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Vollständige Version anzeigen : Schluss mit Heulen und Zähneklappern!


Libertin
19.12.2003, 16:23
Hallo Zusammen,


ich für meine Person denke durchaus in politischen und gesellschaftlichen Dimensionen – wie Fr. Dr. Sattler es ausdrückt beinhalten ihre Forschungsergebnisse durchaus „sozialen Sprengstoff“.


Obwohl ich in manchen Dingen ich mir sehr wohl auch eine eigene Meinung gestatte, nicht mit allem einverstanden bin, was sie schreibt, gebührt Fr. Dr. Sattler für ihre bahnbrechenden Endeckungen und für ihre außerordentliche Pionierarbeit sicherlich mit Fug und Links der Nobelpreis!!!


Wir Links- und Pseudorechtshänder sind keine marginale Gruppe, die für sich bloß nur irgendwelche „Sonderlinke“ einfordert, sondern wir stellen immerhin ca. 50% der Bevölkerung dar!!!


Also Schluss mit der falschen Bescheidenheit, Schluss mit Lamorjanz, Selbstmitleid, Heulen und Zähneklappern! Nach wie vor gilt für mich das Private ist politisch und das Politische ist privat, oder wie T.W. Adorno es ausdrückt: „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.“ Für uns übersetzt heißt das: „Es gibt kein linkes Leben im Pseudorechten!“ Wir sollten durchaus sehr wohl auch in gesellschaftlichen Dimensionen denken. Das fängt auch mit der manichäistischen Sprache und den Linkshänder diskriminierenden Redewendungen an – ähnliche wie die Frauenlinkerinnen, es auch teilweise geschafft haben, den diskriminierenden „männlich-dominierten“ Sprachgebrauch zumindest zu vermindern. Zumindest hier im Forum werde ich statt „recht haben“ in Zukunft „links haben“ schreiben, usw… Die Sprache verändert unser Denken und damit auch unsere Wirklichkeit: Wenn wir „rechts“ immer als „richtig“ und „links“ immer als „linkig“ internalisieren, werden wir aus dem Jammertal, triefenden Selbstmitleids nie herauskommen…


Wir Linkshänder müssen viel, viel mehr raus in die Öffentlichkeit: Linkshändigkeit ist kein Makel und keine Behinderung, sondern für ca. 50% aller Menschen Normalität! Pseudorechtshändigkeit kann überwunden werden!!! Wir sollten nicht nur bei Kindern und bei der Einschulung Aufklärung leisten, sondern insbesondere auch bei Erwachsenen – erst wenn 40% Pseudorechtshändern die Augen geöffnet werden, und sie das Ausmaß ihres Leides begreifen, wird sich auch etwas für unsere Kinder ändern. Es ist leider so, die Kinder haben am wenigsten „Macht“…


Libertin




PS: Liebe Birgit, zu deinem Posting - ich denke, dass nicht nur bei orthopädischen Krankheiten, sondern Aufgrund der Neuroimmunologie vielleicht noch bei vielen, vielen anderen Krankheiten Zusammenhänge bestehen könnten – Vieles wissen wir einfach noch nicht. Auch hier könnten sich noch ganz, ganz neue Behandlungsansätze eröffnen…

Barbara Elisabeth
19.12.2003, 19:54
... – ähnliche wie die Frauenlinkerinnen, es auch teilweise geschafft haben, den diskriminierenden „männlich-dominierten“ Sprachgebrauch zumindest zu vermindern. Zumindest hier im Forum werde ich statt „recht haben“ in Zukunft „links haben“ schreiben, usw…


Hallo zusammen


ich setze ab heute meinem Rufnamen noch meinen zweiten Vornamen hinzu, weil zwischenzeitlich noch eine "Barbara" im Forum aufgetaucht ist, damit wir nicht verwechselt werden. (Herzlich willkommen, Barbara!)


hallo Libertin


ich lese deine Beiträge immer sehr gern, aber diesmal ärgerst du mich.

Ich leide, wie so viele umerzogene Linkshänder, noch immer - trotz Rückschulung - unter einer Links-Rechts-Irritation.

Bei der Lektüre deines Beitrages geht es mir nun wieder ganz genauso: ich bin irritiert, muß überlegen ...

