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Vollständige Version anzeigen : Bekenntnisse eines ULH-hardcore-Masochisten


Künstler
09.12.2007, 16:45
SALSA TANZEN ALS THERAPIEWEG FÜR ULH IM BEGINNENDEN ALTER.
BEKENNTNISSE EINES HARDCORE-MASOCHISTEN.

1 Ich bin männlich, 66 Jahre alt. Mir ist seit 35 Jahren bekannt, dass ich genetisch bedingter Legastheniker bin. Dass ich auch ULH (umgestellter Linkshänder) bin, weiß ich seit 2 Jahren. Psychotherapien buchstäblich aller Art mache ich seit 33 Jahren. Legasthenie und ULH haben als Therapiethemen dabei nur indirekt eine versteckte Rolle gespielt. Zwei Gründe waren dafür ausschlaggebend:
- Das volle emotionale Elend konnte ich erst zulassen, nachdem mein Berufsweg als Akademiker beendet war.
- Die Symptome ULH und Legasthenie wurden und werden von meinen Therapeuten belächelt und dann bagatellisiert. Dieses merkwürdige Scheuklappenverhalten habe ich jüngst wieder auf einer Fortbildung erlebt: Das Thema war Schulversagen. Keiner wusste etwas über ULH - aber dafür wurde ich mit meinem Beitrag über umgestellte Linkshänder von der Kursleiterin, einer Psychotherapeutin mit Lehrauftrag im Hochschulbereich, lächerlich gemacht.

2 Zum Stressabbau betreibe ich seit meinem 20. Lebensjahr mehrfach die Woche die Sportarten Joggen, Kanu - und Rad fahren. Inzwischen muß ich leider mein Bewegungsprogramm - mit Ausnahme von Tanzen - im Fitnesscenter absolvieren: Ich habe die Gelenke zu sehr strapaziert.

3 Mit UHL und genetisch bedingter Legasthenie verfüge ich über zwei psychische Panik-Programme, die sich gerne gegenseitig verstärken:
- Genetisch bedingte Legasthenie bedeutet bei mir: viel Intelligenz auf der einen Seite und auf der anderen Seite bis heute die Unfähigkeit, fehlerfrei zu schreiben.
- ULH mit all seinen unfreundlichen Ausprägungen produziert zum Teil ähnliche negative Gefühle wie die Legasthenie.
Damit ist eine negatives, sich selbst verstärkendes Untergangsszenario gesichert.

4 Ich bin
- pensionierter Oberstudienrat (Wirtschaft und Mathematik),
- semiprofessioneller Künstler (10 Jahre hauptberuflich Bildhauer),
- Handwerker, der diverse Hausruinen in tolle Häuser verwandelt hat.
- Seit 4 Jahren lerne ich Salsa- und Rueda tanzen.
Die handwerklichen Tätigkeiten sind meine Erholung und der Bereich, wo ich sichere positive Bestätigung bekomme.

5 Meine intellektuellen Ausbildungen waren ein einziger Alptraum. Nichts hat auf Anhieb geklappt. Immer brauchte ich wenigstens den dreifachen Aufwand, um ein Ziel zu erreichen. Bei allen wichtigen schwierigen Prüfungen war Illegalität und nur zu oft ein gnädiger Zufall im Spiel. Nachträglich lautet das Motto meines Lebens: Du hattest keinerlei Chance … und hast so viel erreicht.

6 Als Lehrer war ich im Interesse m einer Schüler überengagiert. Phasenweise wurde das honoriert: ich wurde zum Oberstudienrat befördert. In anderen Phasen wurde ich deshalb diszipliniert.

7 Bei meinen handwerklichen Ausbildungen versagte ich, wenn es auf große Genauigkeit ankam. Das gilt auch heute noch für meine Bildhauertätigkeit: Wenn ein Kunstwerk Präzision erfordert, wird es leicht zum Alptraum.

8 Mein Sohn ist ebenfalls genetisch bedingter Legastheniker. Ich bin dankbar dafür, dass meine Frau ihn auf seinem Weg durch das Schulsystem begleitet hat. So ist er vor meiner Panik geschützt gewesen. Meine Mutter und viele meiner Verwandten sind ebenfalls genetische bedingte Legastheniker.

9 Regelmäßig hatte ich Angstträume, bei denen ich reale Dramen meines Bildungsweges immer wieder weitgehend unverschlüsselt erlebte. Da ich keine Chance sah, auf dem normalen Therapieweg an meine verdrängten ULH-Angst zu kommen, habe ich vor 4 Jahren angefangen, Salsa tanzen zu lernen. „Mein“ Therapiekonzept: über die Ängste, Katastrophen und die zahllosen Blackouts beim erlernen des Tanzens meine inneren fest zu betonierten Katastrophen, die ich auf dem Bildungsweg und im Beruf angehäuft habe, kennen zu lernen. Zunächst hatten sich – wie erwartet - bei meinen Träumen die Ängste meiner Jugend mit den aktuellen Ängsten beim Lernen von Salsa vermischt. Inzwischen sind die Angstträume aber allgemein viel seltener geworden.

