbst.
Ganz kurz zu meinem Mal-Urlaub: Ich habe überhaupt nicht gemalt sondern mich mit Steingestaltung beschäftigt. Das ging erst recht gut, der zweite Stein wurde dann entsetzlich. Dann fiel mir auf, daß meine Hand fast abfiel, weil ich viel zu lange mit der Linken herumgefeilt hatte, nämlich stundenlang ohne Unterbrechung. Als ich dann auf kürzere Sequenzen umstieg wurde es wieder besser. Jetzt würde ich am liebsten täglich mit Steinen arbeiten. Und weil ich das wußte, habe ich mir einen ganzen Kofferraum voll Steinen aus meinem Urlaub mitgebracht, weil es dort die richtigen kostenlos im Steinbruch gab. Linkshänderinnen habe ich im Kurs auch viele gefunden. Alle waren interessiert am Thema und dann schlossen wir uns zusammen und haben die Rechtshänder mit Spiegelschrift-Übungen getriezt. Die haben gerne mitgemacht und wir hatten viel Spaß miteinander.
Gruß
Birgit
MatthiasW
18.06.2002, 22:47
Hallo Sahrah, Olli und Birgit,
bei den Übungen zum Schriftbild geht es nicht um ein kalligraphisch korrektes Schriftbild, sondern wie ich aus Sahrahs Beiträgen und Fragen heraus höre um eine lesbare Schrift und diese kann natürlich nach links gekippt sein. Auch einige Rechtshänder schreiben eine nach links gekippt Schrift.
Die Beweglichkeit der Finger der Schreibhand kann ich aber, durch geziehlte Übungen der Finger mit und auch ohne Stift fördern, wo durch nicht nur die Schrift aufgerichtet werden kann, sondern das Schriftbild auch flüssiger und ruhiger wird. Erst wenn ich meine Finger beherrsche, kann ich auf meine Schrift Einfluss nehmen.
Liebe Grüße
Matthias
Hallo Matthias,
ich wollte Deine Unterstützung für Sarah nicht in Frage stellen. Entschuldige. Deine Anregungen sind gut und richtig. Auch ich lerne da etwas von Dir. Ich selbst habe mich nie so genau mit den Übungsmöglichkeiten bei der Rückschulung befaßt, weil ich den Schritt sozusagen im "freien Versuch" gemacht habe. Ich wollte Sarah einfach nur meine Solidarität zeigen und ihr Mut machen, geduldig mit sich zu sein und sich beim Schriftbild nicht sofort wieder unter Perfektionsdruck zu setzen. Druck ist das, was wir Rückschüler am wenigsten brauchen können, weder von außen noch von uns selbst. Ich hoffe, damit meinen Beitrag wieder in den richtigen Kontext gebracht zu haben.
Ich wünsche allen einen schönen Tag und genügend kühle Aufenthaltsorte. Es soll ja wieder richtig schön sommerlich heiß werden.
Birgit
MatthiasW
19.06.2002, 21:41
Hallo Birgit und Olli,
wir Linkshänder sind nun mal so, direkt, der Gedanke muss raus, manchmal aus dem Zusammenhang gerissen, nicht in Ruhe überdacht und dann auch noch mit der Tür ins Haus. Ich sehe alle Beiträge als Anregung, die mich und uns weiterbringen und uns, was ganz wichtig ist, zeigen ich bin mit meinem Problem nicht alleine, es gibt auch andere die an der gleichen Stelle standen oder stehen wo ich gerade stehe und dann sind die Hinweiße die Ihr gegeben habt sehr wichtig wie stehe zu Deinem Schriftbild, denn das bist Du in deiner jetzigen Situation. Meine Kinder wollten ca. ein Jahr lang nicht, das ich ihre Arbeiten unterschrieb, wegen meiner Babyschrift wie sie sagten. Tat irgendwie ganz schön weh.
Liebe Grüße
Matthias
Hallo Matthias,
daß wir Linkshänder direkt sagen, was wir meinen, finde ich angenehmer als das ewige Taktieren, bei dem ich immer das Gefühl bekomme, der andere will mich übers Ohr hauen. Da ziehe ich mich dann immer dezent aus dem Kontakt zurück.
Daß Deine Kinder Deine Anfangsrückschulungsschrift nicht akzeptieren konnten, war sicher schmerzhaft. Ich habe damals meinen Neffen und meine Nichte zu einem freiwilligen Experiment eingeladen und sie ein paar Wörter mit der linken Hand schreiben lassen. Da haben sie erfahren, wie anstrengend das ist und wie dann ihre Schrift aussieht. Es hat ihnen Vieles auf fröhliche, schnelle und einprägsame Weise begreifbar gemacht. Die Reaktionen waren u. a. "Puh, ist das anstrengend!", " Ich kann das nicht.", "So ein Blödsinn", "Da bricht man sich ja die Finger ab!", " Das würde ich ja nie auf Dauer machen." etc.
