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Vollständige Version anzeigen : Verkappte Linkshänderin?


Yvaine
25.06.2007, 12:46
Hallo!

Ich bin seit einiger Zeit ziemlich verwirrt bezüglich meiner Händigkeit. Ich bin jetzt Mitte 30 und war eigentlich immer davon überzeugt, Rechtshänderin zu sein, auch wenn meine Gehirndominanz eindeutig rechts ist. Diese Tatsache hat zwar schon meine Mutter (selbst Lehrerin) zum Grübeln gebracht, hatte aber ansonst keine Auswirkungen.

Allerdings hatte ich vor ca einem halben Jahr Probleme mit der rechten Schulter - der Schmerz zog sich nach hinten über den Rücken und nach vorn über den rechten Arm. Ich habe einfach mal vermutet, dass es daran liegen könnte, dass ich den ganzen Tag (arbeitsbedingt) vor dem Computer sitze und habe es mal damit versucht, die Maus umzustellen. Es hat zwei Tage gebraucht, mich umzustellen (dabei gabs lustige Buchstabendreher) und dann ging mir alles plötzlich sehr viel besser von der Hand als vorher. Meine Schmerzen sind nun schon seit einiger Zeit weg, aber die Maus habe ich immer noch links. Unsere Systemadministratoren verfluchen mich zwar regelmäßig, wenn was auf meinem PC nicht passt, was was kümmert's mich. Mir passts besser so :D

Naja, jedenfalls bin ich nach 7 Jahren Abstinenz von Musik und Kunst (die mich sehr depressiv gemacht hat), endlich wieder zum Singen und Musizieren zurückgekehrt und habe sogar seit letzten Herbst mit dem Klavierspielen angefangen. Dabei ist meiner Klavierlehrerin aufgefallen, dass bei mir eindeutig die linke Hand führt. Ich muss mich beim Spielen extrem drauf konzentrieren, dass die rechte Hand alles richtig macht, da die linke - die eigentlich die langsamere ist - viel besser spielt als die rechte. Sie hat mich deshalb gefragt, ob ich Linkshänderin sei.

Ich habe mich daraufhin mit meiner Mutter unterhalten, ob es sein kann, dass ich als Kind umgeschult worden bin. Sie meinte, sie hätte das sicher nicht getan, allerdings bin ich - bevor ich in die Schule gekommen bin - von meinen Großeltern aufgezogen worden, die beiden zwar irrsinnig liebe Menschen, aber auch recht altmodisch waren. Ich erinnere mich noch an den üblichen "Gib die schöne Hand!"-Spruch und dass man Messer und Gabel "richtig rum" halten muss. Ich halte heute noch Messer und Gabel zwar "richtig rum" aber sehr verkrampft.

Außerdem erinnerte sich meine Mutter daran, dass ich bereits als kleines Kind sehr gut zeichnen konnte, aber in der Schule irrsinnige Problem mit dem Schreiben hatte - die Buchstaben waren irrsinnig krakelig und ich habe mit immer wieder den Bleistift abgebrochen oder mit der Feder ins Papier gestochen, vor lauter hab ich immer aufgedrückt.

Ich weiß auch noch, dass ich - als ich gelernt habe, die Gitarre zu spielen - die Gitarre zuerst immer falsch herum halten wollte, bis sie mir umgedreht worden ist.

Auf Bällen habe ich heute immer noch Probleme, weil ich mich immer in die "Männerhaltung" stelle und führen will.

Bei Zahlenblocks von Bankautomaten etc. nehme ich immer die linke Hand. Das Auf- und Absperren von Schlössern geht mir links viel besser von der Hand.

Ich glaube deshalb, eigentlich eine Linkshänderin zu sein, die schon lange vor der Schulzeit umgelernt wurde.

Ich weiß nicht, ob hier jemand von Atemtypen (Terlusollogie) etwas hält, aber demnach wäre ich auch eindeutige Linkshänderin.

Ich würde nun gern versuchen, mich selbst wieder umzutrainieren, weiß aber nicht ob das eine gute Idee ist. Was, wenn ich nun doch eine richtige Rechtshänderin bin?

