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Vollständige Version anzeigen : linkshändige Tochter schreibt freiwillig mit rechts?


Petra-Gast
07.04.2003, 16:29
Hallo im Forum,

vielleicht können mir hier erfahrene Linkshänder helfen?

Als unsere Tochter 4 1/2 Jahre alt war, fiel im Kindergarten u. A. auf, dass sie die Bastelschere in der rechten Hand immer "einmal um die Achse drehte". Es häuften sich die Hinweise, sie könnte ein linkshändiges Kind sein, und wir ließen es in einer Linkshänderberatung testen. Heraus kam: ein linkshändiges Kind, dass aber noch oft im Handgebrauch wechselt. Die Empfehlung: Schwungkreise mit links malen, um die linke Hand zu stärken. Tja, allerdings ist unser Kind ein "Kopfkind" und hat beschlossen, kein Linkshänder sein zu wollen und machte fortan alles mit rechts. Wir haben sie gewähren lassen. Als sie 6 1/4 war, bekamen wir eine Rückmeldung aus dem Kindergarten, dass es mit der Feinmotorik doch arg hapert. Also trat ich die Flucht nach vorn an und erklärte unserem Kind, es möge sich drauf besinnen, dass es linkshändig sei und die Dinge mit links versuchen. Und siehe da, sie akzeptierte es plötzlich, und viele Dinge, wie weben zum Beispiel, klappten mit links viel besser. Sie ist auch stolz darauf, linkshändigkeit zu sein, weil ich das durchaus positiv besetzt habe („viele berühmte Erfinder sind Linkshänder...“) aber sie malt und schreibt beharrlich weiter mit rechts. Bittet mich auch, sie zu erinnern, es mit links zu versuchen, stellt dann aber fest, „ich mal dies jetzt doch mal eben mit rechts“. Links malt und schreibt sie genauso schön oder sogar schöner. Wir haben ihr eine Linkshänderschreibunterlage gekauft und anderes „Handwerkszeug“ auf das sie sehr stolz ist, aber sie malt und schreibt weiter mit rechts. Sie ist jetzt fast 7 Jahre und wird im Sommer eingeschult.

Und jetzt? Was soll ich tun? Ich kann sie schließlich nicht zwingen, mit links zu schreiben...

Gruß aus GE

Petra

Petra-Gast
07.04.2003, 16:46
Ach ja, jetzt bekomme ich nämlich, z. B. von den Kindergärtnerinnen, zu hören: sie ist ja gar nicht wirklich linkshändig, sonst würde sie nicht mit rechts malen. Man sollte die Händigkeit für das Kind auch gar nicht thematisieren, dass müßte "aus dem Bauch raus" kommen. Nun gut, aber woher soll unsere Tochter dann wissen, dass sie besser eine Linkshänderschere benutzt? Das arme Mädchen hat bestimmt bald genug von diesem Links-rechts-trara, was mach ich nur?

Petra

Ursa
08.04.2003, 09:10
Hallo Petra,

mein Sohn hat sich vermutlich auch selbst umgeschult, nur das wir als Eltern damals nicht gedacht haben, das sowas passieren kann. Jetzt ist er fast zwölf und es ist sicher sehr schwierig, da noch zu korrigieren, obwohl er es sich durchaus vorstellen kann (wir lassen ihn demnächst testen).

Ich denke, ihr habt ja noch ein wenig Zeit bis zur Einschulung. Vielleicht könntet ihr mehr Spiele machen, die die Feinmotorik üben, als dass sie malt und schreibt. Dabei nimmt sie ja vielleicht eher die eigentlich dominante Hand, als sie es bei dem lange eingeübten Malen und Schreiben macht.

Es gibt da ein ganz nettes Buch: "Geschickte Hände" von Sabine Pauli und Andrea Kisch, verlag modernes lernen - Dortmund.

