PDA

Vollständige Version anzeigen : Angst vor der Rückschulung?


Jeannine
27.09.2003, 12:47
Hallo zusammen

zur Zeit wird im Forum viel über die Rückschulung und über die Gründung von Selbsthilfegruppen geschrieben

Letzteres finde ich sehr vorteilhaft, da wichtige Informationen ausgetauscht werden können. Das umgeschulte LH, welche sich zurückschulen wollen „Gruppenscheu“ sein sollen, würde ich nicht so eng sehen! Immerhin sind diese Menschen bereit eine Rückschulung und dadurch eine Änderung ihres physischen und psychischen Zustands vorzunehmen. Übrigens gibt es in Berlin eine Psychologin, die selber LH ist und LH zurückschult -> auch in Form einer Gruppentherapie.

Einige im Forum haben ziemliche Bedenken, eine Rückschulung vorzunehmen. Kann ich in erster Linie auch verstehen, weil durch abraten auch Unsicherheit entsteht und dann Fragen auftauchen „Was passiert wenn...?“. Auf der anderen Seite versperrt man sich selber den Weg durch Ängstlichkeit! Wenn ich mir so was schon von Anfang an Einrede, drücke ich mein Selbstwertgefühl herunter und drehe mich nur im Kreis. Natürlich ist ein Hinweis auf die Folgen einer Rückschulung durch den LH-Berater wichtig, denn psychische und physische Erkrankungen können Komplikationen bringen und sollten deshalb unter ärztlicher und psychologischer Beobachtung stehen ! Auf der anderen Seite gibt es auf allen Gebieten Rückschläge: Alkoholiker oder Drogenabhängige können geheilt werden, manche fallen in ihren alten Trott zurück! Ich denke mal, das da das Umfeld nicht gestimmt hat!!! Ein Beispiel aus meiner Vergangenheit: „ Ich wurde an einer Berufsfachschule ziemlich gemobbt und war auch nicht das einzigste Opfer! Mir wurde dann als „supertolle Hilfe“ eingeredet, das ich mir einen anderen Beruf suchen sollte oder einfach zurück in den alten gehen...Außerdem wurden „die schwarzen Schafe“ dieser Schule regelrecht provoziert. Ich wurde darauf verbal aggressiv und provozierte zurück. Meine Aggressionen drückte ich nach dieser Schulzeit in Karikaturen aus ( noch rechtshändig gemalt), die so ziemlich an die Sado/Maso Szene erinnern . Die Lehrer wurden als tyrannisierende Dominas dargestellt. Mein Umfeld war entsetzt, ich habe mich jedoch danach ausgeglichen gefühlt, da ich meine innerste Wut rauslassen konnte. Libertin, das soll aber nicht heißen, das ich mich zu dieser Szene hingezogen fühlte!!! Ich war einfach zutiefst erniedrigt worden und musste meine Wut gegen die Verursacher rauslassen! Schlimmer wäre es, wenn ich alles verdrängt hätte und später meine Wut an unschuldigen Menschen weiter gebe. Einige dieser Schüler haben es auch so gemacht. Sie wurden damals regelrecht beleidigt und erniedrigt. Jahre später haben sie alles beschönigt und fanden noch, das es sehr lehrreich war. Da schüttelt es sich bei mir...brrrr...Eine Folge von diesem Umfeld war, das ich meine Therapie , welche ich in der Gemeinschaftspraxis von Dr. B .Sattler begonnen habe, abbrach. Mir war damals alles so egal, weil ich dachte, es bringt mir eh nichts mehr! Wieso eine Therapie, wenn das Umfeld weiterhin krank macht?! Dann hatte ich das Glück aus diesen Kreisen auszubrechen und bekam einen Studienplatz. Ich nahm eine Therapie in Anspruch, um die traumatischen Erlebnisse dieser Zeit zu verarbeiten und Begann endlich meine Rückschulung. Diese Rückschulung brachte dann noch viel mehr Selbstwertgefühl ins rollen. Ich bin zwar um einiges „Aufmüpfiger“ geworden, jedoch von positiver Seite gesehen! Warum soll ich mir alles gefallen lassen und als Mitläufer agieren? Wer nimmt sich das Recht, mir vorzuschreiben, wie ich meinen Weg gehen soll?! Das kann ich nur alleine bestimmen, mit meiner inneren Stimme und mit der Hilfe von LH-Beratern oder sonstigen Therapeuten. Allen Rückschülern wünsche ich viel Erfolg (-:


Liebe Grüße von Jeannine

Birgit
29.09.2003, 13:04
Hallo Jeannine,


Deinen Beitrag kann ich fast wortwörtlich unterstützen.