Feministische Wortungetüme wie "MitarbeiterInnen", "LeserInnen" und dergleichen ärgern mich übrigens auch.

Was du damit anzuzetteln gedenkst, ist Umerziehung: Sprachumerziehung.

Da wir die Sprache über unser - durch Händigkeits-Umerziehung bereits vorgeschädigtes - Gehirn steuern, bezweifle ich, dass uns mit neuerlicher Umerziehung wirklich gedient ist.

Ich wünsche mir sehr, dass deine Sprachverdrehung weder hier im Forum noch sonstwo Nachahmung findet.


Liebe Grüße


Barbara Elisabeth

Libertin
19.12.2003, 23:02
Hallo liebe Barbara Elisabeth


">Feministische Wortungetüme wie "MitarbeiterInnen", "LeserInnen" und dergleichen ärgern mich übrigens auch."


Ich finde diese feministischen Wortungetüme garnicht so schlimm, vielleicht hängt es damit zusammen, dass damals bei mir in den studentischen Kreisen diese Ausdrucksweise bereits eine gewisse Normalität erlangt hat und ich mich inzwischen auch ziemlich daran gewöhnt habe - ich finde unseren Sprachgebrauch durchaus frauen- und auch linkshänderfeindlich. Sprache ist immer im Wandel und durchaus auch Moden und Veränderungen unterworfen, welche sich durchaus auch bewusst und gezielt beeinflussen lassen. Wir haben die Chance einen neuen Trend zu kreieren. Diese Chance sollten wir durchaus nutzen. Wie damals die FeministInnen ihren Sprachgebrauch auch vollkommen zu links verwendet haben. Außerdem gibt diese Links-Rechst-Verdrehung der Sprache eine gewisse Komik. Ich sehe den Umgang mit Sprache durchaus auch kreativ und sehr spielerisch. Es macht einfach Spaß Dinge zu verdrehen und zu sehen, wie der Sinn plötzlich ganz, ganz anders wird...


">Was du damit anzuzetteln gedenkst, ist Umerziehung: Sprachumerziehung."


Es ist sowieso jedem freigestellt, wie er gedenkt seinen Sprachgebrauch einzusetzen, es liegt mir auch fern, irgendwen "umerziehen" zu wollen...



">Da wir die Sprache über unser - durch Händigkeits-Umerziehung bereits vorgeschädigtes - Gehirn steuern, bezweifle ich, dass uns mit neuerlicher Umerziehung wirklich gedient ist."


Wir haben kein "vorgeschädigtes" Gehirn, unser Gehirn ist absolut fantastisch und unsere Neuroplastizität ist viel, viel, viel, viel größer als wir meinen, wenn wir uns jedoch als "hirngeschädigt" begreifen hemmen wir uns in unserer Umschulung selber. Trotz Pseudorechsthändigkeit stehen die meisten von uns ihre Frau oder ihren Mann im Beruf und im Alltag und sehr, sehr viele sind trotz ihrer Pseudorechtshändigkeit eben nicht unterzukriegen, manche wagen darüberhinaus auch noch die Rückumschulung!!! Und unser Gehirn lernt und lernt und lernt - solange wir leben (ich habe sogar von Leute gehört, die sich im 50 Lebensjahr noch erfolgreich rückumgeschult haben!) und unser Gehirn bewältigt das alles - das ist doch fantastisch!!!


Wir sind viel, viel besser und flexibler als wir selber meinen - es gibt überhaupt kein Grund uns selber als "behindert" oder "hirngeschädigt" einzustufen und runterzuputzen...


Besonders wirken sich motivationale Faktoren auf Neuroplastizität aus: Mit Spaß lernt das Gehirn von mann/frau immer am besten. Wenn ich immer nur das Scheitern hervorhebe das "hirngeschädigt" sein in den Vordergrund stelle, frustriere ich mich ständig, nehme ich mir den Spaß und hemme meine Neuroplastizität damit letztendlich selber...




Auch ich hatte und habe noch diese Rechts-Links-Verwechsler - na und? Ich merke, wie seit der Rückumschulung das immer weniger und immer besser wird.

