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Vollständige Version anzeigen : Zuverlässigkeit des Tests bei Gehirnverletzung


zufall
30.06.2008, 21:55
Hallo,

ich möchte mich gern testen lassen, allerdings befürchte ich, daß es in meinem Fall etwas komplizierter sein könnte.

Ich bin seit meiner Geburt auf meinem linken Auge sehr stark kurzsichtig, schiele und sehe so gut wie gar nichts damit.
Der Augenarzt meinte zu mir, daß es eine geburtsbedingte Gehirnverletzung ist.

Ich kann mich an eine Umschulung auf rechts in früher Kindheit erinnern.

Wie zuverlässig sind die Aussagen der üblichen Tests in solchen Fällen?
Brauche ich eine spezielle Diagnostik?


Liebe Grüße

Zufall

Judith Bremer
01.07.2008, 20:56
Hallo Zufall,
welch ein Zufall, dass ich gebeten wurde Deinen Beitrag zu beantworten.
Der Mensch besitzt außer Händigkeit auch Füßigkeit, Äugigkeit und Ohrigkeit. Allerdings befinden sich bei sind nur ca. 30% der umgeschulten Linkshänder alle Dominanzen auf einer Seite. Das heißt bei ca.70 % der umgeschulten Linkshänder findet sich eine sogenannte gekreuzte Dominanz.
Kurz, von der Äugigkeit läßt sich nicht zwangsläufig auf die Händigkeit schließen.
Gerade die Äugigkeit ist auch stark von der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Auges abhängig.
In weit größeren Prozentzahlen korreliert (passt zusammen) die Händigkeit mit der Füßigkeit (aber aufgepasst, wenn Kinder Probleme mit ihrem Gleichgeweichtssinn haben, benutzen sie ihr dominantes Bein um dieses "schwere" Gleichgewicht zu halten, also Schußbein beim Fußball ist nicht immer das dominante, in solch einem Fall dann eher der Fuß der den Ball stoppt. Ähnlich beim Rollerfahren).
Warum möchtest Du Dich eigentlich testen lassen, wenn Du Dich doch sogar an die Umschulung noch erinnern kannst? Ich rate Dir eher zu einer ausführlichen Beratung bei einer/m dazu qualifizierten Beraterin/Berater. Du kennt das Testergebnis ja, eigentlich hast Du doch viele andere Fragen.
Liebe Grüße

zufall
01.07.2008, 22:10
Hallo Frau Bremer!

Danke für die Antwort! Nun ja - die Umschulung fand bei mir wahrscheinlich in einem sehr frühen Alter statt - garantiert noch vor der Vorschule/Schule.

Ich kann mich an folgendes erinnern:

Mir wurde das gesunde rechte Auge oft zugeklebt (um das Schielende linke zu stärken) - dann wurde die linke Hand am Rücken gebunden und ich mußte so mit rechts zeichnen.

Natürlich habe ich versucht, das alles abzumachen und dann zu schummeln - aber meine Mutter hat sich dann dann immer die Bilder zeigen lassen und hat immer gesehen, welche ich mit links malte, worüber ich mich damals sehr wunderte.

Als ich mich vor einigen jahren daran erinnerte, habe ich meine Mutter zu der Händigkeit gefragt.

Sie meinte, ich habe beide Hände genutzt (wie sie selbst) - und die Ärzte ihr zu einer Umschulung auf rechts geraten haben (ob irgendwelche Untersuchungen der Händigkeit stattfanden, weiß ich nicht, eher nicht).

Als Kind habe ich sehr gern mit linker Hand gezeichnet.

Geschrieben habe ich in der Schule mit rechts - heutzutage mache ich fast alles mit rechts (auch Zähneputzen und ähnliches) - habe aber oft Sehnenentzündungen und Schmerzen. Ich bin mir selbst nicht sicher - vermute aber eine "sehr gut gelungene Umschulung" - anderes spricht auch dafür (psychische Primär- und Spätfolgen?).

Und ich schaue mir wahnsinnig gern Linkshänder an - und freue mich, wenn jemand z.B. auf der Arbeit mit links schreibt. Irgendwie ist das ein Sympathiefaktor für mich.