10 Salsa: Ein Tanz, dessen Grundlagen „Normalos“ je nach Begabung in 1 – 2 Jahren lernen. Ich brauchte 3- 4 Jahre, um mit überkompensatorischen Einsatz inzwischen ganz gut Salsa tanzen zu können.
Das Salsa-Unterrichtsprogramm gab reichlich Stoff, um bei den Zusammenbrüchen auf dem Tanzparkett emotional an die alten Lern-Katastrophen anzuschließen:
- Links-rechts-Probleme,
- Aufbau eines bis dahin nicht vorhandenen Bewegungsgedächnisses,
- Darauf warten, das die Bewegungsabläufe intuitiv gesteuert werden,
- verschiedene gleichzeitig ablaufende Bewegungsprogramme für Arme und Beine koordinieren und dabei auch noch der Dame die richtigen Impulse geben.
- ein Gefühl für den Rhythmus entwickeln und trotz Streß den Rhythmus noch zu hören.
- obendrein noch die Dame führen.
- mich nicht von meinem Weg abbringen lassen, auch wenn die Kritik der Damen zum Teil schon nach 2 bis 3 Takten einsetzte.
Natürlich habe ich einige Male therapeutische Hilfe gebraucht, um diese „Wiedergeburt des Wahnsinns“ durchzuhalten.

11 Warum der hardcore Masochismus, Salsa tanzen zu lernen? Sollte ich nicht sinnvoller Weise in meine Bildhauerwerkstatt gehen und meine Kreativität genießen? Meine künstlerischen Lieblingsthemen sind Aggression und Sexualität. Mein Arbeitsstil kennzeichne ich gerne mit „schnell und schlampig“. Bei Ausstellungen habe ich häufig sehr gute Resonanz.

- Mir war klar, dass mir bei Abbruch der Salsa-Ausbildung wenigstens eine Depression gedroht hätte.
- Demenz-Prophylaxe im beginnenden Alter:
Im Alter gibt es jede Menge Probleme mit dem Nachlassen der Gedächnisleistungen. Das löst bei alten Menschen leicht Streß und Angst aus. Diese dann aktuelle Angst kann nach meiner Vermutung die alten Ängste aus der Jugend usw. mit aktivieren. Diese Stressüberflutung des Gehirns sorgt dann für eine Abschaltung von Gehirnteilen: Die Demenz ist da.
- Auf meinem Lebensweg habe ich gelernt, mich zu verstecken, um nicht so schnell als Versager aussortiert zu werden. Salsa Tanzen ist da eine ideale Bühne, um einige meiner sozialen Ängste in der Realität abzubauen.

12 Unglück kann die Quelle für die Kraft sein, seinem Leben eine gute Wendung zu geben. Das habe ich geschafft. Der Fachausdruck dafür lautet: Resilienz.

Unregistriert
09.12.2007, 20:11
Hallo Künstler,
danke für deine Offenheit, deine Bekenntnisse haben mich berührt. Schulst du dich zurück?

Unregistrierte ULH, in Rückschulung

Marina Neumann
10.12.2007, 11:38
Hallo Künstler,
beim Lesen Deines Beitrages empfand ich Mitgefühl.
Hast du schon mal versucht, mit links etwas zu malen oder zu zeichnen? Damit meine ich jetzt nicht künstlerisch wertvolle Sachen aufs Papier bringen, sondern einfach nur mit links etwas kritzeln oder einfache Figuren zeichnen. Das empfehle ich immer ULH, die älter sind als 60 Jahre. Denn ab 60 rate ich von der Rückschulung eher ab. Aber malen mit links kann auch schon eine innere Entlastung und Entspannung bringen.

Ursula
13.12.2007, 14:57
Hallo Künstler,
erstmal vielen Dank für Deinen, wirklich sehr offenen Beitrag.


Dass ich auch ULH (umgestellter Linkshänder) bin, weiß ich seit 2 Jahren.

wie hast Du das im Alter von 64 Jahren erfahren?

Ich bin als Kind auch umgeschult worden, wusste das aber immer.
Weil es zu "meiner" Zeit nicht üblich war, mit links zu schreiben, habe ich mich irgendwie gefügt, und mit rechts geschrieben.
Aber alles andere habe ich immer mit links gemacht.


Die Symptome ULH und Legasthenie wurden und werden von meinen Therapeuten belächelt und dann bagatellisiert. Dieses merkwürdige Scheuklappenverhalten habe ich jüngst wieder auf einer Fortbildung erlebt: Das Thema war Schulversagen. Keiner wusste etwas über ULH - aber dafür wurde ich mit meinem Beitrag über umgestellte Linkshänder von der Kursleiterin, einer Psychotherapeutin mit Lehrauftrag im Hochschulbereich, lächerlich gemacht.


Ja, unter diesem Verhalten leiden wir Linkshänder, und besonders die umgeschulten alle.
Die Arbeit und Publikationen von Frau Dr. Sattler haben aber schon etwas bewirkt. Es geht ganz langsam und mit kleinen Schritten voran.

Wir in diesem Forum wollen helfen aufzuklären, und das Leben für uns einfacher und selbstverständlich zu machen.