Und wenn mal wieder ein Rechts-Links-Verwechsler passiert - na uznd? Ich bin doch kein sturer Roboter der absolut perfekt sein muß und immer absolut perfekt funktionieren muss. Daran krankt unsere Gesellschaft, das alle meinen, jederzeit und immer perfekt funktionieren zu müssen...





Liebe Grüße

Birgit
20.12.2003, 07:33
Hallo Libertin, hallo Barbara Elisabeth,


ich möchte hier auch meinen Senf dazu geben. O.k.?


Sprache formt das Denken. Wir wählen die Worte, die unserem Empfinden enstprechen. Unbewußt. Seit geraumer Zeit lerne ich, wie wichtig es ist, sich bewußt über die eigene Wortwahl zu werden und sie ggf. abzuwandeln. Damit man einen freundlicheren Umgang mit sich selbst pflegt. Gelingt mir nicht immer aber immer öfter. Und es tut meiner Seele gut.


Das Schreiben der weiblichen Form ist ohnehin zumeist nur ein der Traditon entgegenkommendes Anhängen von Silben an die männliche Form :-D


Man/frau, LH/innen, etc. können helfen, einem die eigene Identität bewußter zu machen. Das tut den meisten Frauen Not, da sie sich überwiegend als Ehefrauen oder Mütter, ganz "verwegene" eventuell noch als Geliebte von, also ausschließlich über ihre Bindung an Dritte identifizieren, wie es dem klassischen Rollenverständnis entspricht. So stellen sich bei mir Bewerberinnen z. B. immer erst einmal als verheiratet, Frau von ... , Mutter von..., in der Regel noch Jahresangabe des Hausbaus oder -erwerbs vor. Was mit beruflicher Qualifikation an sich nicht zwingend in einen Topf zu werfen ist. So stellte sich auch meine Lehrtherapeutin bei mir vor, manche andere "Helferin" bei ihren - wesentlich schwerer vom Schicksal geforderten - Klientinnen, etc. vor. Mich befremdet es immer. Und erinnert mich an Männer, die sich vorstellen mit: Ich besitze, ich habe. Ich frage mich immer: Und wer bist du selbst? Was tust du? Was bewirkst du in deiner Umwelt? Da bricht dann vieles in sich zusammen, was bewundernswert erscheint.


Vor dem Hintergrund erscheint es durchaus sinnvoll, die Sprache auch auf links/rechts zu betrachten. Mich dürften einige Herrschaften durchaus für "link" halten. Weil sie nicht in der Lage sind, so verknüpft zu denken wie ich und deshalb mein Handeln nicht richtig einschätzen können.


Und die "Bewegung der LH-innen" erinnert mich in vielem an die Anfänge der Frauenbewegung. Wir könnetn auch davon lernen.


> Es macht einfach Spaß Dinge zu verdrehen und zu sehen, wie der Sinn plötzlich ganz, ganz anders wird... <


Wenn man das eine Weile übt, wird es ein fröhliches, gewinnbringendes Spiel. Freies, nicht zweckgebundenes spielen wird umgeschulten LH ( aber auch Mädchen ) u. U. zu früh aberzogen.


>Wir haben kein "vorgeschädigtes" Gehirn, ...<

Wenn durch Umschulung unsere kognitiven Verarbeitungsprozesse im Gehirn gestört werden, dann ist das doch an sich eine Schädigung. Oder nicht?


< ...unser Gehirn ist absolut fantastisch und unsere Neuroplastizität ist viel, viel, viel, viel größer als wir meinen, wenn wir uns jedoch als "hirngeschädigt" begreifen hemmen wir uns in unserer Umschulung selber. Trotz Pseudorechsthändigkeit stehen die meisten von uns ihre Frau oder ihren Mann im Beruf und im Alltag und sehr, sehr viele sind trotz ihrer Pseudorechtshändigkeit eben nicht unterzukriegen, manche wagen darüberhinaus auch noch die Rückumschulung!!! Und unser Gehirn lernt und lernt und lernt - solange wir leben (ich habe sogar von Leute gehört, die sich im 50 Lebensjahr noch erfolgreich rückumgeschult haben!) und unser Gehirn bewältigt das alles - das ist doch fantastisch!!! <


FÜR DIESE SÄTZE SEI GEPRIESEN!!! Jeder täte gut daran, sie sich ins Herz zu gravieren. In Großbuchstaben. Ich habe schon mehrfach versucht, hier die Stärke umgeschulter LH als riesen Reservoir an Selbstheilungskräften rauszustellen. Und auch Vertrauen in die Kräfte der Biologie und Natur zu haben. Und bin kläglich gescheitert. Dabei bringt es wenig, sich selbst zu schwächen.