Ich glaube auch, daß LH sehr wohl gruppenfähig sind, sobald in den Gruppen andere LH in ausreichender Anzahl vorhanden sind und somit die Bedürfnisse von uns innerhalb der Gruppe auch zum Tragen kommen. Zumindest habe ich letzte Woche im Seminar uns sechs LH ( 4 ULH, 1 LH und ich rückgeschulte LH )höchst gruppenfähig erlebt und mich pudelwohl gefühlt.


> Auf der anderen Seite versperrt man sich selber den Weg durch Ängstlichkeit! Wenn ich mir so was schon von Anfang an Einrede, drücke ich mein Selbstwertgefühl herunter und drehe mich nur im Kreis. <


Eine ULH war sehr verunsichert, was eine mögliche Rückschulung betrifft und das auch aufgrund der Tatsache, daß ihr von einer LH-Beraterin schlicht von einer Rückschulung abgeraten wurde. Konkrete Gründe dafür konnte ich in den Gesprächen mit ihr dann allerdings nicht ausmachen. Das stimmte mich mehr als nachdenklich. Ich konnte es halt wieder mal nicht lassen und habe sie ermutigt, sich selbst zu vertrauen und nicht außenstehenden Experten. Und es berührte mich sehr, ihre Freude zu sehen, als sie zum ersten Mal ihren Namen mit der linken Hand gleich wunderschön leserlich schrieb. Wenn sie es möchte, werde ich sie weiter begleiten. Kostenlos, freiwillig und einfach aus Solidarität von LH zu LH.


> Natürlich ist ein Hinweis auf die Folgen einer Rückschulung durch den LH-Berater wichtig, denn psychische und physische Erkrankungen können Komplikationen bringen und sollten deshalb unter ärztlicher und psychologischer Beobachtung stehen ! <


Das finde ich auch sehr richtig. Bereits bestehende schwere Erkrankungen können durch Rückschulung beeinflußt oder auf den Verlauf der Rückschulung Einfluß nehmen.


> Auf der anderen Seite gibt es auf allen Gebieten Rückschläge: ...<


Welch' zutreffende Gedanken! Ich habe sie so lange hier im Forum vermißt.

Nicht zurückzuschulen schließt im übrigen dramatische Lebensläufe oder Krankheitsverläufe nicht aus. Ich habe genügend Beispiele aus meinem Umfeld.


> Ein Beispiel aus meiner Vergangenheit: ....<

Ich kann's mir nicht verkneifen und muß es einfach noch einmal loslassen: Ich finde, du hast deine Situation in den letzten Jahren absolut super für dich in die Hand genommen und verbessert.




> Ich wurde darauf verbal aggressiv und provozierte zurück. Meine Aggressionen drückte ich nach dieser Schulzeit in Karikaturen aus ( noch rechtshändig gemalt), die so ziemlich an die Sado/Maso Szene erinnern . Die Lehrer wurden als tyrannisierende Dominas dargestellt. Mein Umfeld war entsetzt, ich habe mich jedoch danach ausgeglichen gefühlt, da ich meine innerste Wut rauslassen konnte. Libertin, das soll aber nicht heißen, das ich mich zu dieser Szene hingezogen fühlte!!! Ich war einfach zutiefst erniedrigt worden und musste meine Wut gegen die Verursacher rauslassen! <


Ja, das denke ich auch: Starke seelische und soziale Erniedrigung äußert sich manchmal in Vergewaltigungsfantasien oder Sado-Maso-Bildern. Wenn man in der Menschheitsentwicklung zurückgeht, haben exakt die rangniedrigsten ( = am meisten erniedrigten ? ) Mitglieder von Sippen durchaus auch von ihren lieben Angehörigen promiske Lebensläufe aufgebürdet bekommen oder wurden vergewaltigt und mißhandelt.


> Schlimmer wäre es, wenn ich alles verdrängt hätte und später meine Wut an unschuldigen Menschen weiter gebe. <

Ja, das hat sicher nicht nur bei mir den Kinderwunsch über Jahrzehnte sehr gebremst.


> Wieso eine Therapie, wenn das Umfeld weiterhin krank macht?! <

Man spricht manchmal von den "gesunden Kranken" weil ihre seelischen und körperlichen Erkrankungen eigentlich eine gesunde Reaktion auf krankmachende Beziehungen sind.


