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Rosi
25.08.2005, 17:26
Hallo Ihr alle!


Bin Linkshänderin und neu hier im Forum. Habe gerade nach einer elektrischen Töpferscheibe für Linkshänder angefragt und nun noch ein wenig gestöbert. Dabei bin ich u.a. bei Dir, Joan, *zwinker* auf folgenden Satz gestoßen:


> Ich habe kein Problem damit zuzugeben, das ich besonders in Bezug auf dieses Thema sehr unsicher bin, weil ich weiß, was man mit einer Fehlentscheidung alles anrichten kann.


Auch Holly *Huhu, Holly!* macht einige Anmerkungen und was Umdressur u.a. psychischer Art anrichten kann. Natürlich bin ich froh, das man mich immer mit links machen lies, wie ich wollte. Mit meiner rechten Hand bin ich aber auch so was von ungeschickt! Aber man wird als Linkshänder doch sehr in seinen Entfaltungsmöglichkeiten beschnitten. Sage nur Töpferkurs. *grummelgrummel* Was mich furchtbar ärgert nehmen viele anderen Linkshänder, die ich kenne, einfach so hin. Wie sehr sie das psychisch belastet, keine Ahnung. Zeigen tun sie zumindest nichts dergleichen. Ich sehe nicht ein, mich fügen zu müssen. Meistens finde ich für mich auch eine Lösung mit Hilfe der ich mit links machen kann. Bedeutet natürlich schon immer einen immensen Aufwand, meist auch nur Notlösungen. Da ist schon immer mein tatsächlicher Wille und mein Interesse entscheidend. Da komme ich meistens wenig in die Verlegenheit, etwas mal nur eine Weile aus Spaß zu machen, oder zu testen, da will alles vorher schön geplant und durchdacht sein. Naja, ehrlich gesagt, habe ich deshalb auch kein Handwerk zum Beruf gewählt, sondern bin Übersetzerin geworden...

Was für Probleme hast Du nun durch Deine Umdressur? Bist Du nun nicht sogar beidhändig geschickt? Du kannst doch wirklich alles machen, oder nicht?


Noch einer Deiner Sätze, über den ich gestolpert bin:

> Eine eigene Rückschulung kommt aus mangelnder Zeit für mich leider noch nicht in Frage. Aber das Thema ist noch nicht abgehakt.


Wieso Rückschulung? Was musst Du denn schulen, was Du nicht von Geburt an kannst? Vielleicht Schreiben? Aber ist das für einen geborenen Linkshänder denn so schwer, einfach mal mit links zu schreiben? Meine umdressierte Oma konnte sogar mit beiden Händen gleichzeitig schreiben. Von der Mitte aus, rechts normal und links gespiegelt. Interessiert mich wirklich.

Und noch etwas interessiert mich, was Susanne geschrieben hat – Hallo Susanne!: Inhaltlich hat ihre Tochter ein Problem mit der Überkreuzung der Mittellinie, was ursächlich mit einer unvollständigen Vernetzung der Gehirnhälften zu tun haben soll, richtig so? Wie kommt denn so was zustande? Wie kann man das noch fördern, oder wächst sich das selber zusammen? Kann es nicht eher sein, dass Deine und ihre Tochter eher Beidhänderin ist?


Viele Fragen, alles sehr interessant. Würde mich über Aufklärung und Antworten sehr freuen!

Schon mal Vielen Dank!


Linke Grüße

Rosi

Holly
25.08.2005, 19:23
Hallo Rosi,


da kann ich nur sagen: Du Glückliche! Dass du "echte" LH bist! Ich bin die typische Pseudo-RH und wusste das bis vor kurzem nicht mal. DAS ärgert mich auch. Nicht mal die eigene Mutter sagt einem die Wahrheit. Nee, es ist nicht so einfach, dass man dann eben mit links schreiben kann. Denn das Motorische wird ja auch ein Leben lang geübt. Hast du mal einen Erstklässler, egal, ob LH oder RH, beobachtet, wie der schreiben lernt? Das dauert, bis es ordentlich ist. Und ich hab beispielsweise nie mit links geschrieben und es ist wirklich schwierig, weil ja die Richtung eigentlich falsch ist. Ich verfalle immer noch oft in Spiegelschrift, die ich auch übrigens ganz gut und auch sehr leserlich hinbekomme. Wenn es dich wirklich interessiert, musst du mal das Buch von Johanna Barbara Sattler "Der umgeschulte LH" lesen, das hat mir echt die Augen geöffnet. Vorher dachte ich auch, mein Gott, dann bin ich eben beidhändig geschickt. Aber so einfach ist dsa leider nicht. Ich hab auch wirklich sehr mit Blackouts zu kämpfen gehabt, die ja eine unmittelbare Folge sind von der ewigen Überkreuzerei im Gehirn. Und das ist echt hinderlich, wenn man sich unterhalten will und andauernd verliert man den Faden. Grins... Kann ja auch am Alter liegen.


Das Schwierige an der Rückschulung, finde ich, ist, dass man ohne zu überlegen die linke Hand benutzt für so normale Sachen wie Essen, Schraubenzieher benutzen etc. Mittlerweile, nach ca. 5 Monaten, ist das bei mir so, dass ich nicht mehr "denken" muss, ich greife automatisch mit der linken Hand nach dem Glas oder nach der Gabel. Und ich merke jetzt langsam, dass es eben auch besser geht. Das Gehirn hat ja diese Automatismen so intus, alles eben mit rechts zu machen. Beim Schreiben ist das natürlich am Schwierigsten. Ich hab immer viel geschrieben, daher besonders. Das kann die linke Hand nicht einfach so "aufholen". Man braucht eben viel Geduld und Zeit, irgendwann wird es gehen. Was mir bei mir auffiel, ist, dass ich alles mit links gemacht habe, was ohne "Werkzeug" war. Sobald ich einen Stift, einen Löffel, einen Rührlöffel oder was auch immer in der Hand hatte, nahm ich die rechte Hand. Schon witzig irgendwie. Mittlerweile bin ich froh, dass ich weiß, dass es mit links sogar besser geht. Anfangs war jeder Handgriff Quälerei. Man muss eben alles neu lernen.


Was mich auch ärgert, dass soviele LH sich mit den Gegebenheit abfinden, dass es eben nirgends eine gescheite Schere zu kaufen gibt oder solche kleinen Dinge. Da muss ich dir Recht geben. Ich fürchte, daran ändert sich auch so schnell nix. Solange sich niemand beschwert... Mist ist das! Ich kann nur hoffen, dass mein linkshändiger Sohn keinen technischen Beruf erlernen will, in dem es nur RH-Werkzeuge gibt. DAS ärgert mich, dass dann garantiert eher ein RH eingestellt wird als ein LH.


Ich grüß dich,


Holly

Conny
26.08.2005, 08:39
Hallo Rosi,


habe gerade deinen Beitrag gelesen. Ich bin rechtshändige Mutter eines linkshändigen (leider durch Erzieher und Pädagogen umerzogen auf rechts) Kindes. Leider ist es nicht so einfach, mal eben wieder alles mit "links" zu machen. Wenn ich unseren Sohn so beobachte, weiß ich, dass es ein langer, schwieriger Weg sein wird und ich hoffe, dass er die Rückschulung auch durchhält. Noch ist er hoch motiviert und übt auch täglich. Aber das neue Schuljahr hat soeben begonnen und es bleibt abzuwarten, wie er mit steigenden schulischen Anforderungen umgeht - denn die Rückschulung fordert ja auch ganz schön Kraft.

Ja liebe Rosi, ich glaube wir beide können uns nicht wirklich vorstellen, wie schwer es für den Betroffenen ist. Um so mehr ich über die Thematik erfahre oder auch nachdenke - desto wütender werde ich. Was sind das nur für "sogenannte" Erzieher oder Pädagogen. Wenn solche Leute für die Erziehung und Bildung unserer Kinder zuständig sind -- nach dann prost -- armes Deutschland.


Liebe Grüß

Conny

Tine
26.08.2005, 11:14
Liebe Conny!


Ich kann deine Wut sehr gut nachvollziehen.