Für einen gründlichen Test habe ich leider kein Geld, darum habe ich einen im Internet gemacht, den ich aber ziemlich nutzlos fand, da er nach Dingen gefragt hat, die man nicht automatisch ohne nachzudenken tun, sondern Dinge, die einem als Kind beigebracht werden. Also hätten fast alle der Fragen mit "Ich nehme die Hand, mit der es mir von Kind auf beigebracht worden ist" beantwortet werden müssen, was ja wieder zu einem Zirkelschluss führen muss. Wenn ich heute versuche, mit einem Messer links zu schneiden, geht das natürlich gar nicht, da ich seit über 30 Jahren gewohnt bin, es mit rechts zu machen.

Ich denke mir, dass es in meinem Alter extrem schwierig ist, sicher zu sein, welche Hand nun die dominante ist, wenn man es jahrzehntelang mit der anderen gemacht hat.

Kann mir jemand einen Tipp geben? Meint ihr, dass ich eine verkappte Linkshänderin sein könnte, oder sind die Beispiele, die ich angeführt habe, nur die "normalen Abweichungen"? Und kann man das Umlernen überhaupt allein angehen?

(Sorry für den Roman. Danke an alle, die bis unten durchgehalten haben!)

Marina
26.06.2007, 17:59
Kann mir jemand einen Tipp geben? Meint ihr, dass ich eine verkappte Linkshänderin sein könnte, oder sind die Beispiele, die ich angeführt habe, nur die "normalen Abweichungen"? Und kann man das Umlernen überhaupt allein angehen?



Hallo,
so wie Sie sich und Ihre Probleme beschrieben haben, könnte es durchaus sein, dass Sie umgeschulte Linkshänderin sind.
Ich würde Ihnen aber dringend empfehlen, sich einer Händigkeitsuntersuchung
zu unterziehen bei jemand, der oder die damit professionell arbeitet.
Nicht alle Händigkeitstests sind irrsinnig teuer, Sie müßten im internet eventuell ein wenig suchen.
Es ist total wichtig,Klarheit über die eigene angeborene Händigkeit zu bekommen. Das gibt innere Sicherheit.
Sollten Sie wirklich eine umgeschulte Linkshänderin sein, könnten Sie eventuell auch über eine Rückschulung nachdenken.

Yvaine
02.07.2007, 20:16
Vielen Dank für die Antwort!

Ich denke, ich werde mich wirklich testen lassen und bin jetzt dabei, mich konkret zu erkundigen. Der Test selbst scheint wirklich nicht so teuer zu sein, wie befürchtet. :)

Ursula
02.07.2007, 21:50
Hallo Yvaine,

Wenn fachkundige Ergotherapeuten (LHB) nicht in unmittelbarer Nähe zum Wohnort zu finden sind, würde ich mich auch nicht scheuen, bei der Krankenkasse mit entsprechender Begründung (siehe medizinische Indikation) die Übernahme der Fahrtkosten zu beantragen.

Die Ergotherapiestunden bezahlt oft die Krankenkasse. Eine Einzelstunde liegt bei ca 30 - 35 Euro.


Zitat aus einem früheren Beitrag von Bärbel: http://www.linkshaenderforum.org/forum/showpost.php?p=12404&postcount=8

Man gehe zum Hausarzt des Vertrauens oder zu einem Orthopäden und lasse sich eine Heilmittelverordnung (grün für Maßnahmen der Ergotherapie) verpassen, auf der folgendes steht:

6x Ergotherapie (psychisch funktionelle Behandlung) 1x/Wo.
Indikationsschlüssel: PS 2
Diagnose: Feinmotorik- und Koordinationsstörung;
Rückschulung umgeschulter Händigkeit
Förderung und Besserung der Motorik und Sensomotorik

Mit entsprechenden Folgeverordnungen können lt. gesetzlicher Vorgaben und bei dieser Indikation bis zu insgesamt 40 Anwendungen verschrieben werden als sogenannte Verordnung außerhalb des Regelfalles. Dies ist dann vorher bei der Krankenkasse genehmigen zu lassen.