Gruß von Ursa

Susanne
08.04.2003, 10:37
Hallo,

ich denke, bei Eurer schwierigen Situation passiert etwas auf mehreren Ebenen. Einerseits möchtest Du das Beste für Dein Kind, aber jeder sagt etwas anders, was das Beste ist, und besonders Deine Tochter hat ihren eigenen Wilen. Dazu kommt dann, das viele Leute (ich meine die Erzieherinnen) immer noch meinen, ein Kind müsse doch selber wissen, mit welchen Hand es schreiben will, ohne dabei zu berücksichtigen, wie leicht ein Kind sich selber umschulen kann. Und das unterscheidet sich keineswegs vom Umschulen durch andere! Es kann also trotzdem all die negativen Auswirkungen haben wie Konzentrationsschwächen, Bettnässen etc. Es wäre ja nicht das erste Kind, das in der ersten Klasse bei den Drucksbuchstaben mit der rechten Hand noch gut zurechtkommt und dann in der zweiten oder dritten Klasse immense Schwierigkeiten bekommt, wenn es auf die Schreibschrift zugeht. Und dann ist es für eine Rückschulung oft zu spät.

Ich denke, diese drei Fragen könnten Dir ev. weiterhelfen:

1. Für wie wichtig hälst Du die Sache, wieviel Energie steckst Du rein?
2. Wie kannst Du Deine Tochter überzeugen?
3. Wie kannst Du alle anderen überzeugen? Dazu gehören die Erzieherinnen, aber auch Familienmitglieder.

1. Für wie wichtig hälst Du die Sache, wieviel Energie steckst Du rein?

Zunächst einmal könntest Du Dich weiter informieren. Das kannst Du auf der Seite http://www.linkshaenderseite.de/index.html tun und Dir Bücher von Frau Dr. Sattler besorgen, ev. über eine Bücherei. Ich an Deiner Stelle würde alles Menschenmögliche daransetzen, ihre Schreibhand auf links festzulegen. Ich halte das für immens wichtig! Mit welcher Hand sie schneidet, dagegen für nicht so sehr relevant. (Das deckt sich auch, soweit ich mich erinnere, mit den Infos in Frau Dr. Sattlers Büchern.)

2. Wie überzeuge ich meine Tochter?

Deine Tochter zu überzeugen, dürfte allerdings schwer sein.

Meine Tochter wollte mit vier "wie der Papa schreiben". Damals habe ich sie auch testen lassen. Zum Glück verwechselte sie damals noch rechts und links und ich habe ihr tunlichst nicht beigebracht, wo rechts und links ist, bis sie sich an links gewöhnt hatte. Geholfen hat, das ein älteres Nachbarskind, das sie bewundert, Linkshänderin ist. Und dass die Erzierhinnen im Kindergarten mit allen Kindern über die Linkshänderscheren gesprochen hat, es waren auch besodners scharfe Linkshänderscheren da. Aber wie gesagt, Scheren sind vergleichsweise unwichtig, wichtig ist die Schreibhand, und zwar vor Schulbeginn! Meine Tochter kommt dieses Jahr auch zur Schule und ich denke, ich kann nachfühlen, in welcher Zwickmühle Du steckst. Meine Tochter hat auch ihren Willen und läßt sich nich tmehr unbedingt von mir selber überzeugen, wenn der Arzt etwas zu ihr sagt, zählt das einfach viel mehr bei ihr. Vielleicht könntest Du jemanden finden, der sich mit ihr darum kümmert kann.


Erste Wahl wäre sicherlich eine Linkshänderberatung mit Kursen für linkshändige Kinder.


Falls das überhaupt nicht in Frage kommt, wäre ev. auch ein Rezept für eine Ergotherapeutin vom Kinderarzt möglich, dazu würde ich mal konkret eine Ergotherapiepraxis ansprechen und dort nachfragen, und mir dort sagen lassen, bei welchem Kinderarzt man um welches Rezept bitten sollte.