Nur denke ich, daß die Schuld nicht (allein) bei den Erziehern liegt. Es ist sicher kein böser Wille, ich denke keine Erzieherin schult ein Kind um, um ihm zu schaden. Es ist Unwissenheit, darum finde ich es so wichtig, daß informiert wird.


In meiner Erzieher-Ausbildung (Ende der Ausbildung 1988) kam das Themna LH überhaupt nicht vor, nur in Psychologie wurde mal nebenbei erwähnt, daß es vereinzelte (!) LH gäbe und daß man "extreme" Linkshänder nicht mit Gewalt umschulen soll, weil sie sonst manchmal anfangen zu stottern oder einzunässen. Im Unkehrschluß bedeutet das also einmal, daß es weniger etreme LH gibt und daß eine Umerziehung auch ohne Druck möglich ist - und daß die Umschulung in diesen Fällen demzufolge nicht schadet!?!?

Über die Hirnorganischen Abläufe haben wir nichts gelernt.


Wenn wir beim malen/zeichnen/basteln hospitiert haben, begannen die Einheiten bei den Kleineren Kindern immer mit: "So, und nun nehmen alle Kinder den Stift/die Schere in die RICHTIGE (=rechte) Hand..." Dann wurde "korrigiert".

Scheren gan es ja sowieso nur für RH und mit diesen ausgeleierten, stumpfen Kindergarten-Dingern konnte man auch mit links beim besten Willen nicht schneiden.


Wenn man selber nie mit dem Thema konfrontiert wurde (ich kanne bis dahin nur eine einzige LHin, die aber scheinbar(!) problemlos mit rechts schrieb) - wie soll man da auf die Idee kommen, daß da was grundlegend falsch läuft? Zumal es gerade in der Wendezeit noch ganz andere "pädagogische Baustellen" gab...


Wer sich nicht aus persönlichem Interesse (und das müß ja erst mal durch irgendetwas geweckt werden) mit der Thematik beschäftigt, bekommt gar nicht mit, daß es inzwischen einen ganz anderen wissenschaftlichen Stand gibt.

Ich weiß nicht, wieviele LH-Kinder ich unabsichtlich und unbemerkt umgeschult habe, weil ich einfach gar nicht auf die Idee gekommen bin (nicht kommen konnte?) daß das soooo wesentlich ist... Heute wird mir richtig schlecht bei dem Gedanken und ich könnte den Ärgere der Eltern und des Kindes gut nachvollziehen.

Aber außerdem kamen die meisten Kinder aus der Kinderkrippe, da war die Umschulung schon geschehen, wenn sie in den Kiga kamen.


Aber selbst die frisch ausgebildeten Erzierinnen meines Sohnes hatten keine Ahung. Sie wollten uns eine sogenennte "Beidhänderschere" einreden... das ist eine normale RH-Schere, bei der lediglich der Griff nicht anatomisch für rechts geformt ist. Daß es bei der Schere auf die Schneiden ankommt, wurde ihnen erst durch meine Erklärung mit großem Staunen bewußt.


Sie wollten meinem Kind mit Sicherheit nicht schaden, sie waren sehr liebevoll da. Aber ich weiß nicht, wie das mit der Händigkeit ausgegangen wäre, wenn ich nicht zufällig auf dieses Forum gestoßen wäre.


Ich finde nach wie vor, es sollte zu bestimmten Themen PFLICHT-Weiterbildungen geben. Aber es ist so, daß man Weiterbildungen selber finanzieren muß und normalerweise seine Freizeit drangibt. Tja, und da sind einfach andere Themen, die scheinbar mehr Kinder betreffen (im Kiga meines Sohnes gab es von 50 Kindern nur einen, später 2 Lh, der auch als solcher agierte), atraktiver... ist leider so...


Mit 3-5 Pflichweiterbildungen pro Jahr aus einem bestimmten Kurstplan (so läuft es in dem Klinikum, in dem mein Mann arbeitet - noch dazu sind diese weiterbildungen meis kostenlos und in der Arbeitszeit) könnte dafür gesorgt werden, daß man im Laufe der Zeit alle Themen zumindest mal tangiert und auf einen aktuellen Stand kommt. Es gibt noch andere brisannte Themen (Wahrnehmungsstörungen, ADS, Sprachauffälligkeiten, erkennen von und Umgang mit Gewalt gegen Kinder oder Missbrauch, überhaup eine "respektvollere" Pädagogik ...) bei denen ein ähnlich traurigen Zustand herrscht.


Tschüß Tine

...eine dieser "sogenannten" Erziehrinnen

Conny
26.08.2005, 12:13
Hallo Tine,

ich wollte mit Sicherheit keine pauschale Äußerung tätigen, aber versteh mich bitte, die negativen Erfahrungen auf diesem Gebiet überwiegen nun mal. Und wenn eine Erzieherin und auch die Grundschullehrin meint, mein Sohn solle doch dankbar sein, schließlich ist es leichter, wenn man rechts orientiert ist - dann ist das nicht mehr lustig, zumal wenn man weiß, wie mein Kleiner gelitten hat. Schlimm finde ich es auch - wenn trotz ständigem Bitten und Drängen sowie schriftlichen Hinweisen von Fachleuten - einfach das Ding "durchgezogen" wird. Man setzte sich einfach über die Tatsachen hinweg, und dies finde ich schon fasst kriminell. Ich habe dann die Schulpsychologin gebeten, sich das Kind im Unterrichtsgeschehen doch mal anzusehen und wenn diese Frau, obgleich ich sie nicht in die rechts-links-Problematik einbezogen habe - mich nach der Begutachtung fragt, ob es sich bei meinem Sohn um einen umerzogenen LH handelt, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Die Lehrer hatten nämlich im Vorfeld behauptet, ich würde mir das nur einreden.

Aber dennoch hast du in sofern recht, dass es immer auch andere Erzieher und Lehrer gibt. Wenn es nicht so wäre, hätte ich die Umschulung in eine andere Grundschule nicht machen brauchen. Positiver Weise haben die Lehrerinnen und Erzieherinnen dort sehr viel Verständnis. (Eins ist auf alle Fälle klar - ohne Unterstützung der Lehrer und Erzieher ist eine Rückschulung fast nicht zu schaffen und ich hoffe, dass diese Erkenntnis auch in absehbarer Zeit in die Ausbildung von Erziehern und Lehrern mit einfließt.

Liebe Grüße

Conny

Jeannine
27.08.2005, 08:02
Hallo Conny,


(Eins ist auf alle Fälle klar - ohne Unterstützung der Lehrer und Erzieher ist eine Rückschulung fast nicht zu schaffen und ich hoffe, dass diese Erkenntnis auch in absehbarer Zeit in die Ausbildung von Erziehern und Lehrern mit einfließt.




Das hoffe ich auch, denn im Moment gibt es in unserem Bildungssystem ein großes durcheinander! Obwohl den Grundschullehrern mehr Möglichkeiten offen stehen, wird wie an Deinem Beispiel deutlich, daß zu wenig Fachwissen bezüglich Linkshändigkeit und Umschulung vermittelt wird! In den Kindergärten sieht es ja noch schlimmer aus, weil durch große Altersmischungen und weite Gruppenöffnungen den Erziehern die

Beobachtung einzelner Kinder erschwert wird. Ich bin mit der Thematik Linkshändigkeit vertraut, jedoch fällt es mir selber schwer, alle Kinder zu berücksichtigen.