Leni
10.05.2008, 21:45
Hallo,
ich wollte euch mal fragen, ob es wirklich so schlimm ist wenn man "umgeschult" wurde. Also ist es sinnvoll, wenn man eigentlich Linkshänder ist aber mit rechts schreibt, später wieder das zu ändern?
Es ist so, dass ich durch Zufall hier auf der Seite gelandet bin. Eigentlich war es schon immer so, dass ich alles mit links gemacht habe, bis auf das schreiben. Ich habe mir da nichts weiter bei gedacht. Doch letztens hatten wir in Judo Fallübungen und als ich zur Kontrolle dran war, sagte meine Lehrerin ich bin die einzige die auf die linke Seite fällt. (von 30Schülern) Das war dann schon etwas verwirrend für mich und meine Freundin meinte, dass ich vllt. ein verkappter Linkshänder bin.
Also ich habe früher als das mit dem schreiben lernen begann, mit beiden Händen schreiben können, später aber irgendwie nur mit rechts. Bei uns in der Familie wurde es auch eher streng gesehen, zb. beim essen :"Dazu nimmt man aber die andere Hand" ( aber ich machs immer noch andersrum als die anderen und da kommen halt so Sprüche...)
Sachen wo es mir auffällt, wo ich eher links benutze, wenn andere rechts nehmen:
-beim essen
-beim Fussball (fragte mich mein trainer auch, ob ich nicht Linkshänder bin)
-Schere schneiden
-essen schneiden
-auch wie genannt beim klatschen mit der linken Hand
-zähne putzen
-Glas beim trinken in der linken Hand
....
naja drum frag ich mich, ob ich halt Linkshänder bin. Es kann ja auch sein, dass ich mit beiden Gehirnhälfen gleich viel denke und dass deswegen ausgewogen ist (manches mit links anderes mit rechts) und wenn wäre es sinnvoll das zu ändern mit der rechten Hand zu schreiben?
lg

Charlott
12.05.2008, 10:38
Hallo Leni,

:) herzlich willkommen im Forum. Ich wünsche Dir, dass Du hier viele Antworten auf Deine Fragen findest.

Alles, was Du schreibst, bestätigt Deine Vermutung, dass Du eine umgeschulte Linkshänderin bist. Aus meiner Erfahrung ist es gut, wenn Du jetzt Deinen Beobachtungen und Fragen nachgehst und für Dich klärst, wie Du weitergehen möchtest.

Ein Besuch bei einer Linkshänderberatung kann Dir helfen, diese Fragen für Dich zu lösen. Auch eine Testung der Händigkeit ist gut, damit Du Gewissheit hast, ob Du wirklich eine Linkshänderin bist.

Ich glaube, mit einer Rückschulung sollte man nicht warten, bis sich die Probleme rundum auftürmen und man sich nur noch kraft- und willenlos wie eine ferngesteuerte Maschine durch das Leben schleppt, von den meisten Mitmenschen unverstanden und belächelt.

In jungen Jahren verkraftet man die Rückschulung besser und schneller und man verbringt nicht so viel Zeit seines Lebens in diesem merkwürdigen Zustand des Umgeschultseins.

Wenn andere sagen, dass der Mensch genügend Kompensationsmechanismen habe, um das Schreiben mit der nichtdominanten Hand abzupuffern, kann ich dem nicht zustimmen. Gerade heute, wo fast jeder Beruf mit diversen Schreib- und Denkaufgaben verbunden ist, wird der Nachteil, den man durch das Schreiben mit der nichtdominanten Hand erfährt, immer größer. Man strampelt stets mit extremem Krafteinsatz, hängt hilflos und müde in verwirrenden, für einen unlösbaren Situationen, wo andere ihre Aufgaben locker und leicht lösen. Je älter man wird, umso deutlicher wird dieser Zustand, auch wenn es bei jedem ein bisschen anders verläuft. Und je älter man wird, umso anstrengender wird die Rückschulung, umso länger dauert sie, umso mehr ist körperlich und seelisch aufzuarbeiten.

Ich möchte Dir Mut machen, jetzt zu handeln. Wenn Du eine Linkshänderberatung aufsucht und sich die Vermutung bestätigt, dass Du Linkshänderin bist, kann man Dich dort auch beraten, ob eine Rückschulung von der Lebenssituation her im Moment für Dich günstig ist oder ob Du lieber etwas abwartest, zum Beispiel, bis eine bestimmte Etappe der Ausbildung geschafft ist und Du die Ruhe und Kraft für die Rückschulung findest.