Und wenn auch das alles nichts hilft, kann ev. eine Freundin der Familie, die mit den Unterlagen von Frau Dr. Sattler mit ihr "arbeitet", Euch unterstützen, oder eine engagierte Studentin oder Lehrerin. (Meine Tochter würde das nur mit einer Frau machen wollen, aber vielleicht würde Deine auf einen Mann eher ansprechen?)


3. Wie überzeuge ich andere Erwachsene?

Um Erwachsene zu überzeugen, braucht man häufig auch etwas "Schriftliches" wie ein Testergebnis oder eine ärztliche Anweisung. Besonders Erzieherinnen, die da ja überhaupt keine Kompetenz haben, selbst die meisten Kinderärzte haben da ja wenig Ahnung von Händigkeit, neigen dazu, einen in die Schublade "hysterische Mutter" zu stecken, wenn sie von etwas nicht selbst überzeugt sind.

Ich hoffe sehr, Dass Du eine Lösung finden kannst.


Liebe Grüße
Susanne mit fünfjähriger Tochter

annabell
08.04.2003, 17:07
Hab mal irgendwo gelesen, dass die Händigkeit im Vorschulalter noch nicht unbedingt festgelegt ist - von daher würde ich empfehlen, noch einmal einen Test zu machen oder sich zumindest nochmal beraten zu lassen!

Allzuviel schieben in eine Richtung halte ich nicht für gut: Stell dir mal vor, es gibt wirklich eine Beidhändigkeit und die wird unterdrückt oder das Kind ist tatsächlich RH und hatte im Testzeitraum lediglich eine Probephase (meine Kinder sind RH - da ich LH bin, haben aber alle mal probiert, mit meiner Schere zu schneiden, links zu malen etc.)...

Wichtig ist die Vermittlung, das LH okay ist - das geschieht bei euch offensichtlich, so daß ein Druck/ Zwang in Richtung RH ausgeschlossen sein sollte. Es sollte aber m.E. auch umgekehrt kein Zwang zur LH draus werden, dass kann genauso katastrophale Folgen haben, wie die Umschulung von LH auf RH!

Deine Tochter lebt eben zur Zeit beidhändig und sollte selbst probieren, was ihr mehr liegt und selbst wenn sie alles mit links macht aber mit rechts schreibt/ malt denke ich nicht, dass es zu Störungen kommen muss.

Checkt nochmal Euer Umfeld, ob es vielleicht doch irgendeinen Druck in Richtung RH (oder LH!) gibt, ansonsten ruhig bleiben, abwarten, zutrauen - kein gesundes Kind "zerstört" sich freiwillig selbst!

Gruß
anna

Jeannine
08.04.2003, 18:27
Ach ja, jetzt bekomme ich nämlich, z. B. von den Kindergärtnerinnen, zu hören: sie ist ja gar nicht wirklich linkshändig, sonst würde sie nicht mit rechts malen. Man sollte die Händigkeit für das Kind auch gar nicht thematisieren, dass müßte "aus dem Bauch raus" kommen. Nun gut, aber woher soll unsere Tochter dann wissen, dass sie besser eine Linkshänderschere benutzt? Das arme Mädchen hat bestimmt bald genug von diesem Links-rechts-trara, was mach ich nur?