Lies Dir mal den beigefügten Artikel durch, dann kannst Du das Chaos in Kindertagesstätten besser verstehen! Gerade im Kindergartenalter sollte an Entwicklungsbesonderheiten gearbeitet werden, nur leider kann das nur unter erschwerten Bedingungen realisiert werden…


Viele Grüße von Jeannine

Conny
31.08.2005, 13:45
Hi Jeannine,

vielen Dank für die Lektüre, war ganz interessant. Schön zu wissen, dass Lehrer diesbezüglich einen größeren Spielraum haben. Aber wissen das auch die Lehrer?? Ich hatte gestern das erste Gespräch mit der neuen Klassenlehrerin meines Sohnes. Ich habe ihr diverse Unterlagen unserer Linkshänderberaterin gegeben und sie um Unterstützung gebeten. Sie machte einen sehr interessierten Eindruck, hat sich auch viele Notizen gemacht - lies jedoch auch keinen Zweifel daran, keinerlei Erfahrungen auf diesem Gebiet zu haben. Über die Folgen, die bei einer Umschulung von links auf rechts auftreten können - wusste sie leider bislang nichts. Ich habe versucht, sie auf bestimmte Reaktionen meines Sohnes vorzubereiten, damit sie aus Unwissenheit nicht "falsch" reagiert. Ich habe eine furchtbare Angst, dass er erneut Probleme bekommen könnte, weil man seine Stimmungsschwankungen falsch versteht. Obgleich sich mir immer wieder die Frage stellt, wie viel kann man überhaupt von Lehrern erwarten. Was ist überhaupt im täglichen Schulalltag drin? Erwartet man als betroffene Mutter nicht manchmal auch zu viel?? Zur Zeit ist er ja sehr motiviert und auch sehr ausgeglichen. Vielleicht liegt es ja daran, dass er bereits merkt, dass er endlich sein darf, wie er ist. Gestern habe ich die Anmeldebestätigung für den graphomotorischen Förderkurs erhalten. Es geht also langsam vorwärts.


In diesem Sinne - liebe Grüße

Conny

Joan
01.09.2005, 13:11
Hallo Conny,


ich habe auch die Erfahrung gemacht das die Lehrer / Kindergärtnerinnen mit diesem Problem einfach überlastet sind .

Zum einem fehlt die Zeit, die Kinder entsprechend beobachten zu können und zum anderen fehlt scheinbar das Hintergrundwissen. Wie ich sehe ist das nicht nur in Spanien der Fall.

Im Kindergarten wurde die Händigkeit leider nur beim essen und malen beurteilt. Zu mehr fehlt einfach die Zeit sagte mir die Kindergärtnerin.

Ich hatte in einem vorherigen Beitrag von Dir gelesen, das man Deine Vermutung Dein Sohne wäre LH abtat. Mir ging es genauso und das hat mich sehr verunsichtert. Einerseits bin ich froh mit einer neuen Lehrerin einen neuen Anfang zu machen , denn ich glaube die Kindergärtnerin sah mich nur noch als hysterische Mutter, andererseits fürchte ich das es wieder ein langer Kampf werden wird.

Ich kann Deine Sorge verstehen und hoffe, das sie sich nicht bestätigen werden.


Viele Grüsse


Joan

Conny
01.09.2005, 14:50
Hallo Joan,

hysterische Mutter - ja, da kann ich nur sagen, willkommen im Club. Ich mutierte schon zum Schrecken der Nation. Den Lehrern sah man schon an, was sie dachten, sobald ich den Schulhof betrat. Hätte ich zu der Zeit bereits geahnt, wo das Problem unseres Sohnes liegt, wäre vieles leichter gewesen. Aber warum hätte ich auch den einfachen Weg wählen sollen. Ich musste, wie so oft in meinem Leben, den sogenannten "langen und schweren" Weg wählen. Aber was sage ich, es war natürlich der schwere Weg unseres Kurzen. Anfänglich wussten wir ja gar nicht, weshalb unser Sohn sich so veränderte. Er wurde immer stiller, war in sich gekehrt. Leider hat er sich auch nie beschwert. Viele Dinge kamen erst später raus. Aber Hartnäckigkeit zahlt sich oft aus und es lohnt sich zu kämpfen. Ich habe mich leider viel zu oft "bereden" lassen und habe nicht auf meinen "Bauch" gehört. Das habe ich erst wieder getan, als der Kleine und ich völlig am Ende waren. Vielleicht ist es manchmal besser, man denkt nicht zu lange über manche Dinge nach - man sollt sie einfach tun (so lange man dabei ein gutes Gefühl hat).

Ich wünsche Dir auf alle Falle viel Glück.

Gruß Conny

Jeannine
01.09.2005, 20:11
Hallo Conny,


>vielen Dank für die Lektüre, war ganz interessant.


Ich wollte einfach mal einen Einblick in die Kindergartenpädagogik geben, denn die

meisten Kinder werden schon im Vorschulalter bewußt oder unbewußt umgeschult!

Wenn man als Elternteil erfährt, wie es in Wirklichkeit an vielen Einrichtungen aussieht, können wie in Deinem Fall eventl. Rückschlüsse wegen der Umschulung gezogen werden, bzw. Eltern können vorab entscheiden, welche Einrichtung die beste für das Kind ist!

Man sollte auf dem Angebot-Markt nicht immer der Masse hinterher rennen, sondern

auch die Hintergründe und Folgen kritisch betrachten!!!




>Schön zu wissen, dass Lehrer diesbezüglich einen größeren Spielraum haben. Aber wissen das auch die Lehrer??


Der größere Spielraum besteht darin, das überwiegend der Unterricht in altershomogenen

Klassen angeboten wird. Die Grundschullehrer unterrichten meistens alle Unterrichtsfächer

außer Musik, Sport oder Kunst! Sie könnten das Kind in seiner Linkshändigkeit unterstützen und anleiten, denn schließlich müssen sie ja auch die rechtshändigen Kinder anleiten!

Fehlt das Fachwissen, dann ist es natürlich schwieriger oder manche Lehrer ignorieren oder belustigen sich über die Situation wie in Deinem Fall! Im Kindergarten ist es komplizierter, je

größer die Altersmischung ist. Die Angebote sind meistens durch Störfälle kleinerer Kinder gekennzeichnet oder ältere Kinder provozieren wegen Unterforderung! Die Erzieherin hat

kaum Zeit einzelne Kinder zu beobachten, weil sie extremen Streßsituationen ausgesetzt ist!

Da kann es leicht passieren, das Kinder mit motorischen Problemen sich vor Bastelangeboten

drücken oder linkshändige Kinder sich durch Modellverhalten rechtshändiger Kinder umschulen.


>Ich hatte gestern das erste Gespräch mit der neuen Klassenlehrerin meines Sohnes. Ich habe ihr diverse Unterlagen unserer Linkshänderberaterin gegeben und sie um Unterstützung gebeten. Sie machte einen sehr interessierten Eindruck, hat sich auch viele Notizen gemacht - lies jedoch auch keinen Zweifel daran, keinerlei Erfahrungen auf diesem Gebiet zu haben.


Das ist doch erst mal ein positives Ergebnis! Die Erfahrungen kann sie doch noch sammeln,

immerhin ist sie nicht ausgewichen (-:


>Über die Folgen, die bei einer Umschulung von links auf rechts auftreten können - wusste sie leider bislang nichts. Ich habe versucht, sie auf bestimmte Reaktionen meines Sohnes vorzubereiten, damit sie aus Unwissenheit nicht "falsch" reagiert.


Vielleicht kannst Du der Lehrerin das Buch : „Das linkshändige Kind in der Grundschule“ von Johanna Barbara Sattler empfehlen?




>Ich habe eine furchtbare Angst, dass er erneut Probleme bekommen könnte, weil man seine Stimmungsschwankungen falsch versteht.


An Deiner Stelle würde ich die Sache erst einmal positiv angehen und Deinen Sohn kräftig unterstützen!


>Obgleich sich mir immer wieder die Frage stellt, wie viel kann man überhaupt von Lehrern erwarten. Was ist überhaupt im täglichen Schulalltag drin? Erwartet man als betroffene Mutter nicht manchmal auch zu viel??


Ich finde Du bist den richtigen Weg gegangen, denn Du mußt die Lehrerin über die Situation deines Sohnes informieren! Vielleicht benötigt sie erst einmal Zeit um sich mit der Materie zu beschäftigen? Ansonsten kann sie Dich ja über seine Schulerfolge in zeitlichen Abständen informieren, das ist wichtig bei einer Rückschulung! Ich hatte meine Rückschulung im Studium begonnen und es um ein Semester verlängert, ansonsten wäre es schief gelaufen. Mein Gefühl war richtig und den Druck von Lehrern und Schülern ignorierte ich einfach! An Deiner Stelle würde ich die Rückschulung sehr gelassen angehen. Es ist doch auch kein Problem, wenn ein Kind eine Klasse wiederholt, dafür aber später einen guten Schulabschluß erhält, als wenn es unter Lerndruck total versagt und später mittelmäßig abschließt!