Jede/r, die/der meine Schrift bemängeln würde, würde ich sofort wieder einladen, es doch mal selbst mit der Linken zu probieren. Die meisten haben schlicht und ergreifend Angst davor.
Gruß
Birgit
hallo Birgit,
ich war , wie gesagt, zwei Wochen in Italien und habe derzeit so meine Probleme, mich wieder mit dem hiesigen Wetter und dem gleichförmigen Uni-Alltag anzufreunden.
Ansonsten geht es mir soweit gut.
Meine Schrift wird vorallem dann für mich zum Problem, wenn sie für andere lesbar sein muß (obwohl es durchaus verschiedene Ansichten von anderen dazu gibt) und generell, wenn es ncht so gut klappt, da ich während meiner Schulzeit ziemlich massiv auf eine schöne Schrift getrimmt worden bin und sie daher für mich selbst inzwischen ziemlich wichtig ist.
zum anderen - danke für Dein Lob- ist es manchmal recht nervig, wenn ich in den Vorlesungen mit dem Tempo nicht hinterher komme.
ich bewundere Dein Selbstbewußtsein, mit dem Du zu Deiner Schrift stehst- klingt, als hättest Du es Dir doch recht hart erarbeitet....
>Ganz kurz zu meinem Mal-Urlaub: Ich habe überhaupt nicht gemalt sondern mich mit Steingestaltung beschäftigt. Das ging erst recht gut, der zweite Stein wurde dann entsetzlich. Dann fiel mir auf, daß meine Hand fast abfiel, weil ich viel zu lange mit der Linken herumgefeilt hatte, nämlich stundenlang ohne Unterbrechung. Als ich dann auf kürzere Sequenzen umstieg wurde es wieder besser. Jetzt würde ich am liebsten täglich mit Steinen arbeiten. Und weil ich das wußte, habe ich mir einen ganzen Kofferraum voll Steinen aus meinem Urlaub mitgebracht, weil es dort die richtigen kostenlos im Steinbruch gab.
das klingt ja richtig toll !
mit welchen Steinen hast Du gearbeitet ?
so....jetzt geht bei mir ein Statistik-Tutorium los.... )-:
muß also weg...
freue mich auf Deine Antwort,
Sahrah
hallo Birgit,
weiß nicht, ob Du es gefunden hast - meine Antwort steht etwas verspätet unter Deinem vorletzten Post...
liebe Grüße,
Sahrah
Hallo Sarah,
ich habe Deine Antwort gestern schon gefunden. Leider war diese Woche derart stressig, daß ich nur morgens, bevor ich ins Büro ging kurz mailen konnte und abends, oft war es schon 19.00 Uhr oder auch mal später, da hatte ich einfach keine Kraft mehr.
Ich schreibe dir später mehr.
Herzliche Grüße und schön, daß Du wieder aus der "Rückschulungs-Klausur" aufgetaucht bist.
Birgit
Hallo Sarah,
so, nun antworte ich dir endlich. Ich hatte vorher einfach keine Zeit mehr.
Du hattest sicher einen schönen Urlaub in Italien. Was das Wetter angeht hätten wir hier in Bayern sicher mit Italien mithalten können. Es war ungewöhnlich heiß. Sag: Was studierst Du denn eigentlich?
Wenn du einräumst, daß es von anderen eine andere Einschätzung von Deinem Schriftbild gibt, dann scheint sie so unlesbar nicht zu sein. Vielleicht kannst Du statt Deinem Schriftbild einmal Deinen Anspruch an Dich unter die Lupe nehmen? Dennoch verstehe ich gut, daß Dir die antrainierte Forderung nach einem schönen Schriftbild in Fleisch und Blut übergegangen ist. Solche Automatismen hören nicht so schnell auf zu wirken.
Es ist für Dich in der Hinsicht auch schwerer als für mich. Ich wurde zwar auch mit allen möglichen zusätzlichen Schönschreibübungen ( am Wochenende und in den Ferien täglich 1 Stunde schön von einem Buch abschreiben ) unwissentlich gequält aber es fruchtete nicht im geringsten. Danach war ich immer so erschöpft, daß ich mich irgendwo alleine verkroch und weinte oder mich in Tagträume flüchtete. Meine rechtshändige Schrift war und blieb schlicht und ergreifend schlecht.