> Wer nimmt sich das Recht, mir vorzuschreiben, wie ich meinen Weg gehen soll?!<

Keiner hat das Recht dazu, außer dir alleine. (-:


> Das kann ich nur alleine bestimmen, mit meiner inneren Stimme ..<

Genau das ist in meinen Augen die einzige tragfähige Basis für alles im Leben auch für eine Rückschulung.


>...und mit der Hilfe von LH-Beratern oder sonstigen Therapeuten. <

Das ist Unterstützung die man sich in meinen Augen durchaus gönnen kann, aber nicht zwingend haben muß.


> Allen Rückschülern wünsche ich viel Erfolg (-:<

Das tue ich auch.


Gruß

Birgit

Jeannine
29.09.2003, 20:08
Hallo Birgit,

>>>Eine ULH war sehr verunsichert, was eine mögliche Rückschulung betrifft und das auch aufgrund der Tatsache, dass ihr von einer LH-Beraterin schlicht von einer Rückschulung abgeraten wurde. Konkrete Gründe dafür konnte ich in den Gesprächen mit ihr dann allerdings nicht ausmachen.>>>

Mir wurde auch erst abgeraten. Da ich aber vier Monate vor dem LH-Beratungsgespräch schon selbständig die Rückschulung begonnen habe, setzte ich diese auch kontinuierlich fort! Mir wurde gesagt, das eine Rückschulung zu vergleichen ist mit einer Pflanze, dessen Wurzel rausgerissen wurde und erst wieder neu nachwachsen muss. Sozusagen müssen neue Verknüpfungen zwischen beiden Hemisphären und dem Corpus callosum gebildet werden. Ich sah es als eine Herausforderung an, mich auf meine natürliche Hirndominanz rückzuschulen. Für mich ist das Gehirn zu jeder Zeit lernfähig (auch im Alter). Man brauch sich nur mal mit den Berichten von Unfallopfern mit schweren Hirnschädigungen beschäftigen! Durch Training hat die gesunde Hirnhälfte Funktionen der zerstörten übernommen. Menschen, die vorher abgeschriebene Pflegefälle waren, konnten wieder am Leben teilnehmen. Das sind zwar Berichte einer Unfallnotlösung, jedoch bei umgeschulten LH mit zwei gesunden Hemisphären ein Lichtblick für eine Besserung!


>>> Das stimmte mich mehr als nachdenklich. Ich konnte es halt wieder mal nicht lassen und habe sie ermutigt, sich selbst zu vertrauen und nicht außenstehenden Experten. Und es berührte mich sehr, ihre Freude zu sehen, als sie zum ersten Mal ihren Namen mit der linken Hand gleich wunderschön leserlich schrieb. Wenn sie es möchte, werde ich sie weiter begleiten. Kostenlos, freiwillig und einfach aus Solidarität von LH zu LH.>>>

Finde ich eine gute Idee! Vor allem kannst Du von den eigenen Erfahrungen berichten, bzw. von Deiner Zusatztherapie. Manche Menschen haben nie im Leben emotionale Unterstützung erhalten und sind daher unfähig etwas zu verändern. Da hilft meistens nur noch das positiv unterstützende Umfeld für einen Neuantrieb (-:


>>> Schlimmer wäre es, wenn ich alles verdrängt hätte und später meine Wut an unschuldigen Menschen weiter gebe. <

Ja, das hat sicher nicht nur bei mir den Kinderwunsch über Jahrzehnte sehr gebremst. >>>

Im Leben kann sich noch vieles ändern. Und wenn sich einfach nur ein netter Lebenspartner findet, der Deine Problematik versteht.

>>>Wieso eine Therapie, wenn das Umfeld weiterhin krank macht?! <

Man spricht manchmal von den "gesunden Kranken" weil ihre seelischen und körperlichen Erkrankungen eigentlich eine gesunde Reaktion auf krankmachende Beziehungen sind.>>>

Das ist wirklich ein größeres Problem und nicht einfach zu lösen. Ich fand bei mir ein radikales Ausbrechen am sinnvollsten. Die schlimmsten Hürden bei diesem Ausbruch sind die Vorwürfe aus dem Umfeld. Zum Beispiel wenn Vorhaltungen fallen, das „immer“ zwei schuldig sind oder der Tyrann unter Schutz genommen wird, da er doch auch eine schwere Vergangenheit hatte. Mag ja sein, doch nur durch Verdrängung und unter dem Tisch kehren, beginnt dieser schlechte „Kreislauf“ immer von vorne! Ich kann doch nicht meine schwere Vergangenheit verarbeiten und damit verteidigen, indem ich schwächere oder heranwachsende Menschen tyrannisiere?!