>Zur Zeit ist er ja sehr motiviert und auch sehr ausgeglichen. Vielleicht liegt es ja daran, dass er bereits merkt, dass er endlich sein darf, wie er ist. Gestern habe ich die Anmeldebestätigung für den graphomotorischen Förderkurs erhalten. Es geht also langsam vorwärts.



Das hört sich doch gut an! Siehst Du, wenigstens hast Du von fachlicher Seite Unterstützung (-: das ist erst mal das wichtigste. Und sein Umfeld, die Familie unterstützt ihn ebenfalls.

Ich denke mal, daß die Lehrerin auch ihr bestes gibt. Unterstütze ihn mit Mut und keinesfalls mit Lerndruck und Überforderung, dann wird es (-:


Viele Grüße von Jeannine

Jeannine
01.09.2005, 20:37
Hallo Joan,

>ich habe auch die Erfahrung gemacht das die Lehrer / Kindergärtnerinnen mit diesem Problem einfach überlastet sind . Zum einem fehlt die Zeit, die Kinder entsprechend beobachten zu können und zum anderen fehlt scheinbar das Hintergrundwissen. Wie ich sehe ist das nicht nur in Spanien der Fall. Im Kindergarten wurde die Händigkeit leider nur beim essen und malen beurteilt. Zu mehr fehlt einfach die Zeit sagte mir die Kindergärtnerin.




In homogenen Gruppen finde ich es einfacher, die Händigkeit zu beobachten, jedoch darf die Gruppenstärke nicht sehr hoch sein!

Mich würde mal interessieren, wie viel Kinder in einer Kindergarten-Gruppe in Spanien untergebracht sind? Wie Du schreibst, sind die Kindergärten in Spanien für 0-3 Jährige Kinder geöffnet, das entspricht den Kinderkrippen, wie sie zu DDR-Zeiten geführt wurden!


Wie sieht das mit der Schule in Spanien aus? In der DDR gab es eine Vorschule (Kindergarten) mit homogenen Gruppen! Also Jüngere Gruppe = 3 jährige Kinder, Mittlere Gruppe und Ältere Gruppe. Die Kinder konnten dort altersspezifisch auf die Schule vorbereitet werden (Beschäftigungen, Spiel, Förderung des Sozialverhaltens, Selbständigkeit, etc.)


Müssen die 3 jährigen Kinder in Spanien eine reguläre Schule mit üblichem Klassenraum besuchen? Haben sie noch Zeit zum spielen oder stehen sie unter Lern-Drill?


Denn wenn Alina wirklich umgeschulte Linkshänderin ist und im Alter von 3 Jahren die „Schulbank“ drücken muß, das finde ich schon sehr hart! Ich möchte keine Vorurteile ins Netz setzen, vielleicht kannst Du ja mal genauer über die Dauer und den Ablauf des Unterrichts berichten?


Viele Grüße von Jeannine

Joan
02.09.2005, 07:33
Hallo Jeannine,


also der Besuch des Kindergartens hier in Spanien ist ab 4 Monate möglich und ich denke spätestens mit 1 Jahr geht der grösste Teil der Kinder in den Hort.

Das ist hier ganz normaler Alltag, zumal die Unterstützung vom Staat sehr gering ist ( nur während der ersten 3 Jahre ) und man hier mit einem Gehalt nur schwer zurechtkommt.

Die Gruppen haben ca. 18 Kinder. Ich glaube das differiert je nach Kindergarten. Hier unterscheidet man auch die staatlichen und privaten Kindergärten. Es gibt natürlich weitaus mehr private Kindergärten und trotzdem ist es sehr schwer einen Kindergartenplatz zu finden. Man muss praktisch bereits während der Schwangerschaft mit der Suche beginnen.

Einen Platz in einem staatlichen Kindergarten zu finden ist fast unmöglich.


Die Gruppen sind homogen und die Kinder haben einen maximalen Alterunterschied von einem halben Jahr.

Bereits hier werden die Kinder altersgemäss gefördert. Es wird gemalt und gebastelt und gesungen

Sport ( Gymnastik ) wird ebenfalls einmal pro Woche angeboten.

Im 3. Kindergartenjahr ( 2-3 Jahre ) werden die Kinder dann schon mehr auf die Schule vorbereitet. Die Zeiten werden angepasst, d.h die Kinder sollten wenn möglich bis 17 h im Hort bleiben. Es wird verstärkt gemalt und gebastelt, Besuche im Bauernhof und Zoo werden gemacht. Die Jahreszeiten, Tiere werden besprochen. Die Kinder sind in der Lage bis 10 zu zählen.

Ich habe den Kindergarten nach anfänglichen Zweifeln als durchweg positiv empfunden und Alina fühlt sich dort sehr wohl. Schon während der Ferien fragt sich ständig, wann sie wieder in den Kindergarten gehen kann.

Alina ist sehr sozial und offen anderen Kindern gegenüber.


Zum Schulalltag kann ich noch nicht viel berichten. Wir fangen erst am 12/09 an. Wir haben aber schon ein ausführliches Gespräch mit der Schulleitung gehabt und man hat uns das grobe erklärt.

Die Vorschule ist ebenfalls in homogene Gruppen aufgeteilt und schliesst dann im Alter von 6 Jahren an die normale Schule an.

Die Schule beginnt um 9 h und endet um 17 h. Von 13-15 h ist Mittagspause, manche Kinder werden dann abgeholt, andere bleiben in der Schule essen dort und machen ggf. Mittagsschlaf oder spielen.

Jede Schule unterscheidet sich auch ein wenig in Ihren Konzepten da es wieder mehr private Schulen als staatliche gibt. Einen Schulplatz zu finden ist wieder eine starke Belastung, denn man bekommt nicht einfach eine Schule zugeteilt. Da gibt es einen extremen Kampf und häufig müssen die Schulplätze verlost werden, da es bei beliebten Schulen regelmässig eine Überbelegung gibt. Die Kinder die keinen Platz erhalten haben, werden dann von der Stadt auf andere Schulen verteilt und häufig sind die Eltern nicht gerade zufrieden.

Ich glaube man kann sich gar nicht vorstellen unter was für einen Druck die Eltern in dieser Zeit stehen.

Wir haben Glück gehabt.


Die Gruppen bestehen aus 25 Kindern. Die Klassen in unserer Schule sind sehr nett eingerichtet und erinnern mich noch stark an den Kindergarten.

Der Unterricht findet im Kreis statt und wird spielerisch vermittelt.( Zahlen, Buchstaben, Tiere, Pflanzen ...) Es gibt auch noch Puppen und Bauecken etc, da sie auch noch frei spielen dürfen. Ebenso gibt es freies Spiel im Hof und Gymnastik.

So wie ich es verstanden habe, werden einzelne Buchstaben gelernt um dann am Ende des Jahres den Namen malen zu können.

Also von Lerndrill kann glaube ich nicht die Rede sein. Was mich noch interessiert hat ist, das sie mit


Im 2. Jahr wird dann auch das Lesen und Schreiben gelernt. Man beginnt nun auch spielerisch Englisch zu vermitteln ( erste Worte )

Hier in Catalonien haben wir sowieso schon das Problem, das die Kinder 2 Sprachen lernen müssen. Catalan und Castellano. Jetzt kommt also die 3 Sprache hinzu. Mal sehen wie Alina es macht, denn für sie wird es dann die 4. Sprache sein.


Naja, wenn ich nähres weiss kann ich Dir gerne berichten wenn es Dich interessiert.

Mich persönlich hat es damals etwas schockiert als ich hörte das die Kinder erst um 17 h aus der Schule kommen. Aber leider ist das so und ich werde es auch nicht ändern können.

Wir haben in Barcelona auch eine deutsche Schule/ Kindergarten ( Alinas Cousins gehen dorthin), aber für Alina hätte das bedeutet das sie 1.45 Std. Fahrtweg am jeweils am morgen und am nachmittag auf sich nehmen müsste. Ausserdem ist die Schule unverhältnismässig teuer ( knapp 400 Euro monatlich incl. Transport )


Viele Grüsse


Joan

Joan
02.09.2005, 08:17
Hallo Conny,


wenn es immer so einfach wäre sich auf sein eigenes Gefühl zu verlassen...!