> Wir sind viel, viel besser und flexibler als wir selber meinen - es gibt überhaupt kein Grund uns selber als "behindert" oder "hirngeschädigt" einzustufen und runterzuputzen...<


W. o.


>Besonders wirken sich motivationale Faktoren auf Neuroplastizität aus: Mit Spaß lernt das Gehirn von mann/frau immer am besten. Wenn ich immer nur das Scheitern hervorhebe das "hirngeschädigt" sein in den Vordergrund stelle, frustriere ich mich ständig, nehme ich mir den Spaß und hemme meine Neuroplastizität damit letztendlich selber... <


W. o.

Und: Laß' uns Optimisten hier bitte nicht mehr im Stich.


Liebe Grüße


Birgit

Birgit
20.12.2003, 08:15
Hallo Libertin,


> .. - ich denke, dass nicht nur bei orthopädischen Krankheiten, sondern Aufgrund der Neuroimmunologie vielleicht noch bei vielen, vielen anderen Krankheiten Zusammenhänge bestehen könnten – Vieles wissen wir einfach noch nicht. Auch hier könnten sich noch ganz, ganz neue Behandlungsansätze eröffnen…<


Ich stimme völlig mit dir darin überein.


Der Gedanke zu orthopädischen Erkrankungen kam mir im Zusammenhang mit der Überlegung, wie man Menschen so für das Thema einnehmen kann, daß es jeder ganz einfach begreift. In der Basisarbeit braucht's oft einfache Regeln, die jedem gut vorstellbar sind. Rückenschmerzen kennt jeder, Bandscheibenvorfälle sind gesellschaftlich "akzeptiert" -> macht es für jeden Sinn, so etwas vermeiden zu wollen. Und es begreift durchaus auch jemand, der nicht in der Lage ist, die Kompliziertheit des Gehirns ganz zu begreifen, oder jemand der Angst hat, als hirngeschädigt eingeordnet zu werden, daß es gut ist, linkshändige Kinder linkshändig sein zu lassen. Und erwachsene Pseudo-Rechtshänder könnten auch über diese Schiene anfangen genauer zu überlegen, wie man in Zukunft mit sich selbst umgehen möchte.

Aber das sind noch unausgereifte Ideen.


Schönes Wochenende.

Gruß

Birgit

Libertin
20.12.2003, 10:40
Hallo zusammen,


Ergänzung zur Sprache: Interessant ist, dass z.B. die Afroamerikaner oft von den „Weißen“ als „funky“ beschimpft wurden – was soviel bedeutet wie „Stinker“, Neger „stinken“, sie sind „funky“. „To funky here!“

heißt so viel wie: „Zu viele stinkende Nigger hier!“ Die Afroamerikaner haben den Spieß umgedreht und voller Stolz sich selber und ihre Musik nun als „Funk“ oder „funky“ bezeichnet. Inzwischen ist „Funk“ oder „funky“ schon lange kein Schimpfwort mehr…

„We play 2% jazz and 98% funk!” (Maceo Parker)


Libertin

Barbara
22.12.2003, 11:54
Hallo Barbara,


sorry, hab´nicht gesehen, dass Du schon vor mir da warst. Bin ein bisschen unaufmerksam, so bin ich halt...schon immer gewesen...


Ich gebe Dir RECHT, dass das mit der Sprachumerziehung etwas zu weit geht. Allenfalls werde ich ab sofort das Wort "link" nicht mehr verwenden, weil es etwas Negatives bedeutet. Aber nur weil "Recht" was Postives ist, will ich es jetzt nicht "ausmerzen". Das ist mir zu untolerant.