Charlotte
01.07.2008, 22:47
Hallo Zufall,
so wie sich das bei Dir anhört, hat die Gehirnverletzung zwar Deine Sehnerven beeinflusst, aber anscheinend nicht die restliche Motorik. Diese wird neurologisch anders gesteuert als die Sehnerven.
Mein Eindruck ist, dass die zwei Sachen nichts miteinander zu tun haben und du - wie du auch schon selber schreibst- umgeschult worden bist.
Du lässt anklingen, dass du umschulungsbedingte psychische Folgen bei Dir erkennst.
Mein Tip: suche Dir eine Linkshänderberatung und lass das abklären.
Häufig ist das ein spannender Weg, auf den man sich da begibt. Der Weg braucht Zeit ... ich glaube, du bist schon die ersten Schritte gegangen!
Viel Glück, melde Dich, wenn du noch Fragen hast.
Charlotte

zufall
01.07.2008, 22:53
Hauptfrage - was bin ich?

Wenn ich Linkshänder bin, will ich mich rückschulen - nicht sofort, aber nach und nach.

Ich habe das Gefühl, vieles stimmt einfach nicht, innerlich fühlt es sich so an - und ich suche nach dem Grund dafür - sofern es einen Gibt. Ich fühle mich irgendwie anders - seit meiner Kindheit. Wie ein Alien.

Sorry, falls das jemanden belästigt, aber es muß raus.

Charlotte
01.07.2008, 23:19
Hallo Zufall,
schön, dass ich dich online erwische.
Ich habe bereits einige Erwachsene bei der Rückschulung begleitet und genau das war die Frage bei den Hilfesuchenden.
Wohin gehöre ich? Welche Ziele setze ich für mein Leben? Schwierigkeiten mit der Ursprungsfamilie. Das war immer Thema.
Sicherlich ist das auch Thema bei vielen nicht Umgeschulten. Aber es muss da ein Zusammenhang geben.
Also .... der Weg steht dir frei. Warte nicht zu lange, sonst ist deine Euphorie, dein Tatendrang und die Aha-Erlebnisse womöglich verblasst. Eine Liste mit Linkshänderberatern findest du hier auf der www.
Ich bin keine zertifizierte, aber decke den äussersten Südwesten (Dreiländereck F-D-CH) ab. Weiss ja nicht, wo du her kommst.
Bis später
Charlotte

Ankaschwa
02.07.2008, 00:51
Lieber Zufall,
was mich an Deinem letzten Beitrag sehr berührt ist, dass du Dich entschuldigst "irgendwie anders" zu sein. Was Du schilderst, hört sich für einen umgeschulten Linkshänder recht typisch an, jetzt mal abgesehn von der geburtsbedingten Verletzung. Die Händigkeit ist ja eigentlich "nur" der sichtbare Teil der Dominanz. Die dazu gehörende Seite des Gehirns (die rechte) birgt eine erstaunliche Vielzahl von Talenten und Fähigkeiten, die sich von denen eines Rechtshänders unterscheiden. Die zu identifizieren, kennen und schätzen zu lernen, kann ein wichtiger Schritt sein, bei sich selbst anzukommen und einige von den unguten Gefühlen in den grünen Bereich bringen, auch wenn die Rückschulung vor allem beim Schreiben noch nicht begonnen wurde.
Dass eine Umschulung zu Identitätsfragen führen kann ist vor diesem Hintergrund verständlich. Ich wünsche Ihnen die Kraft, weiter dran an Ihrer Frage zu bleiben.

Ihnen alles Gute

zufall
02.07.2008, 21:03
Hallo nochmal,

danke für die vielen liebevollen Antworten.

Die "linken" Fähigkeiten und Talente schlummern in mir bestimmt auch irgendwo.

Ich habe das Gefühl, es sind völlig gegensätzliche Dinge, die da sind.
Fast so, als ob 2 verschiedene Personen zu einer würden.

Mathe, Chemie und Kunst/Handwerk. Kochen und Übersetzen. Sägen und Singen.
Ist es vielleicht eurer Erfahrung nach bei ULH öfter so?