Problematisch ist es, wenn die Erzieherin/Lehrerin komplett anderer Meinung sind. "Nein, Alina ist RH ". "Alle Kinder sind erst mal Beidhänder" etc

Im meinem Fall musste ich auch noch in einer Fremdsprache dieses komplexe Thema erklären und ich glaube überzeugt ist sie bis heute nicht, da sie in Ihrem Studium nie etwas über diese Problematik gehört hatte. Leider konnte ich nur auf sehr wenig Infomaterial aus dem Internet zurückgreifen.

Im Beurteilungsbogen hat sie Alinas Händigkeit dann als "beidhändig" beurteilt.


Aber naja, neues Spiel neues Glück. An Hartnäckigkeit fehlt es mir zum Glück nicht.


Viele Grüsse


Joan

Conny
02.09.2005, 08:57
Hallo Joan,

auch bei uns war es so, dass man unseren Sohn nur als RH gesehen hat. Man hat sich regelrecht geweigert, sich mit der LH-Problematik auseinander zu setzen.

Es gab Zeiten, da habe ich an meinem eigenen Verstand gezweifelt. Zum Glück, hatte mein Mann immer genügend Abstand zur Sache (da er seltener zu Hause ist). Er hat mich irgentwann gefragt, wann ich endlich wieder ich selbst sein und an welcher Stelle ich denn die Notbremse ziehen wolle. Zum Glück, auch wenn es in diesem Zusammenhang der falsche Ausdruck ist, gab es einen Vorfall in der Schule, der mich sehr wütend gemacht hat. Aufgrund dieses Vorfalles habe ich spontan reagiert. Sozusagen in Form einer Explosion. Danach fühlte ich mich erst einmal besser - und dann furchtbar schlecht. Wenn die Emotionen dann wieder raus sind, kommen die Zweifel und die Ängste - wieder einmal überreagiert zu haben. Zum Glück gab es kein Zurück und mit etwas Abstand betrachtet --> war es das Beste was ich tun konnte. Aufgrund dessen bin ich auch der Auffassung, dass ich in Zukunft wieder spontaner reagieren sollte - aus dem Bauch heraus eben.

Ich drück dir auf alle Fälle die Daumen.

Liebe Grüße Conny

Joan
02.09.2005, 09:40
Hallo Conny,


hat Dein Sohn auch beide Hände benutzt, oder häufig gewechselt ?

Ich beobachte jetzt während der Ferien, das Alina wieder öfter die linke Hand zum essen benutzt. Gestern hat sie ihre Suppe ausschliesslich mit links gegessen. Dies zum Thema Verunsicherung (0;


Alinas Vater ist mittlerweile an einem Punkt gekommen, an dem er sagt das er keinen neuen Test mehr bezahlen möchte. Er möchte momentan zu diesem Thema gar nichts mehr wissen. Sicher aus Frust weil die 180 Euro die wir für den Test bezahlt haben umsonst waren.

Das man an sich selbst und seine Beobachtungen zweifelt kenne ich. Mir geht es im Augenblick leider auch so und ich wünschte ich hätte die Möglichkeit kurzfristig noch einen Test zu machen, was leider nicht sein kann.

Ich kann im Moment leider nur auf die Kooperation der Lehrerin hoffen.


Viele Grüsse


Joan

Conny
02.09.2005, 10:02
Hi Joan,

unser Sohn hat auch sehr oft die Hand gewechsel, zumindestens im Bereich "Essen". Genau so wechselhaft war es auch beim Gebrauch von Malstiften. Die Schere hat er total gemieden, denn er kam im Kindergartenalter überhaupt nicht damit zurecht. Ich habe ihn immer gewähren lassen. Es war mir ehrlich gesagt - völlig egal. Ich konnte jedoch beobachten, dass, wenn er schlecht drauf war, überwiegend die linke Hand nahm. Auch in der ersten Klasse, verkrampfte und ermütete er sehr schnell und versuchte dann auch auf die linke Hand auszuweichen. Gut, die Lehrer haben ihm das dann abgewöhnt. Aber auch jetzt gibt es immernoch Situationen, wo es nicht eindeutig ist. Die Suppe löffeln wir mal mit rechts - mal mit links. Ich habe mir wirklich abgewöhnt ihn diesbezüglich zu beeinflussen. Ich habe allerdings immer erklärt, er solle die Hand nehmen, bei der er meint, es ginge leichter bzw. es sei angenehmer für ihn. Ich bestehe allerding darauf, das der Trinkbecher links steht. Steht er nämlich recht, kippt er mit Regelmäßigkeit um und beim Ablegen des Bestecks (um dann den Becher in eine Hand nehmen zu können)hat er dann einen "Knoten" in den Armen.

Ich verstehe sehr gut, dass du verunsichert bist, aber ich kann auch den Kindsvater verstehen. Alina ist noch recht klein. Vielleicht solltest du dich ersteinmal auf den "Beobachtenposten" zurückziehen. Ich weiß, das ist ein "toller Rat" - man kann schließlich nicht einfach abschalten. Aber ich glaube, Rückzug wäre vorerst wichtig, damit ihr euch nicht "kaputtspielt".

Liebe Grüße Conny

Joan
02.09.2005, 10:21
Hallo Conny,


es wird mir ja leider nichts anderes übrig bleiben. Sollte Alina denn in nächster Zeit irgendwelche Verhaltensänderungen an den Tag legen, werde ich sie mir dann doch schnappen und nach Deutschland fliegen.

Je mehr ich hier im Forum lese und die Erfahrungen von anderen Müttern lese, fühle ich mich in meinem Verdacht bestätigt, das Alina LH ist, zumal es in beiden Familien Linkshaender gibt.



Liebe Grüsse

Joan

Conny
02.09.2005, 10:33
Hallo Joan,

gute Idee, tu da einfach. Beobachte dein Kind und sollt sie sich verändern, sprich verändern im negativen Sinne, dann reagiere. Du hast zumindesten einen positiven Punkt (aus meiner Sicht) und der ist: das Alter deiner Tochter. Es ist noch alles möglich.

Gruß Conny

Jeannine
02.09.2005, 22:12
Hallo Joan,


> also der Besuch des Kindergartens hier in Spanien ist ab 4 Monate möglich und ich denke spätestens mit 1 Jahr geht der grösste Teil der Kinder in den Hort.


Das ist in Deutschland ähnlich, da bieten einige Kindertagesstätten „Krabbelgruppen“ für Babys und Kleinkinder an, mit 3 Jahren geht es dann in die üblichen gemischten Kindergartengruppen. Manche Einrichtungen haben große Altersmischungen von 1 ½ Jahren bis 6 Jahren oder sogar noch Grundschulkinder als Hortbetreuung, das finde ich schrecklich und ist für meine Vorstellung nur „Kinderbewahranstalt“…von Bildung keine Spur!

In der DDR war das Krippensystem auch homogen und die Kinder wurden dort auf den Kindergarten vorbereitet in Punkte: Sauberkeit, Windelfrei, Selbständigkeit. Bildungsschwerpunkte wie Musik, Turnen, Bildnerisches Gestalten etc. gab es dort auch, jedoch kann ich dazu nicht viel erzählen, weil mein Studiengebiet zu DDR-Zeiten die Vorschulerziehung war (Kindergärtnerin für 3-6 jährige Kinder). Den Hort gab es für die Grundschulkinder der 1.- 4. Klassen vor Ort an der Schule, bis ca. 18:00 Uhr.



> Im 3. Kindergartenjahr ( 2-3 Jahre ) werden die Kinder dann schon mehr auf die Schule vorbereitet. Die Zeiten werden angepasst, d.h die Kinder sollten wenn möglich bis 17 h im Hort bleiben.