Mit der Gleichberechtigung von Frauen ist es so eine Sache. Die Politiker müssen ja jetzt immer sagen "die Bürgerinnen und Bürger" etc., und ich glaube, das schadet ihnen nicht. Sie müssen dann nämlich bei allem, was sie sagen, immer auch an die Frauen denken, und das wirkt sich sehr wohl auf ihre Entscheidungen aus!


Was die Linkshändigkeit betrifft, bin ich eigentlich sehr optimistisch, dass sich das immer mehr durchsetzten wird. Kinder werden immer weniger umerzogen, infolge dessen wird die Wirtschaft bald die Linkshänder als wichtige Käufergruppe entdecken, so wird es bald mehr Linkshänder oder beidhändig benutzbare Gegenstände geben, die werden dann auch billiger werden, die werden dann bald auch in jedem zweiten Haushalt sein und so wird es auch immer einfacher sein für Linkshänder, ihre linke Hand im Alltag benutzen zu können. Und es wird viele ganz normale, begabte, erfolgreiche Linkshänder geben, so dass die Forschung und Wissenschaft sich nicht mehr auf die Proiblemfälle konzentriert und daraus schließt, dass Linkshänder häufiger "behindert" sind (geistig, seelisch oder körperlich). Ich bin da ganz optimistisch - Schade finde ich nur, dass es erst jetzt kommt. Wäre lieber jetzt geboren.


Grüße





Barbara

Dr. Noll
05.01.2004, 17:36
>>> Birgit: "Sprache formt unser Denken"


Ein Satz, der für mich als Rechtshirner nichtzutrifft. Ich denke nonverbal, wie wohl alle Linkshänder.


Daher ist der Satz schon kurios.


Wo sollen wir denn anfangen, Konventionen der Sprache zu begradigen, also Linksanwalt statt Rechtsanwalt usw. ?

Geben wir uns also nur noch die linke Hand zur Begrüßung, und zeigen damit die gleiche Arroganz wie die rechtshändige Welt über Jahrtausende oder fahren wir zusätzlich auch noch links statt rechts ???


Oder wechseln wir den das Handgeben Hin und Her, um "Gleichberechtigung" zu erzielen, und fahren mal rechts, mal links ?


Versteht Ihr (Sie) ?


Frau Dr. Sattler gibt die Hand ebenso mit rechts wie ich, und links fährt wohl keiner von allen.

Man sollte in mancher Beziehung die Kirche im Dorf lassen.


Der wichtigste "Kriegsschauplatz" ist, die weitere Umschulung unserer Kinder zu verhindern. Damit wäre schon viel getan.

Natürlich darf man auch an seinen eigenen Wunden lecken.

Aber bitte mit Sinn und Verstand.


Dr. Noll

Birgit
05.01.2004, 19:04
Guten Abend Herr Dr. Noll,


ich nehme Ihre Aufforderung zum Tanz diesmal an und hoffe, wir treten uns nicht wieder zu sehr auf die Zehen.


>>>> Birgit: "Sprache formt unser Denken"

>Ein Satz, der für mich als Rechtshirner nichtzutrifft. Ich denke nonverbal, wie wohl alle Linkshänder.


Bei mir als rechtshemisphärendominante, umgeschulte und seit 4 1/2 Jahren gründlichst zurückgeschulte Linkshänderin ist das anders. Ich denke oft in Selbstgesprächen.


Auch in der Transaktionsanalyse und im Neurolinguistischen Programmieren wird genau mit Sprache und Beeinflussung der Gedanken und Gefühlswelt therapeutisch gearbeitet.


>Daher ist der Satz schon kurios.<


Dem mag so sein für diejenigen, die die Worte in nicht adäquäte Gedanken umsetzen.


>Wo sollen wir denn anfangen, Konventionen der Sprache zu begradigen, also Linksanwalt statt Rechtsanwalt usw. ?


Frau Dr. Inken Spreda nennt sich meines Wissens nach seit Jahren Linksanwältin. Ich habe noch nicht gelesen, sie hätten sich deswegen mokiert.


>Geben wir uns also nur noch die linke Hand zur Begrüßung, und zeigen damit die gleiche Arroganz wie die rechtshändige Welt über Jahrtausende oder fahren wir zusätzlich auch noch links statt rechts ???<


Was hat eigentlich die der natürlichen Motorik entsprechende Bewegung mit Arroganz zu tun?


