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Vollständige Version anzeigen : "Daumentest" und Ähnliches


Libertin
23.09.2003, 23:28
Hallo zusammen,


eine Frage an die Statistik-Freaks:




mich würde interessieren, inwieweit dieser altbekannte „Daumentest“ – also Hände zusammenfalten linker oder rechter Daumen oben? – als Screening-Methode taugt, also ob empirische Werte (möglichst in genauen Prozentzahlen) insbesondere über Validität, Spezifität und Sensivität vorliegen, also Falschnegative und Falschpositive und Prozentzahlen ausgedrückt vorliegen; also wie groß ist die mathematische Wahrscheinlichkeit (in Prozentzahlen) eines Links- bzw. eines Rechtshänders anzunehmen, wenn der linke Daumen oben ist und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit eines Links- bzw. eines Rechtshänders anzunehmen, wenn der rechte Daumen oben ist?


Des Weiteren habe ich bei mir festgestellt, mein linkes Bein ist wenige Millimeter länger und meine Linke Hand ist, wenn ich beide Hände übereinander lege auch wenige Millimeter länger als meine rechte und das obwohl linksseitig meine Muskulatur schwächer ist als rechts – hatte als Pseudorechtshänder ja nie geübt!

Des Weiteren, wenn ich mich z.B. An- und Auskleide immer zuerst den linken Schuh, den linken Strumpf, das linke Hosenbein, den linken Ärmel, usw. An- oder Ausziehen. Beim Aufstehen immer mit dem linken Fuß! Ist das bei anderen genauso?


Lieben Gruß, Libertin

Olli
24.09.2003, 00:41
Hallo Libertin,


du mußt bedenken, der Mensch ist immer Spiegel seiner Gesellschaft/Umwelt und wird von ihr ENTSCHEIDEND geprägt. Und ganz klar ausgedrückt, wären hier statistische Erhebungen (wenn diese jemand überhaupt jemals gemacht haben sollte - was ich bezweifle) über die Vorliebe dieses oder jenes Daumens beim Händefalten und über das Anziehverhalten nicht sehr aufschlußreich, da sie mehr oder weniger große Verfälschungen in sich bergen würden, die vom Umfeld beeinflußt, nicht nachvolziehbar wären.

Natürlich werden derlei Kriterien schon [und eine große Anzahl anderer] auch zur Beurteilung der Händigkeit herangezogen, aber erst die Summe aller ausgewerteter Testergebnisse gibt aufschluß, welche jeweillige Händigkeit (mit größter Wahrscheinlichkeit) vorliegt.


Mich würde aber jetzt noch ersthaft einmal interessieren, wie Du feststellen konntest (wie du das gemessen hast), das Arme und Beine WENIGE Millimeter unterschiedlich lang sind. das scheint mir eigentlich unmöglich.


Olli

Dr. Noll
24.09.2003, 13:03
Abgesehen davon, ob die Eigenmessung tatsächlich um wenige Millimeter gelingen kann (genaue Messungen wurden an Skeletten vorgenommen) ist Asymmetrie der Extremitäten (aber auch der anderen Knochen) bereits früh (in den 60er Jahren)untersucht worden.

Sovak fand beispielsweise, dass Rechtshänder in 75-80% auch einen stärker ausgebildeten rechten Arm haben, bei 10% waren beide gleich, entsprechend bei 10-15% der linke Arm stärker, bei Linkshändern anders (50-60% - 10% - 30-40%, in umgekehrter Folge).

Dagegen waren die Beine bei beiden gewöhnlich links etwas länger (52% der Fälle, gleichlang in 32%).

So sollen auch u.a.die Venengeflechte unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Allerdings genügt keines dieser Merkmale einer statistischen Signifikanz und damit ist auch die Validität nicht gegeben, entsprechend auch Spezifität und Sensitivität der Befunde nicht von Bedeutung. Genaue Zahlen in Prozenträngen u.ä. sind meines Wissens nach nicht veröffentlicht worden und machen auch wenig Sinn, wie Olli bereits bemerkte, denn nach Dr. Sattler handelt es sich bei Händefalten oder Arme-übereinander-schlagen um Angewohnheiten, die nichts mit der Händigkeit zu tun haben. Sie spielen bei der Händigkeitstestung keine Rolle.

Sovak kommt zu dem Schluss, dass die Gesamtheit der Asymmetrien paariger Organe und Knochen mit zunehmend höherer Entwicklung des Individuums zunimmt und Ausdruck der stärkeren Nutzung der dominanten Seite sein kann; je weniger weit sich ein Organismus im evolutionären Sinne entwickelt hat, um so symmetrischer ist seine Struktur - so Sovaks abschliessende Vermutung.

Eine dichtere Datenlage ist immer von Vorteil bei der Auswertung. Ob aber ein Forscher sich diese Mühe machen möchte bei dem zu erwartenden nicht signifikanten Ergebnis, ist eine andere Frage. Ich schätze, die meisten werden es vorziehen, sich den für einen selbst spannenderen Fragen zuzuwenden.


Dr. Noll

Libertin
24.09.2003, 20:02
Hallo Olli,


meine Beine habe ich natürlich selber nicht messen können, die hat jemand anders mal gemessen (auch ein Orthopäde hat mal vor Jahren am Becken eine Beindifferenz von ca. ½ cm festgestellt und wollte mir Einlagen verschreiben, wollte ich aber nicht haben, bis jetzt habe ich damit auch keine Probleme), meine Arme habe ich noch nicht gemessen, bei meinen Händen kann ich mich an meinen Handwurzelgelenken orientieren, hier beträgt die Differenz ca. 7-8 Millimeter, auch mein linker Fuß ist ein klein bisschen größer und bei meiner mimischen Muskulatur ist meine linke Wange auch etwas kräftiger, ansonsten ist insbesondere Armumfang rechts deutlich kräftiger – hatte allerdings als Pseudorechtshänder fast nichts mit links gemacht – durch die Rückumschulung gleicht sich das inzwischen langsam etwas aus.

Was das An- und Auskleiden sowie das Händefalten anbelangt, also DAS habe ich bestimmt nicht nachgeahmt – meine pseudorechtshändigen Tätigkeiten dagegen schon eher!!! Noch vor wenigen Monaten, hatte ich selber auch steif und fest geglaubt Rechtshänder zu sein. Ein anderer, der auch betroffen ist, hat mich daraufhin gewiesen, ich habe zuerst zu ihm gesagt: „du spinnst, ich bin 100% Rechtshänder – bis ich die Bücher von Frau Dr. Sattler gelesen habe, das trifft fast alles auf mich zu, auch meine Kindheit, meine vorlieben für Kunst und Ästhetik, die ganzen dort beschriebenen Charaktereigenschaften, meine Abneigungen gegen Mannschaftsportarten, etc…


Mein persönlicher Eindruck ist jedoch, das dieser Daumentest schon von der Tendenz her stimmig ist – ich kenne allerdings auch Linkshänder, bei denen der rechte Daumen oben liegt, ich kenne allerdings keinen einzigen „echten“ Rechtshänder“ bei dem der LINKE Daumen oben liegt. Mein Eindruck, wenn der linke Daumen oben liegt besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit Linkshändigkeit oder Pseudorechtshändigkeit. Manchmal denke ich schon sogar ich erkenne viele Links- und Rechtshänder schon von Weiten an der gesamten Ausstrahlung und Körperhaltung.


Lieben Gruß, Libertin