Bei uns im Kindergarten (Altersmischung ab 1 ½ Jahren bis 5 Jahre) können manche 2 -2 ½ jährige Kinder kaum sprechen, geschweige einen Morgenkreis konzentriert verfolgen. Manche fast 4 jährigen Kinder tragen noch Windeln und sind in ihrer Entw. weit zurück… Homogene Gruppen finde ich angebrachter, weil die Entwicklungsbesonderheiten besser berücksichtigt werden können! Vor der Wende habe ich die DDR verlassen und bin nach NRW gezogen. Dort habe ich 4 Jahre als Kindergärtnerin gearbeitet. Zufrieden war ich mit dem Beruf nicht, daher habe ich noch Musik studiert…durch die ganzen Einstellungsstops war es für mich schwer eine Arbeit als Musikpädagogin zu bekommen. Nun bin ich wieder in einen Kindergarten gelandet und mir stehen von den jetzigen Zuständen die Haare zu Berge! Ich muß sagen, das Kindergartensystem zu DDR-Zeiten mit den homogenen Gruppen war weitaus besser organisiert als jetzt. Die Kinder hatten ein besseres Bildungsniveau, waren im Sozialverhalten weiter, Selbständig und die Erzieher hatten weitaus weniger Streß als jetzt! Es fehlt an allem, aber die Kinder sollen schon mit 5 Jahren eingeschult werden, echt lachhaft! Zum Glück gibt es noch Einrichtungen in den neuen Bundesländern, die nach diesem System arbeiten. Sei froh, daß Alina eine Einrichtung mit homogenen Gruppen besuchen darf! Das die Erzieherin nicht alles bei Alina im Tagesablauf beobachten kann, liegt an der Tatsache, das 18 Kinder in der Gruppe beachtet werden müssen und das sind Viele. Wenn da noch ein paar schwierige Kinder dazwischen sind, kann der Tagesablauf anstrengend werden. Auf der anderen Seite weist Du nicht genau, wie die Einstellung der Erzieherin gegenüber Linkshändigkeit ist und Fachkenntnisse hat sie ja auch keine darüber! Wichtig für Dich wäre der Rat einer Linkshänderberaterin, damit Du jetzt richtig handeln kannst! Auf gut Glück würde ich bei einem Kind keine Rückschulung anfangen, die muß von einer Fachkraft beobachtet werden!!! Deine Sorgen kann ich deshalb verstehen.



> Alina ist sehr sozial und offen anderen Kindern gegenüber.


Das kann ich mir gut vorstellen! An unserer Einrichtung …ich schweig lieber (-;


>Die Gruppen bestehen aus 25 Kindern. Die Klassen in unserer Schule sind sehr nett eingerichtet und erinnern mich noch stark an den Kindergarten.

Der Unterricht findet im Kreis statt und wird spielerisch vermittelt.( Zahlen, Buchstaben, Tiere, Pflanzen ...) Es gibt auch noch Puppen und Bauecken etc, da sie auch noch frei spielen dürfen. Ebenso gibt es freies Spiel im Hof und Gymnastik.

Das hört sich an, wie die Kindergärten zu DDR-Zeiten. Die Gruppenstärke war bis höchstens 20 Kinder pro Erzieherin. Die Öffnungszeiten von 6:00 Uhr - bis 18:00 Uhr, jedoch nicht als Pflichtzeit! Die Beschäftigungen wurden im Stuhlkreis an Tischen oder im Turnraum angeboten. Die Länge der Beschäftigungen war vom Alter abhängig. Die 3 Jährigen Kinder bis 15 Minuten, bei den 5- 6 jährigen gab es 2 Beschäftigungen. Die erste dauerte 25 Minuten, dazwischen gab es Toilettengang, Bewegungs- oder Singspiele im Raum oder an der frischen Luft, die zweite Beschäftigung ging 20 Minuten. Sport dauerte 45 Minuten am Stück. Die Beschäftigungen waren kindgerecht, anschaulich und auch ganzheitlich aufgebaut. Mit der Entwicklung elementarer mathematischer Vorstellungen wurde erst mit 4 Jahren begonnen, dafür aber das logische Denken spielerisch geschult. Weitere Bildungsschwerpunkte waren Muttersprache, Kinderliteratur, Bekanntmachen mit dem gesellschaftlichen Leben, mit der Natur, Sport, Musik und Bildnerisch-praktische und konstruktive Tätigkeiten, sowie das Betrachten von Bildkunstwerken. Außerdem wurden Ausflüge durchgeführt. Für das Freispiel und das angeleitete Spiel gab es sehr viel Platz im Raum: Bauecke, Puppenecke, Mal- und Basteltisch, etc. Das Spiel ist auch wichtig für die Entwicklung des Kindes, deswegen habe ich wegen der „Drill-Schule“ nachgefragt, weil das Wort „Schule“ mich an die übliche Lernatmosphäre an regulären Schulen für Kinder ab 6 Jahren erinnert! Wenn ein Kind noch nicht seine Handdominanz gefestigt hat, die Mittellinie nicht überqueren kann oder sonstige feinmotorische Probleme aufweist, kann ein zu langer Unterricht Blockaden auslösen. Ich habe mich mal mit einer Psychologin unterhalten, die im Studium Experimente ausprobiert hat. Die optimale Konzentrationszeit für einen Erwachsenen beträgt 25 Minuten, danach gibt es einen Abbau. Und nun stell’ Dir mal ein Kind von 3 bis 5 Jahren vor…An Deiner Stelle würde ich sehr schnell einen Termin bei einem Linkshänderberater in Deutschland besorgen! Gibt es nicht eine Möglichkeit kurzfristig Urlaub zu nehmen? Es ist natürlich auch schwer wegen der Terminvergabe und den langen Wartezeiten! Jedoch würde ich nicht zu lange warten, denn wenn das Kind sich einmal festgelegt hat, kann es unter Umständen eine Rückschulung später völlig ablehnen!


> Im 2. Jahr wird dann auch das Lesen und Schreiben gelernt.


Ui, das finde ich sehr früh. Wenn Buchstaben spielerisch vermittelt werden oder anfängliche Schwungübungen durchgeführt werden, kann ich noch verstehen…manch ein Kind ist auch begabt und schafft das Lesen und Schreiben…jedoch auf die Allgemeinheit gesetzt, bin ich da sehr skeptisch. Logisches Denken, Allgemeinwissen, eine gute Aussprache, Sozialverhalten und Selbständigkeit finde ich viel wichtiger!


> Man beginnt nun auch spielerisch Englisch zu vermitteln ( erste Worte )

Hier in Catalonien haben wir sowieso schon das Problem, das die Kinder 2 Sprachen lernen müssen. Catalan und Castellano. Jetzt kommt also die 3. Sprache hinzu. Mal sehen wie Alina es macht, denn für sie wird es dann die 4. Sprache sein.


Das klingt interessant!


> Naja, wenn ich nähres weiss kann ich Dir gerne berichten wenn es Dich interessiert.


Ja, gerne.


> Mich persönlich hat es damals etwas schockiert als ich hörte das die Kinder erst um 17 h aus der Schule kommen. Aber leider ist das so und ich werde es auch nicht ändern können.

Eine Art Ganztagsschule für Kindergartenkinder…


> Wir haben in Barcelona auch eine deutsche Schule/ Kindergarten ( Alinas Cousins gehen dorthin), aber für Alina hätte das bedeutet das sie 1.45 Std. Fahrtweg am jeweils am morgen und am nachmittag auf sich nehmen müsste. Ausserdem ist die Schule unverhältnismässig teuer ( knapp 400 Euro monatlich incl. Transport )

Das ist sehr teuer! Die beste Lösung ist für Dich erst einmal der Rat einer Linkshänderberaterin, danach kannst Du alles weitere abklären…


Viele Grüsse und sehr viel Glück wünscht Dir Jeannine

Joan
05.09.2005, 08:04
Hallo Jeannine,


Du kannst Dir vorstellen, das ich lieber heute als morgen einen neuen Test durchführen würde. Leider ist es dieses Jahr gar nicht möglich. Frühstens im Februar könnte ich einen Kurztrip nach Deutschland machen. Bis dahin muss ich mich leider noch etwas gedulden.

Ich habe immer noch die Befürchtung das sich auch beim 2. Test keine eindeutige Händigkeit feststellen lässt, aber gut, das wird sich zeigen.