Im Studium konnte nur noch ich sie entziffern, was die Skripten betraf. Da waren manchmal quasi nur noch Wellenlinien und Schlaufen auf dem Papier. In den Prüfungen und im Diplom strengte ich mich sehr an, um doch noch etwas Leserliches auf's Papier zu bringen. Hat geklappt und ich hatte einen sehr
guten Abschluß. Die danach notwendigen und damals noch handschriftlich geforderten Bewerbungen und Lebensläufe waren fürchterlich für mich. Ich bin mehr als einmal verzweifelt in Tränen ausgebrochen, wenn mein Vater, selbst Chef, mir sagte, daß ich mit der Schrift nie eine Stelle bekomme und warum ich meine Unterschrift nicht größer und selbstsicherer mache. Er wußte beim besten Willen nicht, was er mir da antat und ich trage es ihm nicht nach. Ich hab's aber doch geschafft, eine Arbeit zu finden. Das Schriftbild ist also tatsächlich nicht alleine ausschlaggebend, wie die Praxis mir zeigte.
Mit dieser Vorgeschichte ist es nicht so schwer, zu Beginn der Rückschulung zu einer linkshändigen Kinderschrift zu stehen, die allemal lesbarer ist als alles was zuvor auf's Papier kam. Ich war schon unsicher, wenn ich zum ersten mal in den jeweiligen Sitzungen linkshändig mitschrieb und auch bei den ersten Unterschriften auf meinen Gutachten druckte ich manchmal die letzte Seite noch einmal aus und unterschrieb neu, wenn's mir gar zu wacklig aussah. Was mich sehr getragen hat, war das Wissen, daß ich für alles 1 1/2-fache Energie aufbringen mußte und all die anderen um mich herum alles andere als perfekt sind, obwohl sie als Rechtshänder nicht diese Zusatzbelastung hatten und haben.
Am Wichtigsten war aber wohl, daß ich, als ich am 29.5.1999 den ersten Satz linkshändig schrieb, ich zum ersten Mal in meinem Leben bewußt das Gefühl von Identität tief in mir empfand. Das war ein Schatz, den ich kaum beschreiben kann.
Ich habe in meinem Urlaub mit Kalksandsteinen gearbeitet. Es ist ein relativ weicher Stein und man kann ihn zumeist mit der Feile bearbeiten. Der direkte Umgang mit dem Stein und dem Werkzeug war/ist schön.
Statistik-Tutorium. Oje. Ich erinnere mich, daß ich das Fach auch in meinem Studium hatte und damals nichts begriff. Seit ich arbeite bin ich allerding Statistik-Fan, was viele meiner Kollegen wohl nicht ganz begreifen dürften. Aber ich mag Statistik, unverfälscht und auf Tatsachen beruhend. Das macht die Arbeit greifbarer, spannend und befriedigend.
Soviel für heute.
Dir alles Gute und laß von Dir hören, wie es mit deinem Perfektionsanspruch weitergeht. Ich habe meinen diese Woche wieder gut gepflegt und bin heute vormittag dann damit so richtig schön baden gegangen, weil meine gute Vorarbeit schlicht und ergreifend gar nicht wahrgenommen wurde. Durchschnitt tut's schließlich auch und läßt mehr Möglichkeit zum Ausweichen, Vergessen und
Unterlassen. Insofern starte ich jetzt in ein "durchschnittliches" Wochenende und vergesse und unterlasse alles, was ich so unbedingt noch machen müßte.
Gruß
Birgit.
Hallo Birgit,
was Du über Deine Probleme mit dem rechtshändigen Schreiben schreibst, klingt richtig schlimm- zumal ich mich nur allzu gut erinnere, welche Bedeutung eine schöne Schrift in der Schule hat....
Irgendwie kenne ich das Verkriechen, das Sich-in-sich-selbst begraben, das Tagträumen nur allzu gut. Eine Zeitlang habe ich nicht mal mehr auf Ansprechen reagiert.
Es muß auch während des Studiums für Dich sehr schlimm gewesen sein, denn gerade in Klausuren ist man ja schon gehetzt und aufgeregt genug- da wurde selbst meine sonst „gemalte“ Schrift zum Geschmiere.
Es ist allerdings erstaunlich – meine Schrift ist zwar jetzt noch ungeübt und eben so linksschräg, aber während ich mit rechts immer ein Problem hatte, die Schrift auf einem Blatt gleichmäßig aussehen zu lassen, ist sie das jetzt automatisch.
Dein Satz von der gefühlten Identität beim Schreiben mit links bewirkt, dass mich ein ganz warmes Gefühl durchrieselt. Es ist immer noch so, dass ich manchmal mitten im Schreiben ein enormes Glücks- und Ich-Gefühl bekomme...