Ich stehe zu meiner Linkshändigkeit und lasse mich nicht mehr verbiegen.


Bei meinen handwerklichen Ausbildungen versagte ich, wenn es auf große Genauigkeit ankam. Das gilt auch heute noch für meine Bildhauertätigkeit: Wenn ein Kunstwerk Präzision erfordert, wird es leicht zum Alptraum.

Wie arbeitest Du?
linkshändig oder rechtshändig?

Ich würde mich freuen, noch viel mehr von Dir zu hören.
Mit "guten Ratschlägen" ist Dir sicher nicht geholfen, aber ein Austausch mit Betroffenen, die ähnliches erfahren haben, und sich in Deine Gefühle hineinversetzen können, gibt uns das Gefühl "ich bin nicht allein" und das ist vielleicht der erste Schritt in ein befreites Leben.

ganz liebe Grüße,
Ursula

Heike
13.12.2007, 17:35
Hallo Künstler
Ich wurde auch als Kind umgeschult
Ich kenne die Probleme auch bei mir war das auch
so das ich für alles länger brauchte auch beim lesen und schreiben lernen
In handwerklichen war ich auch nicht besonders gut . Wegen die Probleme meiner Feinmotorik
Gruß Heike

Chrissi
16.12.2007, 12:32
Einen schönen 3 Advent aus Oldenburg von Chrissi 60 Jahre jung-alt. Ich finde Deinen Betrag sehr gut und kann mich hineinfühlen. Mit 30 begann ich mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und kam durchs schwimmen auf meine Umschulung. Auch ich arbeite sehr körperbezogen. z. z. hilft mir u. v. a. sehr und ist nicht anstrengend und ich schlafe wunderbar drauf ein.(Habe derzeit 3 und werde 8 haben wollen)

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Künstler
19.12.2007, 15:19
Zu meinen Macken - ich habe als "Künstler" den Artikel "Masochist ... " verfasst - gehört es, Systeme langsam zu begreifen. Jetzt bin ich zum Beispiel müde vom Schreiben und habe keine Lust mehr, noch unter dem Link "Hilfe" nachzusehen, wie ich auf Beiträge zu meinem Artikel "Masochist" formvollendet antworten soll. Es gibt wichtigere Sachen auf den Weg zu bringen ... . Also: Mal sehen, wo diese Zeilen auftauchen. Wenn es sehr peinlich ist, berufe ich mich auf mein "ULH-Behindertenzertifikat"


Wie hast Du im Alter von 64, also vor 2 Jahren erfahren, daß du ULH bist?

Seit immer weiß ich, das etwas mit mir nicht stimmt. Als mich vor 2 Jahren jemand im Gespräch darauf aufmerksam machte, daß ich vielleicht ULH sei, habe ich diesen Hinweis verfolgt.

Inzwischen ahne ich häufiger, dass ein Partner Linkshänder sein kann:

- Insbesondere beim Salsa Tanzen lernen beobachte ich öfters solche Kandidaten. Tanzen Lernen heißt Bewegungen nachmachen, speichern und wieder reproduzieren können. Wer dabei über das übliche hinaus deutlich mehr Probleme hat, ist wohl als ULH-Kandidat zu verhören.

- Außerdem fällt es mir bei Diskussionenen auf, wenn mich jemand mit den typischen Verhaltensmerkmalen eines ULH nervt. Oh weh - noch so ein Vogel - der ist ja noch schlimmer als ich.

- In Künstlerkreisen gehört es ja zum guten Ton, etwas exzentrisch zu sein. Da sind bestimmt auch ULH's versteckt.

- Pauschal sollten alle Schulversager und Studienabbrecher in strenge ULH-Untersuchungskommisionen. Depressive auch. Und der Rest auch: vorsichtshalber und sowieso.

Unter ULH-Verdacht stehende Leute habe ich mehrfach vorsichtig angesprochen. Meist ohne Reaktion.



Ich stehe zu meiner Linkshändigkeit und lasse mich nicht mehr verbiegen.

Recht hast du - und keine andere Wahl.
Für mich gilt aber noch: Überprüfe, ob es sich lohnt, bestimmte für einen ULH'ler schwierige Ziele trotzdem anzugehen. Aber bitte mit Coach!

Wie arbeitest Du?
linkshändig oder rechtshändig?

Seit meinem ca. 16. Lebensjahr - beginn einer Schlosserausbildung- arbeite ich immer mehr rechtshändig. Wegen Kälte ruht zur Zeit die Arbeit. Mal sehen, wie sich im Frühjahr meine linke Hand entwickeln wird.

Ursula
20.12.2007, 01:13
Hallo Künstler,

Außerdem fällt es mir bei Diskussionenen auf, wenn mich jemand mit den typischen Verhaltensmerkmalen eines ULH nervt


was sind denn die typischen Verhaltensmerkmale ?
gibt es die?

Ich bin doch ein Individium, und habe aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen, sozialer Stellung, Geschwisterposition usw. eine mir spezifische Art mich zu verhalten.

Ich würde gern mit Dir darüber einen Gedankenaustausch haben.

liebe Grüße, Ursula