Ich bin erst einmal neugierig wie Alina die neue Schule aufnimmt und wie der Alltag genau ablaufen wird. Am Donnerstag haben wir erst mal ein Treffen mit der zukünftigen Klasse, damit die Kinder die Lehrerin und Räumlichkeiten kennenlernen. Das finde ich sehr gut. Gut finde ich auch das 2 Kinder aus Alinas Kindergartengruppe und 10 Kinder einer weiteren Gruppe aus ihrem Kindergarten in ihre Klasse gehen. Man versucht generell die Kinder, die aus demselben Kindergarten kommen, zusammenzulegen.

Bei dem Vorgespräch mit ihrer Lehrerin wurde auch erwähnt, das sie im Schulunterricht mit der Frostigtherpie arbeiten. Ich weiss das ich damals ( als meine Probleme mit der Umschulung zutage kamen ) auch eine Frostigtherapie gemacht habe, kann mich aber nicht mehr daran erinnern. Weisst Du da näheres drüber ?

Ich denke Alina hat keine Probleme die Mittellinie zu überkreuzen. Sie legt ohne Problem Puzzleteile mit der linken Hand rechts und andersherum. Der Ergotherapeut sagte mir das Kinder in diesem Alter generell Probleme mit der Überkreuzung der Mittellinie hätten. Ist das so richtig ?


Ich werde Dich gern auf dem laufenden halten.


Viele Grüsse
Joan

Jeannine
09.09.2005, 18:52
Hallo Joan,

nun komme ich endlich dazu, Dir zu antworten!


>Du kannst Dir vorstellen, das ich lieber heute als morgen einen neuen Test durchführen würde. Leider ist es dieses Jahr gar nicht möglich. Frühstens im Februar könnte ich einen Kurztrip nach Deutschland machen. Bis dahin muss ich mich leider noch etwas gedulden.


An Deiner Stelle würde ich schon für den Februar einen Termin bei Frau Dr. Sattler in München anmelden!


>Ich habe immer noch die Befürchtung das sich auch beim 2. Test keine eindeutige Händigkeit feststellen lässt, aber gut, das wird sich zeigen.


Bis zum 2. Termin kann sich Alina noch weiter entwickeln und was Du über die Schulförderung schreibst, wird da sehr auf die sensorische Integration geachtet! Ich denke mal, das Alina das halbe Jahr gut versorgt ist!


>… Gut finde ich auch das 2 Kinder aus Alinas Kindergartengruppe und 10 Kinder einer weiteren Gruppe aus ihrem Kindergarten in ihre Klasse gehen. Man versucht generell die Kinder, die aus demselben Kindergarten kommen, zusammenzulegen.


Das finde ich auch gut, so hat Alina eine leichtere Eingewöhnungsphase.


>Bei dem Vorgespräch mit ihrer Lehrerin wurde auch erwähnt, das sie im Schulunterricht mit der Frostigtherpie arbeiten. Ich weiss das ich damals ( als meine Probleme mit der Umschulung zutage kamen ) auch eine Frostigtherapie gemacht habe, kann mich aber nicht mehr daran erinnern. Weisst Du da näheres drüber ?


Ich habe mich mehr mit Jean Ayres und der sensorischen Integration beschäftigt, sowie mit Paul Dennison und der Edu-Kinesthetic! Die Frostig-Therapie ist eine ähnliche Richtung und ich finde sie sehr interessant! Folgendes habe ich im Internet gefunden:


Einführung: Marianne Frostig gilt als eine Pionierin auf dem Gebiet der Diagnostik, Pädagogik und Therapie von Kindern mit Lernstörungen. Selber vielseitig als Pädagogin, Psychologin, Sozialarbeiterin und Rhythmiklehrerin ausgebildet, gründete sie 1951 in Los Angeles, Kalifornien, das Marianne Frostig Center of Educational Therapy und entwickelte dort, und später in Pasadena, Test- und Therapieprogramme in den Bereichen von Bewegung und Wahrnehmung.

Diese Test- und Therapieprogramme und ihr Konzept fanden große internationale Beachtung und Anerkennung und werden noch heute in vielen Ländern angewendet. So gehört der Frostigs Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung FEW nach der deutschen Restandardisierung durch O. Lockowandt 1972 und der statistischen Bearbeitung von W. Dacheneder (T-Werte) jetzt in der 9. Auflage (2000) zu den in Deutschland am häufigsten verwendeten psychodiagnostischen Testverfahren. Inzwischen gibt es eine Revision des FEW, die in den USA entwickelt wurde, den DTVP 2 (Developmental Test of Visual Perception). Eine deutsche Normierung ist in Vorbereitung. Das Frostig-Konzept wurde jedoch auch in methodischer Verengung und einer einseitigen Betonung der Bedeutung der visuellen Wahrnehmung missverstanden und entsprechend kritisiert. Heute zählt das "Frostig-Center" in Pasadena zu den international führenden Einrichtungen zur Diagnostik, Pädagogik und Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Lernstörungen.


Auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern (z.B. in Schweden, Österreich, Rumänien, Ungarn) wird das Frostig-Konzept heute mit Erfolg in heilpädagogischen, sonderpädagogischen, kinderpsychiatrischen, klinisch-psychologischen und therapeutischen Einrichtungen eingesetzt, in zunehmendem Maße auch im Sinne einer primären Prävention in Kindergärten, in Vorschulen und in Grundschulen. Lernbehinderte oder geistig behinderte Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen werden in Deutschland ebenso nach diesem Konzept gefördert oder therapiert wie durchschnittlich- oder überdurchschnittlich begabte Kinder und Jugendliche.

Es wurden inzwischen der erste Marianne-Frostig-Kindergarten in Detmold und die ersten beiden Marianne-Frostig-Schulen in Offenbach a.M. ( private Einrichtung mit Grund- Hauptschul- und Realschulklassen) und in Dorndorf, Thüringen, (Staatliches Förderzentrum) gegründet und arbeiten nach dem Frostig- Konzept.


Es ist das Anliegen der Internationalen Frostig-Gesellschaft e.V., Würzburg, (gegründet 1985), dieses Konzept durch Fachtagungen, Jahreskongresse und Publikationen genauer bekannt zu machen, in Diagnostik, Pädagogik und Therapie weiterzuentwickeln, an neuen didaktischen Materialien und Programmen zur Wahrnehmungsförderung zu arbeiten und einer falschen und methodisch verengten Anwendung des Frostig-Konzepts entgegenzuwirken. Durch ein interdisziplinäres Weiterbildungsprogramm soll, entsprechend der nachgewiesenen Grundberufe, zum Frostig-Pädagogen bzw. zum Frostig-Therapeuten weitergebildet und mit der Vergabe von Marianne-Frostig-Zertifikaten zur Qualitätssicherung des Frostig- Konzepts beigetragen werden. (www.frostig-gesellschaft.de).


Inhalte und Methoden: Das Frostig-Konzept ist auf der Grundlage der Humanistischen Psychologie entstanden und entspricht einem ganzheitlichen Ansatz zur Förderung der kindlichen Entwicklung und zur Therapie von Lernstörungen. Es ist geprägt durch viele Einflüsse unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen und Schulen und integriert entsprechend aktueller Forschungsergebnisse pädagogische, psychologische, neuropsychologische und therapeutische Theorien und Methoden zu einem eigenständigen Konzept.

Motorik (Bewegung), Sprache, alle Wahrnehmungsfunktionen, die höheren kognitiven Funktionen, die emotionale und die soziale Entwicklung werden bei Anwendung dieses Konzepts in ihrer wichtigen Bedeutung für die Gesamtentwicklung des Kindes stets in ihrem Entwicklungszusammenhang beachtet und untersucht und unter ganzheitlichen und integrativen Bedingungen gefördert oder bei vorliegenden Störungen behandelt. Dieser integrative Ansatz des Konzepts fordert die Zusammenarbeit mit den Eltern und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen in besonderer Weise heraus.