Kalksandsteine....ich hab mir vor einiger Zeit Speckstein gekauft, bin aber noch nicht dazu gekommen, damit zu arbeiten, weiß nur vom Modellieren, wie sehr ich es genieße, dem Material seine Form zu entlocken.
Es ist für mich, als würde ich mit dem Material verschmelzen, als würde es lebendig und es entstünde genau das, was schon in ihm wohnt...
was entsteht bei Dir...?
Statistik....seit ich sie für meine Studie einsetze, finde ich sie ja ganz interessant, aber eben auch nur, weil ich sie dann aktuell benutze. Und da lese ich sie mir, glaube ich, lieber an, als dass ich in einem stickigen Computerpool sitze und merke, wie ich überall bin – nur nicht bei der Sache.
Mein Studium...na ja, irgendwie fühle ich mich immer, als würde ich mich outen, wenn ich sage, was ich studiere....aber wenn ich richtig schlussfolgere, dürfte es die gleiche Richtung sein, in der Du arbeitest....Psychologie....oder?
Liebe Grüße,
Sahrah
Hallo Sarah,
ja, das mit der Rechts-Schreiberei früher, das war nicht allzu lustig für mich. Kein Mensch hat begriffen, daß in Zeugnissen mit lauter Einsen ein Dreier drin ist - in Schrift. Also mußte da noch feste an mir gearbeitet werden, bzw. ich zum - völlig sinnlosen, selbstquälerischen und selbstschädigenden - Üben genötigt und gezwungen werden. Eine "reine" Einser-Schülerin als Tochter, das hebt doch das Selbstbewußtsein der Mutter, deren Freundin einen Sohn hatte, der Vorzugsschüler war. ( Der hatte dafür später schwere Depressionen. )
Im Studium mußte ich halt den gesamten Stoff in Fragen packen und deren Antworten komplett ausformuliert auswendig lernen, um dann das Richtige auf's Papier zu bringen. Bei meinem Soz-päd-Studium ging das noch. Wie ein Freund sein Chemiestudium auf diese Weise bewältigen konnte, ist mir nicht vorstellbar. Aber er hat's hervorragend hingekriegt. Allerdings haben wir beide satt unseren Preis für unsere guten Abschlüsse bezahlt.
Du schaust jetzt ja Gott sei Dank schon freundlicher auf Deine Handschrift. Von Gleichmäßigkeit kann bei meiner z. B. noch keine Rede sein.
Wenn ich lese, daß Du immer wieder einmal dieses wunderbare Glücks- und Ich-Gefühl beim Schreiben bekommst, dann finde ich das einfach schön. Ich freue mich sehr mit Dir und gönne es Dir so, weil ich eben noch weiß, wie es mir in Deinem Alter eben genau ohne dieses gute Erleben erging. Ich freue mich, weil Du es leicher haben kannst als ich, und ich gönne es Dir sehr.
Kalksandstein ist weicher als Speckstein. Es geht mir ähnlich wie Dir. Es ist schön, sozusagen in einem "Dialog" mit dem Material zu schauen, was macht der Stein mit, was läßt er sich gefallen, welche Gestalt will er nehmen und welche sicher nicht. Dein Bild, daß das Material in dem Bearbeitungsprozeß eine Art Lebendigkeit gewinnt und man dann herausholt, was schon immer in ihm wohnte, finde ich schön. Es ist genau das, was wir letztendlich mit uns selbst machen, wenn wir zurückschulen: Wir werden, was immer schon in uns ruhte. Wir müssen unser Wesen nur freilegen, kontinuierlich, unserer Art entsprechend, manchmal sanft, manchmal mit Nachdruck, manche Ecken können abgerundet werden, manche müssen bleiben, um der Figur einen Character und Charm zu geben. Manchmal geht das Bildhauern ganz rasch, weil einem die Idee sofort präsent ist, wie der Stein werden soll. Dann kommt wieder eine Phase der Ratlosigkeit, wo man überhaupt nicht mehr weiß, was man mit dem Stein eigentlich soll, weil nichts vorwärts geht. Dann findet man ihn furchtbar häßlich, möchte ihn eventuell am liebsten gar nicht mehr haben. Und zuletzt nimmt man ihn so häßlich an und dann geschieht das Wunder, daß sich wie von selbst eine Form ergibt, die man sich in seinen tollsten Vorstellungen nicht hätte erdenken können. Ja, ich glaube, das beschreibt genau, wie es mir geht, wenn ich mit Stein arbeite.
So viel für heute. Das Wochenende ist da. Laß es Dir gut gehen und wieder von Dir hören.
Birgit
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