Liebe Grüße und alles Gute für Dich, Charlott

Chrissi
12.05.2008, 14:11
Hallo Yvaine

Ich habe erst mit 30 Jahren bemerkt, daß ich Linkshänderin bin.Ich habe eigendlich alles mit rechts gemacht und es war immer mühselig. Mich hat niemand beraten, ich wußte es einfach von jetzt auf gleich nach einem Ereignis. Niemand wird mir sagen können ob ich mal mit links alles wollte, da ich von mehreren Kindermädchen betreut wurde. So habe ich mich ab sofort mit meiner linken Hand und meinen körperlichen Reaktionen beschäftigt. Jahre später las ich Frau Dr.Sattlers Buch und hatte alles richtig empfunden.Ich war einfach überzeugt davon, daß ich richtig empfand.Vieles ist nicht mehr rückgängig zu machen, doch ich habe nie daran gezweifelt, daß ich den richtigen Weg jetzt gehe.;)

Leni
13.05.2008, 20:11
@Charlott danke für die ausführliche Antwort :-)
Habe mal eben nach Beratungsstellen geschaut, doch leider ist die nächste 80km weg. Aber vielleicht lässt es sich ja in naher Zukunft realisieren, mal eine Beratungsstelle aufzusuchen.
Habe halt Angst, dass der ganze Weg umsonst war, wenn dann rauskommt, dass ich Rechtshänder bin, da ja meine Eltern die Fahrt bezahlen müssen.
Wir können da ja mal anrufen und beraten, wie wir weiter vorgehen.

Charlotte
13.05.2008, 23:48
Hallo Yvaine, hallo Leni,

ich habe das Gefühl, dass Ihr beide mit Euren Vermutungen schon in die richtige Richtung geht! Sicherlich habt Ihr einen verschiedenen Leidensdruck. Yvaine, lass dich auf jeden Fall testen, damit du Klarheit hast, was zu tun ist.
Leni, probiere doch einfach mal einige Zeit, möglichst viel mit links zu machen und horche in dich rein, ob sich das besser anfühlt. Das wird auch ein spannender Weg für Dich! Wenn nicht, dann bist du nicht die erste, die die Seite wechselt. Dann ist das halt so.

Soviel von meiner Seite
Viele Grüsse, Charlotte

Marina
14.05.2008, 13:10
Hallo Leni,
für die Rückschulung entscheiden sich umgeschulte Linkshänder, die unter Umschulungsfolgen leiden.
Bei Kindern sind es meistens Lern- und Leistungsstörungen, die ihnen den Schulalltag schwer machen; manche leiden auch unter psychosomatischen Beschwerden unbekannter Herkunft.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen kommen häufig noch psychische Probleme hinzu.
Will sagen, die Rückschulung wird aus einem Leidensdruck heraus in Angriff genommen. Aus diesem Leidensdruck entsteht auch die Motivation für diesen
Prozess. Es íst immer ein Prozess, an dem man dranbleiben muß, manchesmal ist er nicht so ganz einfach.

Friederike
20.07.2008, 21:52
Hallo Yvain,
die Erkenntnis, Linkshänderin zu sein, begann bei mir ähnlich wie bei dir. Wegen Schmerzen in der rechten Schulter wechselte ich die Maus auf Links und stellte überrascht fest, dass es so viel leichter ging.
Aus meiner Kindheit hatte ich bezüglich der Händigkeit nur den Satz im Kopf: Nimm das Schöne Händchen! -womit natürlich nicht die Linke gemeint war. Da ich ein sehr braves Kind war und immer alles richtig machen wollte, lernte ich Schreiben und alle Tätigkeiten, die mit einem Werkzeug ausgeführt werden, auf der rechten Seite. Z.B Pellkartoffeln schälte ich ohne Messer automatisch mit links, sowie auch andere Dinge, die ich mit der bloßen Hand verrichtete. Das fiel mir aber erst auf, als ich darauf achtete.
Es vergingen mehrere Jahre, bis ich mich letzten Sommer mit 54 Jahren endlich für eine Rückschulung des Schreibens auf die linke Hand entschied. Ich habe das nie bereut, obwohl es natürlich Schwierigkeiten mit sich bringt und ich mich oft in einer Art Zwickmühle fühlte: zurück ging es nicht, aber vorwärts war es oft auch mühsam.
Von Beruf bin ich Lehrerin und musste meinen Schülern zu Beginn des letzten Schuljahres einfach mitteilen, dass sie es sagen sollen, wenn sie etwas nicht lesen können. Aber das mit Rechts Geschriebene war zuvor oft auch nicht besonders gut lesbar, vor allem, wenn es schnell gehen musste.
Ich habe mir einen E-Bass für Linkshänder gekauft und spiele ein bisschen damit. In der Schule muss ich oft Gitarre spielen, was ich noch nicht umgelernt habe und vielleicht auch nicht schaffen werde. Aber der Preis dafür ist, dass mir hinterher immer die rechte Schulter und der rechte Arm schmerzen.