Das Frostig-Konzept kann in den Bereichen von Prävention, Pädagogik und Therapie eingesetzt werden und enthält folgende Schwerpunkte:

• eine alle Maßnahmen des Konzepts umgreifende Erziehungsphilosophie im Sinne der Humanistischen Psychologie

• Beachtung von Vorgeschichte; medizinischen und (sonder-) pädagogischen Vorbefunden und aktueller Lebens- und Familiensituation des betroffenen Kindes; Explorationsgespräche mit den Eltern und Bezugspersonen; Einsatz von Screening-Verfahren (Verhaltensbeobachtung in Alltagssituationen und im Umgang mit didaktischen Materialien, Analyse von Kinderzeichnungen in der Langzeitbeobachtung sowie Ermittlung entwicklungspsychologischer Merkmale und emotionaler Zeichen mit Hinweisen auf aktuelle Erlebnisinhalte und Konflikte des Kindes/ Jugendlichen, Beobachtung kreativer Ausdrucksmöglichkeiten in der Bewegung, beim Malen und Zeichnen, beim Rollenspiel, im sprachlichen Ausdruck, in der Musik); Einsatz gezielter, mehrdimensionaler und hypothesengeleiteter Prozessdiagnostik mit standardisierten psychodiagnostischen Testverfahren; Ermittlung von Fähigkeiten und von Defiziten in der Entwicklung als Grundlage zur Ausarbeitung von Förder- und Therapieplänen; Hilfestellung für das Kind/den Jugendlichen, die eigenen Stärken und Schwächen annehmen und integrieren zu können


• methodologische Rahmenprinzipien bei der Förderung oder Therapie:


o Individualisierung des Ansatzes, ausgehend von den Stärken und Potentialen des Kindes vorhandene Schwächen mit Hilfe von Übungsprogrammen ausgleichen;

o Motivation; die Bedürfnisse, Interessen, Begabungen oder Schwächen des Kindes/Jugendlichen besonders beachten;

o Systematisierung des Übungsansatzes: kleine, systematisch aufgebaute Lernschritte,

o Auswahl und Einsatz von vielfältigen, spezifisch gestalteten Methoden, entsprechen der Motivation, Bedürfnisse, der Interessen, Begabungen oder Schwächen des Kindes.

o Gestaltung von Lern- und Förder-/Therapiesituationen: Vorbereitung, Zielbestimmung, Selbstkontrolle, Temporegulierung (dem Kind Zeit geben), Vernetzung der Lerninhalte, Strukturierung der Lernsituation;

o Beachtung der Rolle des Erziehers/Lehrers/Therapeuten; Bemühen um eine warme und persönliche Beziehung zwischen Erzieher/Lehrer/Therapeut und Kind oder Jugendlichen;

o Förderung der kreativen Ausdruckmöglichkeiten des Kindes, aber auch der Eltern und Bezugspersonen, der Erzieher, Lehrer, Therapeuten, die mit Kindern arbeiten.

Vergleichbar dem humanistisch orientierten Ansatz von Maria Montessori forderte auch Marianne Frostig, das Kind in seiner Persönlichkeit anzunehmen, sein Selbstbewusstsein zu stärken, seine Würde zu achten, auf seine individuellen Bedürfnisse und seine emotional-soziale Situation einzugehen, Eigeninitiative, soziale Kompetenz und die Freude am Leben und Lernen in der Gemeinschaft zu wecken und zu entfalten. Die Arbeit nach diesem Konzept will dazu beitragen, dass sich altersentsprechend entwickelte Kinder und Jugendliche, aber auch Kinder und Jugendliche mit Entwicklungs- und Lernproblemen, zu verantwortungs- und umweltbewussten, produktiven und erfolgreichen Mitgliedern unserer Gesellschaft entwickeln können- immer orientiert am Wertesystem der Humanistischen Psychologie.


Im Hinblick der Anwendung besonderer Methoden ist es vorrangig wichtig, jedes Kind individuell dort anzusprechen, wo es ansprechbar ist. Rechtzeitig im frühen Kindesalter mit der Unterstützung und Förderung durch die Eltern und Bezugspersonen beginnend, in der Weiterführung im Kindergarten und in der Vorschule, müssen die basalen Fertigkeiten (Bewegung, Sprache, alle Wahrnehmungsbereiche, die höheren kognitiven Funktionen, die emotionale und soziale Entwicklung) in ihrem Entwicklungszusammenhang frühzeitig gefördert werden. Eine "geordnete Interdependenz aller psychischen Funktionen auf einem optimalen Aktualisierungsniveau" (O. Lockowandt (1994) gilt als wichtige Voraussetzung für die Integration dieser basalen psychischen Funktionen und für die Einordnung in die Gesamtheit zielgerichteten Verhaltens. Diese Prozesse setzen sich ins Schulalter fort. Alles Lernen- und so auch das Erlernen der Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechtschreiben und Rechnen-, sind von einer sich altersentsprechend entwickelnden Integration psychischer Funktionen abhängig. Vorliegende aktuelle Forschungsergebnisse gehen heute von der Hypothese aus, dass das Entstehen von Lern- wie von sekundären Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen in diesem Zusammenhang analysiert und bei pädagogischen und therapeutischen Interventionen grundlegend beachtet werden muss.


Aus dieser Betrachtung heraus ergeben sich auch zeitgemäße Ansätze für aktuelle bildungspolitische Fragen. Jedem Kind seine Chance! Diese Forderung kann nur erfüllt werden, wenn man bereits in der frühen Kindheit mit der Förderung der basalen Funktionen unter ganzheitlich orientierten Bedingungen beginnt und sie auch bei der weiteren Entwicklung des Schulkindes, vor allem in den ersten Grundschulklassen, im Auge behält. Das Frostig-Konzept bietet daher bei bereits auffällig gewordenen Lernstörungen besondere Hilfe an, sich in kleinen, systematisch aufgebauten Lernschritten neuen Herausforderungen mit Ausdauer und Umsicht zu stellen. Störungen oder Behinderungen beim Erlernen der Kulturtechniken des Lesens, Schreibens, Rechtschreibens und Rechnens sowie Störungen der Aufmerksamkeit, Konzentration und Ausdauer werden in der Frostig-Pädagogik oder Frostig-Therapie unter dem Einsatz gezielter Hilfestellungen angesprochen.

Dem Einsatz der Kinderzeichnung kommt nicht nur als Screening- Verfahren im diagnostischen Prozess eine wichtige Bedeutung zu (siehe oben). Sie wird auch im Bereich der integrativen Wahrnehmungsförderung, der Förderung der kreativen Ausdruckmöglichkeiten und der Hilfestellung bei aktuellen Problemen im emotional-sozialen Bereich eingesetzt, hier mit interdisziplinärer Unterstützung durch psychotherapeutische Fachkompetenz. Die Arbeit nach dem Frostig-Konzept fordert die kreativen Gestaltungskräfte nicht nur beim Kind/Jugendlichen besonders heraus, sondern auch bei seinen Eltern und Erziehern sowie bei den Pädagogen und Therapeuten, die mit Kindern arbeiten.


>Ich denke Alina hat keine Probleme die Mittellinie zu überkreuzen. Sie legt ohne Problem Puzzleteile mit der linken Hand rechts und andersherum. Der Ergotherapeut sagte mir das Kinder in diesem Alter generell Probleme mit der Überkreuzung der Mittellinie hätten. Ist das so richtig ?


Das Gehirn ist in diesem Alter noch in der Entwicklung und je nachdem ob die Kinder gekrabbelt sind oder nicht, kann es sich im Ausprägungsgrad der Koordination des Körpers bemerkbar machen! Das Krabbeln ist eine natürliche Über-Kreuz-Bewegung, es gibt jedoch viele Gründe, weshalb manche Menschen Probleme haben, die Mittellinie zu überqueren!

Ich kann 3 Bücher empfehlen, die für Dich vielleicht interessant sind!?

Paul E. Dennison, Befreite Bahnen, hrsg. VAK Verlag für Angewandte Kinesiologie GmbH, Freiburg 1984


Paul E. Dennison, Gail Dennison, Lehrerhandbuch Brain-Gym, hrsg. VAK Verlag für Angewandte Kinesiologie GmbH, Freiburg


Paul E. Dennison, Gail Dennison, Brain-Gym, hrsg. VAK Verlag für Angewandte Kinesiologie GmbH, Freiburg



Viele Grüße sendet Dir Jeannine