Viele Grüße von Jeannine

Birgit
30.09.2003, 03:52
Hallo Jeannine,



> Mir wurde auch erst abgeraten. ....Mir wurde gesagt, das eine Rückschulung zu vergleichen ist mit einer Pflanze, dessen Wurzel rausgerissen wurde und erst wieder neu nachwachsen muss. Sozusagen müssen neue Verknüpfungen zwischen beiden Hemisphären und dem Corpus callosum gebildet werden. <

War das nicht etwas widersprüchlich? Einerseits nicht rückschulen, andererseits sollen ( ohne entsprechendes Handeln = Rückschulung ) neue Verarbeitungsbahnen ( Synapsen ) im Großhirn und Corpus callosum gebildet werden???




> Da ich aber vier Monate vor dem LH-Beratungsgespräch schon selbständig die Rückschulung begonnen habe, setzte ich diese auch kontinuierlich fort! <

Na, da hast du etwas Gutes für dich getan.




> Ich sah es als eine Herausforderung an, mich auf meine natürliche Hirndominanz rückzuschulen. Für mich ist das Gehirn zu jeder Zeit lernfähig (auch im Alter).<


Könnte eine solche positive und hoffnungsvolle persönliche Grundhaltung eine Art Voraussetzung für eine glückende Rückschulung sein? Was meinst du?


> Man braucht sich nur mal mit den Berichten von Unfallopfern mit schweren Hirnschädigungen beschäftigen! <

Ja, das kann ich in meiner Arbeit seit Jahren häufig beobachten. Leicht ist es nicht für die Betroffenen, das muß man schon sehen. Aber es ist sehr vieles möglich, das man kaum zu hoffen wagte.


>.. jedoch bei umgeschulten LH mit zwei gesunden Hemisphären ein Lichtblick für eine Besserung! <

Ich glaube auch, daß wir im Prinzip eine gute Ausgangsbasis haben.


> Da hilft meistens nur noch das positiv unterstützende Umfeld für einen Neuantrieb (-:<

Vielleicht kann man durch eine offene Haltung gegenüber verschiedenen Möglichkeiten den verschütt gegangenen Antrieb ein wenig wieder ausgraben. Wäre schön.


> Im Leben kann sich noch vieles ändern. Und wenn sich einfach nur ein netter Lebenspartner findet, der Deine Problematik versteht. <

Oje. Dazu bin ich schon viel zu alt. :-D


> Man spricht manchmal von den "gesunden Kranken" weil ihre seelischen und körperlichen Erkrankungen eigentlich eine gesunde Reaktion auf krankmachende Beziehungen sind.< > Das ist wirklich ein größeres Problem und nicht einfach zu lösen. Ich fand bei mir ein radikales Ausbrechen am sinnvollsten.

Manchmal ist das der einzige Weg. Dazu darf man ruhig stehen, finde ich.


> Ich kann doch nicht meine schwere Vergangenheit verarbeiten und damit verteidigen, indem ich schwächere oder heranwachsende Menschen tyrannisiere?!<

Nein, wer das tut, der tut dem anderen Unrecht. Dann hilft nur Abstand, Abstand und noch mal Abstand. Und zwar so lange, bis man selbst wieder richtig stabil ist. Meine ich.


Ich finde es einfach schön, wie du auf dich selbst vertraut und so instinktiv und intuitiv für dich den richtigen Weg gefunden hast. Und tapfer warst du in meinen Augen. Weil einfach war das alles wirklich nicht. Als ich letzte Woche bei meiner An- und Rückreise zum/vom Bogenschießen an einer bestimmten Stadt vorbei fuhr, da habe ich an dich gedacht.