Petra


Hallo,Petra

Das Argument der Kindergärtnerin, das Kind soll „aus dem Bauch heraus“ agieren, finde ich sehr riskant. Viele Dinge kann ein Kind gar nicht abschätzen, ob diese gut sind. Wenn es unbekannte Beeren entdeckt und darauf Hunger verspürt, erkennt es nicht immer die Gefahr, ob diese giftig sind. Ich habe einige Jahre als Kindergärtnerin gearbeitet und anbei einen Jungen betreut, welcher absolut seine Brille nicht tragen wollte. Der Vater schaffte es nicht, ihn zu überreden und der Augenarzt versicherte dem Vater, wenn der Junge nicht die Brille trägt, kann er sich irgendwann einen Blindenhund besorgen...Ich habe dann versucht mit dem Jungen ganz sachlich zu reden -> habe Kindgerecht alles erklärt. Der Junge hat die Brille danach gerne getragen und mit Vorliebe gebastelt. Vielleicht solltest Du mit Deiner Tochter auch noch mal sprechen. Z.B. mit Hilfe einer geknackten Walnuß, die ein Gehirn darstellt. Erkläre ihr, das es Menschen gibt, die mehr mit der linken Hälfte denken und Menschen, die mehr mit der rechten Hälfte denken. Das man sich darüber nicht ärgern muß, wenn man Linkshänder ist. Selbst wenn Freunde mit der rechten Hand malen und man genauso sein möchte wie die Freunde! In der Schule hat Sie dann den Vorteil, viel besser zu lernen und schneller mit den Hausaufgaben fertig zu werden -> dadurch auch viel mehr Zeit zum spielen. Du kannst ihr ja noch erzählen, das Menschen früher schon einmal versucht haben, mit beiden Händen gleich gut zu schreiben, weil sie dachten, man wird dadurch viel besser in der Schule -> leider ist der Versuch falsch gewesen und die Schüler machten viel mehr Fehler! (dieser Versuch hat in den zwanziger Jahren stattgefunden). Warum ich das alles so erzähle? Weil ich selbst umgeschult wurde und mir früher niemand erklärt hat, warum es falsch ist, mit der linken Hand zu agieren. Ich kenne eine Frau, welche sich als Kind selber umgeschult hat -> auch aus dem Bauch heraus. Sie schreibt mittlerweile nur noch in Druckbuchstaben, weil die Schrift sonst unleserlich ist und leidet unter Lernproblemen. In einigen Büchern wird erwähnt, das manche Kinder sich sehr spät entscheiden, mit welcher Hand sie letztendlich agieren. Vielleicht solltest Du noch einmal den LH-Berater als Absicherung konsultieren?!


Viele Grüße von Jeannine

Petra-Gast
08.04.2003, 21:57
Vielen vielen Dank für eure Anteilnahme und die Tips! Die Bücher von Frau Dr. Sattler habe ich gelesen, besonders beeindruckt hat mich das Buch "Die Psyche des linkshändigen Kindes". Unsere Tochter fiel schon im Kindergarten früh auf, weil sie in einigen Dingen "anders" war als die anderen und in dem Buch fand ich nun plötzlich die Erklärungen für ganz viele Wesenszüge, das Buch hat mich durch die Erklärungen, dies es bietet, regelrecht glücklich gemacht...

Heute hatte ich mich telefonisch mit einer Ergotherapeutin in Verbindung gesetzt, die mich leider nur telefonisch beraten konnte, weil sie absolut keine Termine mehr frei hat, aber sich sehr sicher war: “wenn das Kind mit fast 7 Jahren noch in der Händigkeit unbeständig ist, dann liegt da noch ein anderes Problem vor.“ Nämlich eine Wirbelblockade, auf die wir unsere Tochter auf alle Fälle mal untersuchen lassen sollten. Das fand wiederum unser Kinderarzt eher abwegig, der meint, in Holland gäbe man den Kindern bis zur zweiten Klasse Zeit, die Händigkeit zu entwickeln. So. Jetzt habe ich aber dennoch bei einer anderen Ergothereutin einen Termin für eine erneute Händigkeitsuntersuchung bekommen, die allerdings nicht nach dem Prinzip von Frau Dr. Sattler arbeitet, sondern den Handpräferenztest von Ute Steding-Albrecht verwendet, der zwischen „Leistung und Handlung“ unterscheidet. Hat jemand damit Erfahrungen gemacht?

Bin sehr gespannt auf eure Antworten

Petra

Tine
08.04.2003, 22:55
Hallo Petra!

Zu der Händigkeitsuntersuchung kann ich leider nicht sagen.