Mich würde interessieren, wie es dir weiterhin ergangen ist, denn dein Beitrag ist schon etwas länger in diesem forum.
Viele Grüße Friederike

Yvaine
30.07.2008, 08:10
Hallo Friedericke,

es ist irgendwie immer beruhigend zu wissen, dass es anderen ähnlich ging wie einem selber.

Ich habe mich nach meiner Testung letzten Herbst versucht, selbst rückzuschulen. Manche Sachen gingen sehr gut und ich habe mich dabei sehr viel besser gefühlt. Auch meiner Persönlichkeit hat es gut getan. Ich wurde selbstbewusster und lockerer. Im Moment habe ich wohl gerade eine Krise. Ich denke nicht, dass meine Linkshänderschrift bereits im Beruf einsetzbar ist. Ich fühle mich immer noch unsicher und peinlich berührt, wenn ich vor anderen links schreiben soll oder wenn andere meine krakelige Schrift sehen und wechsle in solchen Situationen dann doch auf die rechte Hand - was mir dann wieder, ähnlich wie dir, Schmerzen und Verkrampfungen im rechten Arm und in der Hand beschert.

Übrigens bin ich auch Lehrerin. Ich habe zwar seit ca 4 Jahren nicht mehr als solche gearbeitet, weil ich mir einfach unzulänglich vorkam, habe mich dieses Jahr aber wieder beworben und fange im Herbst mit wenigen Wochenstunden wieder an. Und diesmal freue ich mich richtig drauf, auch wenn ich schon ziemlich nervös bin.

Was unterrichtest du denn? Und wie ging das mit deiner Schriftumstellung mit deinen Schülern?

Liebe Grüße,
Yvaine

Marina
31.07.2008, 11:25
Hallo Yvaine,
wenn du dich seit letztem Herbst auf links zurückschulst, empfehle ich dir, nicht mehr auf recht auszuweichen, denn auf Dauer blockierst du dich damit nur selber.
Wie hast du denn die Rückschulung begonnen, mit den Nachspurübungen?
Schreibst du täglich etwas mit links? Das empfehle ich grundsätzlich, weil dadurch die Umstellung auf links gefördert wird und sich so allmählich das Schreiben mit links verbessern kann.
Wenn du ab Herbst wieder stundenweise arbeiten willst, kannst du dich jetzt, in den Ferien, ganz allmählich darauf vorbereiten, indem du täglich mit links das schreibst, was in der Schule wichtig sein könnte.
Die Scham, in der Öffentlichkeit, mit links zu schreiben, kennt fast jeder umgeschulte Linkshänder, der sich zurückschult. Und für viele ist es eine Hürde, die zu nehmen ist.
Ich hatte dieses Gefühl der Scham auch kurzfristig und dachte, alle gucken jetzt, wie unbeholfen ich nach 2 Monaten mit links schreibe. (Ich hatte mich nach 2 Monaten entschieden, nur noch mit links zu schreiben, weil sich das Hin und Her nicht gut anfühlte.)
Ich habe dann festgestellt, dass dieses Problem der Scham ausschliesslich meines ist und dass in Wirklichkeit niemand guckt.
Aber ich empfehle dir, deinen Schülern mitzuteilen, dass du in der Rückschulung bist und dass deine Schrift vielleicht noch nicht immer so gut aussieht. Was soll schon passieren, wenn du dieses den Kindern sagst. Und ich glaube auch, dass die Schüler all das, was du mit links schreiben wirst, lesen können.
Für dich kann es ein wichtiger Schritt in Richtung Linkshändigkeit und Eindeutigkeit sein.
Alles Gute weiterhin für den Prozess!
Lieben Gruß von Marina