Liebe Grüße

Birgit

Jeannine
30.09.2003, 10:15
Hallo Birgit,


>>> Mir wurde auch erst abgeraten. ....Mir wurde gesagt, das eine Rückschulung zu vergleichen ist mit einer Pflanze, dessen Wurzel rausgerissen wurde und erst wieder neu nachwachsen muss. Sozusagen müssen neue Verknüpfungen zwischen beiden Hemisphären und dem Corpus callosum gebildet werden. <

War das nicht etwas widersprüchlich? Einerseits nicht rückschulen, andererseits sollen ( ohne entsprechendes Handeln = Rückschulung ) neue Verarbeitungsbahnen ( Synapsen ) im Großhirn und Corpus callosum gebildet werden??? >>>

Es wirkt im ersten Moment widersprüchlich, das muss ich zugeben und kann auch einige Menschen verunsichern. Gemeint war der lange Aufwand für die Bildung neuer Synapsen, die Wiederherstellung einer eindeutigen Dominanz in Motorik und Sensorik, damit wieder eine Arbeitsteilung zwischen beiden Gehirnhälften entsteht! Sozusagen fängt der Rückschüler wieder „klein“ an! Psychophysische Irritationen können oft erst viel später erkennbar sein, daher empfehlen einige LH- Berater eine psychologische Betreuung neben der Rückschulung oder raten sogar ab?! Ich sehe die Rückschulung als eine Bereicherung meines bisherigen Lebens an. Der Aufwand hat sich gelohnt und benötigt auch noch eine gewisse Zeit der Festigung. Für mich war der Entschluss richtig, denn mir blieben ja nur 2 Möglichkeiten. Entweder lebe ich mit den Problemen der Umschulung weiter, ohne das sich was zum positiven ändert und ich investiere weiter einen doppelten Energieaufwand und stresse genauso mein Gehirn. Oder ich schule mich zurück, mit dem Nachteil erst einmal wieder klein anzufangen, jedoch mit dem Gefühl einer immer steigenden Besserung. Ein Lernerfolg ist entstanden der motiviert und nicht blockiert, wie vor meiner Rückschulung.


>>> Ich sah es als eine Herausforderung an, mich auf meine natürliche Hirndominanz rückzuschulen. Für mich ist das Gehirn zu jeder Zeit lernfähig (auch im Alter).< Könnte eine solche positive und hoffnungsvolle persönliche Grundhaltung eine Art Voraussetzung für eine glückende Rückschulung sein? Was meinst du? >>>

Ich denke das so eine Einstellung sehr wichtig ist, um neuen Lebensmut zu bekommen. Eine provozierende Gesellschaft bringt zum Beispiel das Gegenteil. Wertvolle Energie wird verschwendet und der Mensch wird lethargisch oder aggressiv, da seine Kraftreserven angezapft werden. Ich habe so etwas am eigenen Leib gespürt, daher kann ich darüber berichten. Zwar bin ich ein Mensch, der nicht so leicht aufgibt, jedoch unter Stressanspannung mache ich meine Arbeit total lustlos und nur aus Prinzip, um nicht weiter abzustürzen. Eine Stresstherapie ist nicht erstrebenswert und therapeutisch für mich auch nicht nachvollziehbar!!! Dagegen ist eine positive Unterstützung mit entsprechendem Umfeld sehr vorteilhaft! Was nützt dem Rückschüler ein Umfeld, das ihm tagtäglich seine Fehler um die Ohren haut (wie er zu sein hat, wie er sich bewegen soll, welchen Wortschatz er wählen darf, wie zügig er arbeiten soll...) oder ihn sogar beleidigt?



>>> Im Leben kann sich noch vieles ändern. Und wenn sich einfach nur ein netter Lebenspartner findet, der Deine Problematik versteht. <

Oje. Dazu bin ich schon viel zu alt. :-D >>>

Das würde ich nicht so eng sehen! Es gibt sogar 70ig – 80ig jährige, die sich noch einmal vermählen, bzw. eine Lebensgemeinschaft eingehen. Mit der Schwangerschaft sieht es anders aus. Jedoch habe ich vor einiger Zeit einen Bericht gesehen, wo sogar Mitte vierzigjährige ihr erstes und gesundes Kind zur Welt gebracht haben.



>>> Ich kann doch nicht meine schwere Vergangenheit verarbeiten und damit verteidigen, indem ich schwächere oder heranwachsende Menschen tyrannisiere?!<

Nein, wer das tut, der tut dem anderen Unrecht. Dann hilft nur Abstand, Abstand und noch mal Abstand. Und zwar so lange, bis man selbst wieder richtig stabil ist. Meine ich.>>>

Denke ich auch! Es ist nur für die Menschen schwierig, die mit solchen Menschen zusammenarbeiten „müssen“, bzw. durch Studium/Ausbildung an diese gebunden sind !

>>>Ich finde es einfach schön, wie du auf dich selbst vertraut und so instinktiv und intuitiv für dich den richtigen Weg gefunden hast. Und tapfer warst du in meinen Augen. Weil einfach war das alles wirklich nicht.>>>

Darüber bin ich auch froh(-: Vor allem wenn ich bedenke das so viele Menschen auf der Welt seelisch zerstört werden und ihr Leben nicht mehr realisieren können!