Mir wurde schon höchstrichterlich unaufgefordert als freundliche Geste die linke Hand gegeben. Ich fand das außerordentlich charmant. Der Mann ist Rechtshänder.


>Oder wechseln wir den das Handgeben Hin und Her, um "Gleichberechtigung" zu erzielen, und fahren mal rechts, mal links ?


Auf Nordzypern fahre ich natürlich links. Ich wäre irrsinnig, würde ich das nicht tun. In Großbritannien auch. Und es gibt noch andere Länder, wo dies schlicht und ergreifend üblich ist.


>Versteht Ihr (Sie) ?


Was soll ich denn verstehen?


>Frau Dr. Sattler gibt die Hand ebenso mit rechts wie ich, und links fährt wohl keiner von allen.


Ich gebe Frau Dr. Sattler auch die rechte Hand. Na und? Wenn ich ihr mal die linke Hand geben möchte, werde ich das tun. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie deswegen irgeneinen Bohei veranstaltet.


>Man sollte in mancher Beziehung die Kirche im Dorf lassen.<


Da bin ich absolut Ihrer Meinung.


>Der wichtigste "Kriegsschauplatz" ist, die weitere Umschulung unserer Kinder zu verhindern. Damit wäre schon viel getan.<


Man kann das eine tun ohne das andere zu lassen. In gewisser Weise empfiehlt sich das für das Thema Linkshänder/innen sehr. Weil es an allen Ecken und Enden fehlt. "Krieg" führe ich allerdings nicht. Das fände ich für mich als Linkshänderin unangemessen.


>Natürlich darf man auch an seinen eigenen Wunden lecken.


Wenn Sie das tun wollen, dann finde ich das richtig. Ich habe mich seit jeher für eine angemessene Trauerarbeit ausgesprochen.


>Aber bitte mit Sinn und Verstand.


Da bin ich auch Ihrer Meinung. Und ich bin der Ansicht, daß Sie nicht derjenige sind, der allgemeingültig defniniert, was Sinn und Verstand ausmachen.


B. S.

Dr. Noll
06.01.2004, 00:19
>>> Zum "sprachlichen Denken"


>Birgit: Bei mir als rechtshemisphärendominante, umgeschulte und seit 4 1/2 Jahren gründlichst zurückgeschulte Linkshänderin ist das anders. Ich denke oft in Selbstgesprächen.


Das ist interessant, da ich, allen Umschulungsversuchen zum Trotz, dies so nicht kennen gelernt habe. Anscheinend hat die Umschulung bei Ihnen etwas anderes bewirkt als bei mir, wobei ich konzediere, dass die Umschulung bei mir nur in Bezug auf das Schreiben gelungen ist.



>>Daher ist der Satz schon kurios.<

>Dem mag so sein für diejenigen, die die Worte in nicht adäquäte Gedanken umsetzen.


Genau das ist bei mir umgekehrt: ich muss (z.B. für meine rechtshändige Frau) die Gedanken immer erst in adäquate Worte umsetzen, also genau die umgekehrte Reihenfolge.

Es kommt oft vor, dass sie (owohl wir seit Ewigkeiten zusammen sind, aber das erst machts spannend) fragt: was denkst du ?, und ich sage, Moment, ich muss das erst mal in Sprache übersetzen ! )


>>Wo sollen wir denn anfangen, Konventionen der Sprache zu begradigen, also Linksanwalt statt Rechtsanwalt usw. ?

>Frau Dr. Inken Spreda nennt sich meines Wissens nach seit Jahren Linksanwältin. Ich habe noch nicht gelesen, sie hätten sich deswegen mokiert.


Mokieren tu ich mich auch bei Libertin nicht.

Ich finde es auch bei Frau Spreda, die wohl Ärztin ist, aber noch nicht promoviert hat,(also nicht Dr. Spreda ist), nicht besonders gelungen.

Es sei hiermit also öffentlich meine Auffassung kundgetan, dass ich Linksanwältin nicht für eine glückliche Sprachauswahl halte und Rechtsanwältin bevorzugen würde.