Friederike
08.08.2008, 23:04
Liebe Yvaine,
erst mal wünsche ich dir alles Gute für deinen Einstieg in den schulischen Alltag!
Es ist gerade ein Jahr her, dass ich mich entschieden habe, meine Schrift auf links umzustellen. Über den Tipp einer Freundin (ebenfalls spätentdeckte Linkshänderin) geriet ich an Marina Neumann (hier herzliche Grüße!), bei der ich eine Linkshandberatung machte. Dann habe ich jeden Tag ein bisschen mit den Nachspurübungen geübt. Vor Schulbeginn habe ich an der Tafel das Alphabet und verschiedene Wörter geübt. Dann bin ich einfach ins kalte Wasser gesprungen. Den Erwachsenen (außer Menschen in meiner näheren Umgebung, mit denen ich jedoch ohnehin über die Umschulung gesprochen habe) ist es kaum aufgefallen, dass meine Schrift krakelig aussieht. Wenn die Schüler etwas nicht lesen können, fragen sie halt nach. Am schwersten ist es, klein und leserlich zu schreiben bzw zu schreiben, wenn mein linker Arm nicht richtig aufliegt. Und manchmal bin auch traurig, weil ich finde, dass es lange dauert, bis ich wieder eine "Handschrift" habe. Aber die Alternative, wieder auf rechts zurückzukehren, ist für mich keine, weil es sich einfach richtig anfühlt, mit links zu schreiben. Und ich freue mich auch, wenn ich sehe, dass z.B. die Zahlen immer besser aussehen.
Ich unterrichte Deutsch und Musik an einer Hauptschule in Köln. Meine Schüler haben eigentlich gar keine Probleme damit, das ich links schreibe. Ein bisschen sogar das Gegenteil: aha, die Lehrerin ist auch nicht perfekt, sie muss auch gucken, dass sie ihre Schrift geregelt kriegt. Und jedem Schüler, den ich dazu anhalte, schreiben zu üben, ist klar, dass ich weiß, wovon ich rede.
Was sich durch die Umschulung erheblich verbessert hat, ist meine Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, z.B. was packe ich in meinen Koffer?; Was tue ich in der kurzen Pause, die mir zu Verfügung steht, zuerst?; Mit welchen Menschen möchte ich mich treffen?; Was tue ich heute Nachmittag?
Ein weiterer Aspekt ist die schrittweise Lösung davon, sich (zu sehr) an anderen Menschen zu orientieren, aber das ist ein besonderes Kapitel.

Viele Grüße und viel Erfolg bei deiner Umschulung
Friederike

Yvaine
09.08.2008, 08:47
Hallo Friederike,
Hallo Marina,

Ich richte die Antwort jetzt an euch beide gleichzeitig, weil sich doch vieles überschneiden wird.

Ernstmal, danke, Friederike, für deine Erzählung. Ich denke, meine Ängste bezüglich des Krakeligschreibens kriege ich danach wohl locker in den Griff. Vielen Dank :)

Was mir mehr Sorgen macht, ist die Geschwindigkeit, mit der ich schreibe. Auf der Tafel dürfte das nicht so das Problem sein (Tafelschrift ist einfacher weil größer und die Schüler sind meistens eh dankbar, wenn man etwas langsamer schreibt), aber wenn es dann daran geht, Hausaufgaben und Schularbeiten zu korrigieren - ich unterrichte Deutsch und Englisch an einer Oberstufe - dann wird mir jetzt schon mulmig, da ich mit der linken Hand doch noch wesentlich langsamer schreibe als mit rechts und dann auch schnell Verkrampfungen bekomme.