.>>> Als ich letzte Woche bei meiner An- und Rückreise zum/vom Bogenschießen an einer bestimmten Stadt vorbei fuhr, da habe ich an dich gedacht>>>

{{{{{{-;

Viele Grüße von Jeannine

Birgit
05.10.2003, 09:46
Hallo Jeannine,


> Gemeint war der lange Aufwand für die Bildung neuer Synapsen, die Wiederherstellung einer eindeutigen Dominanz in Motorik und Sensorik, damit wieder eine Arbeitsteilung zwischen beiden Gehirnhälften entsteht! <

Ja, das braucht seine Zeit. Dauert aber nicht ewig.


> Sozusagen fängt der Rückschüler wieder "klein" an! <

Stimmt. Das haben wir. Erstklässler-Kringelschleifenübungen in Zweitklässler-Schrift. :-D


> Psychophysische Irritationen können oft erst viel später erkennbar sein, daher empfehlen einige LH- Berater eine psychologische Betreuung neben der Rückschulung oder raten sogar ab?! <

Sie können auftreten. Tun sie wahrscheinlich, weil im Menschen alles miteinander verbunden ist. Und sie vergehen auch wieder, weil das Leben sich immer seinen Weg hin zum gesunden sucht, sofern man es nicht daran hindert. Weißt du, ob LH-Berater, die eine psychologische Betreuung neben der Rückschulung empfehlen, Therapeuten nennen können, die sich mit dem Thema auskennen?

Wenn LH-Berater von einer Rückschulung abraten, wie werden ULH dann begleitet? Brauchen sie (k)eine psychologische Begleitung? Weißt du darüber etwas?


> Ich sehe die Rückschulung als eine Bereicherung meines bisherigen Lebens an. <

Ich freue mich jedes Mal, wenn ich von dir lese. Dann sitze ich mit strahlendem Gesicht vor meinem PC und finde aus tiefster Seele, daß du in den vergangenen 2 (?) Jahren so viel für dich gewonnen hast. Du blühst richtig auf. Wie eine ganze Blumenwiese. (-:


> Der Aufwand hat sich gelohnt und benötigt auch noch eine gewisse Zeit der Festigung. <

Ich glaube, das meiste passiert in den ersten beiden Jahren. Da wird quasi der Keller ausgehoben und das Fundament betoniert. Schwere Arbeit und entsprechend zertrümmert fühlt man sich oft. Danach baut man auf dem Fundament auf. Es kommen dann unerwartet noch ganz andere Entwicklungsschritte, die man gar nicht mehr erhofft hatte. Wenn mir jemand vor 2 Jahren gesagt hätte, was ich heute alles schön finde und mich traue, den/die hätte ich für verrückt erklärt.


> Für mich war der Entschluss richtig, denn mir blieben ja nur 2 Möglichkeiten. Entweder lebe ich mit den Problemen der Umschulung weiter, ohne das sich was zum positiven ändert und ich investiere weiter einen doppelten Energieaufwand und stresse genauso mein Gehirn. Oder ich schule mich zurück, mit dem Nachteil erst einmal wieder klein anzufangen, jedoch mit dem Gefühl einer immer steigenden

Besserung. <

Ja, das sehe ich für mich auch so. Bei der Rückschulung laufen in meinen Augen zwei Prozesse nebeneinander ab, der eine in absteigender, der andere in aufsteigender Richtung: Der eine ist die Anstrengung, vor allem in den ersten beiden Jahren, mit dem Schulen der natürlichen Körpermotorik und Umstellung im Gehirn und dem gesamten Trauerprozess um vergebliche Quälerei und erlittenen Schaden durch die Umschulung, und die großen Umbrüche in den Beziehungen zu anderen Menschen, die teilweise explosiv verlaufen können. Der andere Prozess ist aber für all das die absolut tragende Kraft. Es ist die Erleichterung, die entsteht aus der Rückkehr zur eigenen Natur, dem steigenden Selbstbewusstsein und der Freude an sich selbst, weil man merkt, "man sagt endlich selbst ja zu sich". Man gewinnt neue Freunde und die für einen wirklich guten Verbindungen machen die eigene Entwicklung mit und werden sehr bereichert. Die unpassenden Verbindungen zu Menschen zerbrechen unweigerlich. Man ist traurig darüber und merkt trotzdem bald, welchen Ballast man damit auch abgeworfen hat. Großes Aufatmen macht sich in der Seele breit.