>>Geben wir uns also nur noch die linke Hand zur Begrüßung, und zeigen damit die gleiche Arroganz wie die rechtshändige Welt über Jahrtausende oder fahren wir zusätzlich auch noch links statt rechts ???<

>Was hat eigentlich die der natürlichen Motorik entsprechende Bewegung mit Arroganz zu tun?


Nichts.

Gerade hat meine Frau (wie gesagt: rechtshändig) mitgelesen und gesagt: ja denkt denn eigentlich nicht jeder so ?

Es geht nicht um Motorik, sondern darum, seit Jahrhunderten festgelegte Konventionen jetzt eingleisig von rechts auf links umzulegen, Hand geben oder fahren. Arrogant daran wäre, jetzt alles n u r n o c h mit links machen zu wollen, oder nur noch die Wortwurzel rechts durch links zu ersetzen, denn dann machten wir es g e n a u s o wie die Rechtshänder in eben diesen Jahrhunderten.


>>Oder wechseln wir den das Handgeben Hin und Her, um "Gleichberechtigung" zu erzielen, und fahren mal rechts, mal links ?

>Auf Nordzypern fahre ich natürlich links. Ich wäre irrsinnig, würde ich das nicht tun. In Großbritannien auch. Und es gibt noch andere Länder, wo dies schlicht und ergreifend üblich ist.

>>Versteht Ihr (Sie) ?

>Was soll ich denn verstehen?


In Nordzypern, Indien oder Großbritannien fahren a l l e links, hier eben rechts. Auch eine Konvention. Aber wir haben uns mehr oder weniger freiwillig darauf geeinigt, und es zu verlassen, brächte im Straßenverkehr Tod und Unglück; sprachlich aber nur Verwirrung. Qui bono ?


>>Der wichtigste "Kriegsschauplatz" ist, die weitere Umschulung unserer Kinder zu verhindern. Damit wäre schon viel getan.<

>Man kann das eine tun ohne das andere zu lassen. In gewisser Weise empfiehlt sich das für das Thema Linkshänder/innen sehr. Weil es an allen Ecken und Enden fehlt. "Krieg" führe ich allerdings nicht. Das fände ich für mich als

Linkshänderin unangemessen.


Ja.

Aber manches (jetzt beziehe ich mich auf Libertins ersten Post) wirkt in mir so fürchterlich verkrampft.

Ich verbrauche viel Energie als umgeschulter Linkshänder, und bündele die übrige Energie auf für mich wichtige Ziele (s.o.); der letzten Endes eher naive Kampf, z.B. die Sprache zu verändern, ist für mich ein Nebenschauplatz (ohne Kriegsmetapher).


>>Natürlich darf man auch an seinen eigenen Wunden lecken.

>Wenn Sie das tun wollen, dann finde ich das richtig. Ich habe mich seit jeher für eine angemessene Trauerarbeit ausgesprochen.


Ich meinte damit nicht meine Wunden.

Ich habe meinen Frieden mit meiner Umschulung in meinem Leben gefunden.

Ich weiß, was absolut Übles man mir angetan hat, aber ich weiß auch, dass niemand es tatsächlich wollte.

Meine Eltern, die es taten, lieben mich.

Meine Lehrer, die mitmachten, wussten nach eigenem Bekunden nichts von der Tragweite dessen, was sie taten (persönliche Gespräche !) - und: ich glaube ihnen.

Aber dennoch habe ich gelernt, mit dieser meiner Behinderung zu leben, und ---

g l ü c k l i c h zu sein. Nicht mit der Behinderung selbst, aber mit meinem Leben m i t dieser Behinderung.


>>Aber bitte mit Sinn und Verstand.

>Da bin ich auch Ihrer Meinung. Und ich bin der Ansicht, daß Sie nicht derjenige sind, der allgemeingültig defniniert, was Sinn und Verstand ausmachen.


Das habe ich nie behauptet.

Aber dies ist ein D i s k u s s i o n s f o r u m. Es darf jeder seine Meinung sagen, und das tue ich.

Und glauben Sie mir, Birgit, die persönlichen Emails, die mich erreichen, sagen mir, dass auch einige andere, die hier mitlesen, genauso denken wie ich.


Aber treten wir uns, wie Sie oben auch wollten, nicht auf die Zehen, sondern diskutieren wir nur...


Dr. Noll