Außerdem kommt es bei mir zu einem weiteren Problem: wenn ich mit Links schreibe, schleichen sich bei mir sehr viele Fehler ein - Fehler, die ich von mir sonst gar nicht kenne: Buchstabendreher, verdrehte Groß- und Kleinschreibung, totalle Verwirrung bei der Zeichensetzung, manchmal weiß ich gar nicht mehr, wie ein Wort zu schreiben ist... Das alles sind Dinge, die mich sehr verunsichern und die dann in der Schule auch nicht grad super rüberkommen, wenn die Deutschlehrerin dann dauernd Rechtsschreibfehler macht. (Dies ist nicht mein erstes Unterrichtsjahr, aber mein erstes nach etwa 4 Jahren Pause.)

Hier meine Frage an Marina: kennst du dieses Phänomen? Was kann ich dagegen tun? Hierbei sollte ich vielleicht auch noch erwähnen, dass ich nicht *nur* stundenweise unterrichte, sondern noch bis Ende des Monats meinen alten Beruf in Vollzeit ausübe (plus Überstunden), daher habe ich keine Ferien, in denen ich üben könnte. Ab Herbst werde ich dann zwei Berufe (jweils in Teilzeit) ausüben, da ich mir nur einen einfach nicht leisten kann. Der jetzige Beruf ist auch der Hauptgrund, warum ich immer mal wieder auf rechts ausweichen muss: ich muss immer wieder bei Sitzungen mitprotokollieren und da ich dafür keinen Laptop zur Verfügung habe, muss ich mit der Hand schreiben - und das muss natürlich schnell gehen.

Ihr habt beide recht, mit der Scham kann man umgehen und die vergeht dann auch sehr schnell, wenn man sich da mal drübergetraut hat, aber was macht man damit, dass man einfach mit der Geschwindigkeit nicht mithalten kann? In meinem Beruf habe ich da leider keine Wahl. Da muss einfach alles schnell und professionell sein.

Vielen Dank für eure Antworten und Hilfestellungen.
Liebe Grüße,
Yvaine

PS @ Marina (um deine Fragen noch zu beantworten):
Ich habe mit den Schwung- und Nachspurübungen (zurest auf einer großen Tafel) dann auf Papier begonnen. Die gingen mir eigentlich sehr gut von der Hand. Ich habe dann mit Texten weitergemacht, die ich im Kopf hatte (Gedichte, Songtexte, etc.), wo ich nicht besonders nachdenken musste. Jetzt schreibe ich privat alles mit Links. Im Beruf nur, wenn ich nicht unter Zeitdruck stehe, sonst muss ich, wie oben erwähnt, wegen geforderter Schnelligkeit noch oft wechseln.

Marina
11.08.2008, 11:56
Hallo Yvaine,
wahrscheinlich wird es in Deinem Fall etwas länger dauern, bis du ganz auf links umwechseln kannst. Das Ziel, irgendwann nur noch mit links zu schreiben,
solltest du aber ganz klar als Vision in dir haben.
Kannst du nicht doch versuchen, für deinen alten Beruf einen Laptop zu bekommen, damit du nicht mit rechts Protokolle schreiben mußt?
Was die Korrekturen von Hausarbeiten und Klassenarbeiten angeht, könntest du ja versuchen, diese mit links zu machen. Wenn du zuhause korrigierst,
steht ja niemand neben dir, der dich unter Druck setzt, oder?
Vorrübergehende Verwirrungen darüber, wie Wörter geschrieben werden etc. legen sich normalerweise nach einiger Zeit. Du kannst dir ja auch einen Rechtsschreibduden daneben legen.
Grundsätzlich ist es wichtig, sich mit der eigenen Rückschulung nicht unter Druck zu setzen, aber immer dran zu bleiben und allmählich immer mehr mit links zu schreiben, bis nur noch dir linke Hand zum Schreiben benutzt wird.
Für weiter Fragen kannst du dich jederzeit an mich wenden.
Lieben Gruß von Marina

Marina
11.08.2008, 12:00
Hallo Friederike,
es freut mich, auf diesem Weg von dir zu hören.
In deinem Alter dauert die Rückschulung natürlich länger, aber irgendwann wirst auch du eine neue leserliche Schrift mit links haben.
Es freut mich auch, dass du grundsätzlich von der Rückschulung profitierst,
z.B. in der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Das zeigt, dass du auf dem richtigen Weg bist.
Alles Gute weiterhin und liebe Grüsse von Marina