> Oje. Dazu bin ich schon viel zu alt. :-D >>> Das würde ich nicht so eng sehen! ... Mit der Schwangerschaft sieht es anders aus. Jedoch habe ich vor einiger Zeit einen Bericht gesehen, wo sogar Mitte vierzigjährige ihr erstes und gesundes Kind zur Welt gebracht haben. <

Ein Kollege aus einer Schwangerenberatungsstelle meinte das vor kurzem auch. Ich sehe es etwas vorsichtiger. Das Risiko, ein behindertes Kind zu bekommen, ist real ab einem bestimmten Alter stark erhöht. Nach dem, was mir mein Leben bisher abverlangte, könnte ich das nicht mehr verkraften. Einen Schwangerschaftsabbruch bei entsprechender Diagnose in der Früherkennung ebenfalls nicht. Das ist ein Punkt, in dem ich mich einfach dem Schicksal beuge und sage: "Gut, mir ist, wie seit Menschengedenken unendlich vielen anderen auch, ein kinderloses Leben zugeteilt. Dann mache ich eben aus diesem Lebensweg etwas Gutes, auch wenn mir das die heutige, diesmal für einen Rentenanspruch Geburten fordernde Gesellschaft, übelst anrechnet."


> Denke ich auch! Es ist nur für die Menschen schwierig, die mit solchen Menschen zusammenarbeiten "müssen", bzw. durch Studium/Ausbildung an diese gebunden sind ! <

Ja, diese Bereiche lassen wenig Ausweichmöglichkeit. Ich erinnere noch gut, wie ich unter meiner finanziellen Abhängigkeit während des Studiums gelitten habe. Gut, daß das vorbei ist. Und bei dir ist das Ende auch absehbar. Gut so.


>>>Ich finde es einfach schön, wie du auf dich selbst vertraut und so ... für dich den richtigen Weg gefunden hast. ....>>> >> Darüber bin ich auch froh(-: Vor allem wenn ich bedenke das so viele Menschen auf der Welt seelisch zerstört werden und ihr Leben nicht mehr realisieren können! <

Ja, wenn man anschaut, wie Gesellschaften immer und immer wieder ihre eigenen Kinder vernichten, das ist sehr, sehr schmerzlich.

Da kann man nur dem Schicksal, oder an wen oder was auch immer man glaubt, dankbar sein, daß man selbst dem Unheil entronnen ist.


Ich wünsche dir eine gute Zeit.


Mit guten Gedanken.

Birgit

Jeannine
06.10.2003, 14:10
Hallo Birgit,


[...] Psychophysische Irritationen können oft erst viel später erkennbar sein, daher empfehlen einige LH- Berater eine psychologische Betreuung neben der Rückschulung oder raten sogar ab?! <

[...] Weißt du, ob LH-Berater, die eine psychologische Betreuung neben der Rückschulung empfehlen, Therapeuten nennen können, die sich mit dem Thema auskennen? Wenn LH-Berater von einer Rückschulung abraten, wie werden ULH dann begleitet? Brauchen sie (k)eine psychologische Begleitung? Weißt du darüber etwas?




Von einer LH-Beraterin aus Berlin bekam ich den Hinweis über eine Psychologin, welche LH bei der Rückschulung begleitet. Da ich damals jedoch schon eine Therapie zu laufen hatte und die LH-Psychologin privat zu finanzieren war, nahm ich erst einmal abstand von einer zweiten Therapie. Ich hätte diese jedoch zusätzlich in Anspruch genommen, wenn sich zwecks einer Gruppentherapie mehrere Rückschüler oder ULH gefunden hätten. Dann wäre es für mich finanziell tragbarer gewesen. Ich bekam auch Hinweise, bei welchem Augenarzt/Optiker ich eine Untersuchung wegen der Sehverarbeitungsstörung durchführen konnte. Bei einer „Nichtrückschulung“ wurden auch einige Therapiemaßnahmen empfohlen, um das Gehirn bei Überanstrengung zu entlasten. Z.B. das Ganzheitliche Lerntraining, welches ich 2x im Monat besuche, Sport oder Yoga...Ich fand jedoch die Rückschulung bei mir am sinnvollsten, denn selbst wenn ich Koordinationsübungen/Überkreuzübungen oder „sonstigen Ausgleich“ praktiziere-> ich bleibe ULH!!! Es entsteht zwar dadurch eine gewisse Entlastung, auf Dauer wäre ich jedoch unzufrieden. Bei einem unausweichlichen Gesundheitszustand würde ich die ULH akzeptieren, um nicht noch mehr Schaden zu verursachen...Von meinem inneren Gefühl würde ich sagen, das ULH irgendeine Hilfe ( Therapie/neues Umfeld) benötigen, um aus ihren alten Trott rauszukommen. Entweder um mehr Selbstwertgefühl zu gewinnen oder Einstellungen „der aufgebauten Härte“! zu sich und anderen Mitmenschen zu mindern (z.B....die Umschulung war doch gar nicht so schlimm, hab es doch auch geschafft...)