Aber wenn sich die LH bestätigt, wäre ich auch dafür, sie unbedingt (wieder) auf Links zu schulen!

Gerade wenn sie so ein "Kopfkind" ist, lohnt es sich sicher ganz ehrlich mit ihr darüber zu reden.

Eventuell auch in Büchern Abbildungen vom Gehirn aunschauen und in Ansätzen erklähren, was da so abläuft. Auch wenn sie es nicht so ganz versteht, beeindruckend wirkt es sicher.

Ihr auch erklären, daß es schwierig ist, sich Falsches wieder abzugewöhnen und daß es sicher manchmal anstrengend sein wird, aber sie wird das schaffen, gabnz sicher!

Warum hat sie eigentlich damals beschlossen "kein LH" sein zu wollen?

Ich finde auch die Idee gut, sie mit einer älteren Kind bekannt zu machen, daß Links schreibt und betont, wie gut das geht. Ist nur sicher schwierig, ohne daß es Krampf wird.

Was ich mir nicht so recht vorstellen kann, ist, wie man Kindern bis zur 2. Klasse freie Wahl lassen kann. Ich fände es ja nicht schlecht, aber wie setzt man das praktisch um?

Läßt man alle Kinder alles immer mit beiden Händen tun? (Schreiben?) Oder wird lediglich ein wechselnder Handgebrauch ignoriert? (hier hätte ich Angst wegen einer ungewollten Umschulung..)

Ich wünsch euch, daß ihr die richtige Entscheidung trefft und auch gute Ideen habt, sie umzusetzen.

Christine
09.04.2003, 11:21
Liebe Petra,

als mein Sohn noch nicht zur Schule ging, stellte ich fest, dass er fast alle Tätigkeiten mal mit der linken und dann wieder mit mit der rechten Hand ausführte. Ich maß dem keine besondere Bedeutung bei, denn ich ging davon aus,

dies sei ein Zeichen der kindlichen Entwicklung von Grob- und Feinmotorik.

Keine Erzieherin sprach über Auffälligkeiten.

Die Lehrerin der ersten Klasse berichtete mir beim Elternabend, dass mein Sohn zwar rechts schreibt, sich aber links meldet. Auch neue Buchstaben, die mit der Hand zuerst in die Luft "gemalt" werden, führte er links aus. Wir liesen ihn von Frau Dr. Sattler testen. Ergebnis: er ist Linkshänder, schrieb und malte aber wie die anderen freiwillig rechts, weil er kein Aussenseiter sein wollte. Könnte es sein, dass auch deine Tochter von dieser Motivation geleitet wird? Das spräche auch gegen die von dir geschilderte Meinung der Kindergärtnerin "sie ist ja gar nicht wirklich linkshändig, sonst würde sie nicht mit rechts malen".

Nun, in den ersten Klassen war das Schriftbild gut. Aber die Geschwindigkeit und die Fülle der zu schreibenden Texte nimmt mit jeder Jahrgangsstufe deutlich zu. Jetzt ist unser Sohn in der elften Klasse. Es gibt Lehrer, die sich weigern, seine Arbeiten oder Teile davon wegen schwer lesbarer Schrift zu korrigieren. Was nicht korrigiert wird, gibt keine Punkte. Wenig bzw. keine Punkte bedeutet schlechte Noten. Eine Lehrkraft sagte mir, es seien bereits Abiturarbeiten aus diesem Grund abgewiesen worden. Sollen hochintelligente Kinder wirklich in der Schule scheitern - nur weil sie nicht mit der dominanten Hand schreiben?

Ich möchte dir damit keine Angst machen, eher darauf hinweisen wie wichtig es ist, die dominante Seite vor der Einschulung zu kennen, auch wenn deine Tochter offenbar bald genug von diesem Links-Rechts-tratra hat. Natürlich kannst du sie nicht zwingen, mit der linken Hand zu schreiben und eine Rückschulung ist möglich, aber nach Frau Dr. Sattler ein erheblicher Eingriff ins Gehirn. Vielleicht kannst du über Fr. Dr. Sattler, Beratungsstelle für Linkshänder, Sendlinger Str. 17, 80331 München, Tel. 089/268614 eine Adresse bekommen, die euch weiterhilft.

In manchen Bundesländern gibt es übrigens Schulen, die den gesamten Unerricht auf PC abwickeln. Dort haben Links- und Rechtshänder gleiche Chancen. Vielleicht ist das an eurer Schule so.

Liebe Grüße an dich und deine Tochter
Christine

Kirstin Krap
09.04.2003, 13:20
Es gibt Lehrer, die sich weigern, seine Arbeiten oder Teile davon wegen schwer lesbarer Schrift zu korrigieren.


Also, das passiert aber vielen rechtshändigen Schülern auch. Mein Bruder (Rechtshänder ohne jegliche Tendenzen zu links) hat sich auf die Weise auch durchs Abi gezittert, weil die Lehrer ihm damit gedroht haben, seine Arbeiten nicht mehr zu korrigieren, wenn er nicht leserlicher schreibt.


Meine Schwester (jetzt auch 11.Klasse und Rechtshänderin) hat ebenfalls eine ziemliche Sauklaue. Ich selbst hatte meiner schon im Grundschulalter, damals meinte meine Klassenlehrerin, ich solle doch mit der Doktorschrift warten, bis es soweit sei.


Heute habe ich von meinen Geschwistern noch die leserlichste Schrift...

Kirstin

Petra-Gast
09.04.2003, 13:59
Als sie damals beschlossen hat, kein LH sein zu wollen, war sie fast 5 Jahre alt, und zu dem Zeitpunkt wußte sie haargenau, wo rechts und links ist. Ich nehme an, sie wollte kein LH sein, weil sie gemerkt hat, dass das irgendwie Umstände macht. Sie war damals in logopädischer Behandlung und konnte sich nicht genau erklären, meinte aber, der Logopäde hätte gesagt, man schreibt mit rechts. Als ich ihn darauf ansprach, wies er (übrigens selbst ein umgeschulter LH) das weit von sich. Nun gut, gesagt hat er es vielleicht wirklich nicht, aber ich bin sicher meine Tochter hat es aus irgendeinem Grund so aufgefaßt. (Vielleicht durch Beobachtung?) Wir konnten das letztendlich nicht klären, weil er nur empört reagiert hat und das Kind sich wie gesagt noch nicht richtig erklären konnte. Da wir aber aufgrund eines Umzugs mit dem Logopäden weiterhin keinen Kontakt hatten, haben wir das auf sich beruhen lassen. Wir haben sie dann ein Jahr lang wurschteln lassen, sie vergaß auch irgendwann, wo rechts und links ist. Als dann die Ungeschicklichkeit beim Basteln mit der Schere auffiel und ich sie halt an ihre "linke Hand erinnerte" haben wir sogar am Anfang Tricks verwendet wie ein Armband tragen, damit sie weiß wo links ist. Für den Kindergarten habe ich LH-Scheren besorgt, mit denen das schneiden jetzt prima geht.Und jetzt haben wir kurioserweise die Situation, dass sie stolz ist LH zu sein, aber eben beharrlich rechts schreibt und malt, und ich mich frage, rede ich ihr die LH nur ein. Nun gut, nächste Woche testen wir noch mal (ich werde meiner Tochter den Test als Schuluntersuchung verkaufen, damit sie unbefangen hingeht). Und wenn dann wieder LH rauskommt, werde ich ihr dir Notwendigkeit des Linksschreibens noch einmal erklären.

Danke euch allen

Petra

Katja Allani
09.04.2003, 17:49
Hallo Petra,

wenn deine Tochter nächste Woche den LH-Test macht, vielleicht sollte der Testleiter/ die Testleiterin das Ergebnis mit deiner Tochter (mit der Konsequenz mit der entsprechenden Hand schreiben zu lernen) besprechen.