[...] Ich glaube, das meiste passiert in den ersten beiden Jahren [...] Es kommen dann unerwartet noch ganz andere Entwicklungsschritte, die man gar nicht mehr erhofft hatte. Wenn mir jemand vor 2 Jahren gesagt hätte, was ich heute alles schön finde und mich traue, den/die hätte ich für verrückt erklärt.

Genau das kann ich aus meinen Erfahrungen auch bestätigen! Ein Beispiel:“ den Mut jemanden Knallhart die Meinung zu sagen“. Früher habe ich immer versucht mich gewählt auszudrücken, bzw. niemanden zu verletzen. Jetzt habe ich gemerkt, das es manchmal gut ist, dem Gegenüber, welcher provoziert/schikaniert und beleidigt, auch mal den Teppich unter den Füßen wegzuziehen. Früher hätte ich mich vor manchen Wortschatz geschämt, diese Hemmschwelle habe ich jetzt überwunden. Bei Menschen, welche ausgeglichen sind und Harmonie ausstrahlen passiert mir so etwas nie! Wenn es möglich ist, weiche ich Böswilligkeit (bewusst oder unbewusst praktiziert) durch Neutralität oder Ignoranz aus. Denn ändern kann ich nur meine eigene Persönlichkeit, das andere kostet zuviel Nebenenergie. Und diese haben wir ULH das halbe Leben zusätzlich aufopfern müssen. Jetzt kommt auch mal „das an sich denken“ an die Reihe (-: Vorwürfe aus dem Umfeld werden bei mir schon gar nicht mehr verarbeitet, sie rauschen einfach vorbei oder zerplatzen im Affekt {-;


[...]Bei der Rückschulung laufen in meinen Augen zwei Prozesse nebeneinander ab, der eine in absteigender, der andere in aufsteigender Richtung:[...]und die großen Umbrüche in den Beziehungen zu anderen Menschen, die teilweise explosiv verlaufen können. Der andere Prozess ist aber für all das die absolut tragende Kraft. Es ist die Erleichterung, die entsteht aus der Rückkehr zur eigenen Natur, dem steigenden Selbstbewusstsein und der Freude an sich selbst, weil man merkt, "man sagt endlich selbst ja zu sich". Man gewinnt neue Freunde und die für einen wirklich guten Verbindungen machen die eigene Entwicklung mit und werden sehr bereichert. Die unpassenden Verbindungen zu Menschen zerbrechen unweigerlich. Man ist traurig darüber und merkt trotzdem bald, welchen Ballast man damit auch abgeworfen hat. Großes Aufatmen macht sich in der Seele breit.


Diese explosiven Umbrüche in den Beziehungen zu anderen Menschen habe ich sehr stark gespürt und es hat bis zu diesem Zeitpunkt lange gedauert, um aus meiner vorherigen Situation auszubrechen und Verletzungen zu verarbeiten. Die Jahre in Bayern waren für meinen bisherigen Lebenslauf der letzte Schubs, um endgültig ins Schlammloch zu stürzen. Jedoch bekam ich durch die innere Wut, die in mir aufbrodelte auch Kraft für einen Neuanfang. „Die Aggressivität gegen die Ungerechtigkeit“ schenkte mir zwar neben einer starken physischen Schwäche auch Energie für den Aufbau einer neuen Identität!

Das heißt, ich hatte in den letzten Jahren einen überdurchschnittlichen Stressfaktor der „Verarbeitung“ zu durchstehen, konnte jedoch meine inneren Ziele durchsetzen!

Das hört sich im ersten Augenblick kompliziert an, war für mich jedoch der einzige Weg, um aus der Lethargie der Umweltzwänge auszubrechen! LH- Berater, Fachliteratur und ein neuer Freundeskreis haben mich dabei unterstützt.


Viele liebe Grüße von Jeannine