Bei meinen Töchtern habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie auf andere Meinungen oft mehr hören als auf meine und in manchen Situationen Zurückhaltung mehr hilft als viel Reden.

Viele Grüße

Katja Allani

Christine
09.04.2003, 19:07
Liebe Kirstin,

natürlich passiert es auch rechtshändigen Schüler(inne)n, dass Teile einer oder die gesamte Arbeit mangels leserlicher Schrift nicht korrigiert werden. Aber wenn jemand mit seiner dominanten Hand schreibt, hat er/sie es leichter lesbar zu schreiben als eine Person, die einen so komplexen Vorgang wie das Schreiben mit der nicht dominanten Seite bewältigen muss.

Es ist ja nicht nur die Feinmotorik alleine. Auch die Vorgänge im Gehirn sind im Falle des Schreibens mit der nicht dominanten Hand deutlich komplexer. Das bedeutet erheblich mehr Aufwand und dadurch wesentlich schnellere Ermüdung als dies bei Rechtshändern die rechts schreiben oder Linkshändern die links schreiben der Fall ist.

Hervorragende Literatur zu diesem Thema:

"Der umgeschulte Linkshänder oder Der Knoten im Gehirn" von Dr. Johanna Barbara Sattler (ISBN 3-403-02645-0).

Christine


Also, das passiert aber vielen rechtshändigen Schülern auch. Mein Bruder (Rechtshänder ohne jegliche Tendenzen zu links) hat sich auf die Weise auch durchs Abi gezittert, weil die Lehrer ihm damit gedroht haben, seine Arbeiten nicht mehr zu korrigieren, wenn er nicht leserlicher schreibt.

Meine Schwester (jetzt auch 11.Klasse und Rechtshänderin) hat ebenfalls eine ziemliche Sauklaue. Ich selbst hatte meiner schon im Grundschulalter, damals meinte meine Klassenlehrerin, ich solle doch mit der Doktorschrift warten, bis es soweit sei.

Heute habe ich von meinen Geschwistern noch die leserlichste Schrift...

Kirstin

Petra-Gast
23.04.2003, 18:37
Hallo,

da bin ich ich wieder. Noch ein Test ist also gemacht... war nett. Ich hatte ihn meiner Tochter als "Schuluntersuchung verkauft", damit sie unbefangen hingeht. Als erstes sollte sie ihren Namen schreiben, und ihre Frage war dann direkt: "Mit rechts oder links?" Sie durfte natürlich wählen, hat sich dann nach einigem Überlegen für links entschieden. Sie hat danach eigentlich alles mit rechts gemacht, wobei sie die linke Hand (Faust!) immer auf der Tischplatte hielt und sogar Sachen für die man eigentlich beide Hände braucht hat sie nur mit einer (rechts) versuchte. Die Schere nahm sie in die linke Hand, und zwei Sachen die sie noch nie gemacht hatte machte sie mit links. Dann gab es Punktier- und Strichübungen, die gleiche Übung jeweils für rechts und für links, wobei Genauigkeit und Schnelligkeit bewertet wurden, und siehe da: die rechte Hand schnitt besser ab.... nach Meinung der Testenden also ein rechtshändiges Kind.

Schöne Grüße
Petra

Petra-Gast
25.04.2003, 08:24
Die Testende hatte eher die Vermutung, meine Tochter möchte LH sein, weil man dann so schöne Sachen bekommt... wir haben ja jede Menge schöne Dinge für Linkshänder gekauft, unter anderem eine Schreibunterlage, die meine Tochter heiß und innig liebt. Wir haben dann auch mit Hilfe der Unterlage Malübungen aus dem Übungsheft gemacht, meine Tochter war Feuer und Flamme, das ließ allerdings schnell nach, über die ersten paar Seiten sind wir nicht hinausgekommen. Jetzt fragte sie mich, ob sie wohl auch einen LH Füller bekäme. Meine Antwort:"Aber du schreibst doch gar nicht mit links." "Doch, manchmal schon" behauptete sie. Stimmt aber eigentlich nicht. Sie ist eigentlich sehr stolz drauf LH, zu sein, sich dann im Test als RH zeigen zu wollen zeugt, finde ich, von einem ziemlichen Durcheinander im Kopf. Aber ich sehe auch, egal ob sie nun LH oder RH ist, dass ich sie im Moment nicht bewegen kann, links zu üben, und auch so rum kann ich sie schließlich nicht zwingen. Ich wollte ihr jetzt sagen, dass sie halt mit beiden Händen gut ist, damit sie sich jetzt nicht nur auf rechts festlegt und die linke wenigstens immer wieder mal probiert.

Schöne Grüße und danke für die Antwort

Petra

Dr. Noll
26.04.2003, 16:31
Hallo zusammen,

hier ist, denke ich, dringend eine zweite Meinung angebracht, um endlich Klarheit zu bekommen, welche Hand nun wirklich dominant ist.

Ich würde an Ihrer Stelle nicht zögern, nach München zu fahren und Frau Dr. Sattler selber testen zu lassen !

Denn jetzt die falsche Hand fördern hieße viel eventuell, einiges kaputt zu machen.


Mfg

Dr. Noll

JP83
22.07.2007, 18:51
Nun, Kinder fassen oft Dinge anders auf als man es mitbekommt.
Ich zum Beispiel habe als Kleinkind durch ein Missverständnis vermittelt bekommen, dass ich mit rechts schreiben sollte. Was ich davon habe: Damals habe ich eine Schmierschrift gehabt, bin in der Schule nur angepöbelt worden, weil ich für alles ewig brauchte. Nun begann ich links und rechts zu verwechseln und alles verschlimmerte sich.. Ab der 5. Klasse ging es dann wieder: Ich war plötzlich ganz vorne in der Klasse und konnte alles. Nur beim Rechnen und Schreiben war ich immernoch relativ langsam. erst ab der 9. Klasse konnte ich schnell schreiben, wie andere auch.
Ja, was hatte ich denn noch? Agressionsausbrüche und so weiter, alles zurückzuführen auf dieses links-rechts-Getu.. Und meine Grundschullehrerin hat wohl auch mit dran schuld, weil ich einen Tischnachbarn hatte, der mit rechts schrieb, so sind wir immer aneinandergestoßen als ich doch mal mit links schreiben wollte, also musste ich mit rechts weiterschreiben und machte immer dieses gekritzel.
Heute ist meine Schrift mit links übrigens gleich gut wie mit rechts, obwohl ich das nie geübt habe.
Es gibt keinen Vorteil, wenn man mit rechts schreibt und das sollte man den Kindern mal vermitteln.

MonikaJ
29.07.2007, 18:39
Nun, Kinder fassen oft Dinge anders auf als man es mitbekommt.
Ich zum Beispiel habe als Kleinkind durch ein Missverständnis vermittelt bekommen, dass ich mit rechts schreiben sollte. Es gibt keinen Vorteil, wenn man mit rechts schreibt und das sollte man den Kindern mal vermitteln.

Hallo JP83,
Mit Interesse habe ich Deinen Beitrag gelesen.

Ja, es stimmt, man hat keinen Vorteil wenn man als Linkshänder mit der rechten Hand schreibt.
Im Gegenteil.
Ich bin gerade dabei mich zurückzuschulen auf meine linke Hand als Schreibhand, und das ist gar nicht so einfach.

Wie hast Du das denn gemacht? Einfach gewechselt?
Schreibst Du heute nur noch mit links?

Ich denke, wir Linkshänder würden unsere Kinder niemals dazu anhalten, mit rechts zu schreiben.
Aber viele rechtshändige Eltern wissen es ja nicht besser.
Vielleicht können wir in unserem persönlichen Umfeld ja helfen, aufzuklären.

Gruß, Monika