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Vollständige Version anzeigen : Ignorant oder nur typisch Rechtshänder ?


Arndt
02.04.2007, 10:01
Hallo alle zusammen,

hier eine ganz kurze aber erschreckende Geschichte die mir am Freitagabend passiert ist. Ich schreibe sie erst heute, damit es keiner für einen Aprilscherz halten könnte:

Am Freitagabend habe ich mich mit einem Bekannten in Düsseldorf getroffen, und so im laufe des Abends erzählte ich das ich vor kurzem schonmal in Düsseldor war, und zwar in einer Selbsthilfegruppe. Er sah mich an als wäre das ganz was schlimmes, dann erklärte ich Ihm das es sich um eine Linkshänderselbsthilfegruppe gehandet hätte. Darauf hin sagte er wörtlich:

Na, wenn Du sonst keine Sorgen hast



Kommentarlose Grüße
Arndt

Martin
02.04.2007, 10:25
Und? Hast Du Deinem Bekannten danach erläutert, warum es solche Linkshänder-Selbsthilfegruppen gibt, und warum es Menschen gibt, die so etwas brauchen - damit er es besser versteht? Ich denke, die Reaktion "Sonst hast Du keine Probleme" ist normal für einen Menschen, der noch nie davon gehört hat, geschweige denn darüber nachgedacht hat, dass es Probleme für Linkshänder gibt und wie heftig sich diese Probleme auswirken können. Schließlich hat er als Rechtshänder noch nie darüber nachdenken müssen, denn er wurde mit diesen Problemen noch nie konfrontiert. Da ist Aufklärung angesagt. Dann nur zu denken oder sagen "typisch Rechtshänder" finde ich ähnlich niveauvoll wie den Kommentar "Sonst hast Du keine Probleme". Oder?

Arndt
02.04.2007, 11:49
Da ist Aufklärung angesagt. Dann nur zu denken oder sagen "typisch Rechtshänder" finde ich ähnlich niveauvoll wie den Kommentar "Sonst hast Du keine Probleme". Oder?



Also mich würde ja doch mal interessieren mit wievielen Rechtshänder Du schon erfolgreich über Deine Linkshänderschwierigkeiten diskutiert hast.
Dann hättest Du mit Sicherheit gemerkt das fast alle Zuhörer nur kurz aus Höflichkeit zuhören und nur die aller wenigsten aus wirklichem Interesse.
Daher kann ich das " ähnlich niveauvoll " auch nicht wirklich nachvollziehen.

Martin
02.04.2007, 13:01
Also mich würde ja doch mal interessieren mit wievielen Rechtshänder Du schon erfolgreich über Deine Linkshänderschwierigkeiten diskutiert hast.
Ich bin selber Rechtshänder. Trotz allem bin ich aber offen für Probleme, die andere Menschen haben, und höre ihnen zu. Sicher kann ich nicht von mir auf alle anderen Menschen schließen, aber ich denke schon, dass es sicher noch andere gibt, die das ähnlich sehen wie ich. Bitte verstehe mich nicht falsch: Ich will nicht die Probleme, die Linkshänder in dieser rechtshändigen Welt haben, herunterspielen - ganz gewiss nicht, dazu sind sie zu groß und an viel zu vielen Stellen vorhanden. Ich denke nur, dass man das einfach offen angehen und auch Verständnis dafür haben muss, dass man seiner Umwelt erst mal aufzeigen muss, wo die Probleme überhaupt sind. Wie soll der Rechtshänder, der noch nie von Problemen gehört hat, der sich noch nie mit dem Thema beschäftigen musste, überhaupt wissen, dass es Probleme beim linkshändigen Schneiden mit der Schere gibt? Er kann auch nicht wissen, dass Linkshänder umzuerziehen versucht werden, denn mit diesem Thema wurde er noch nie konfrontiert. Seine Welt ist rechtshändig, und seine Welt funktioniert ohne Probleme. Ich bin mir sicher, dass man einen Rechtshänder viel einfacher überzeugen kann, wenn man ihm z.B. eine Linkshänderschere in die Hand drückt und ihn bittet, einfach mal damit zu schneiden. Nachdem das dann nicht sonderlich gut funktionieren wird, ist er sicher offen für jegliche Information.

Conny
02.04.2007, 13:19
Hallo Arndt,

die Äußerung deines Bekannten ist sicherlich nicht ganz fair. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man - wenn man sich mit der Thematik auseinandersetzt - sehr sensibel auf solche Äußerungen reagiert. Dennoch meine ich, dass jeder, der bislang keinen Bezugspunkt hatte, im ersten Moment derart reagiert.
Erst wenn dein Gegenüber es zulässt, näher über die Händigkeit und auftretender Probleme zu reden - dann hört man meistens auch zu. Wer Kinder hat übriegens noch mehr als andere. So lange die Personen jedoch keinen LH in der Familie, im Arbeitsalltag oder im Bekanntenkreis hat, wird er kein Verständnis (oder eher selten) für eine Selbsthilfegruppe für LH haben.

Mich würde jedoch sehr interessieren, wie du auf seine Äußerung reagiert hast.

Gruß Conny

Arndt
02.04.2007, 13:43
Erst wenn dein Gegenüber es zulässt, näher über die Händigkeit und auftretender Probleme zu reden - dann hört man meistens auch zu.So lange die Personen jedoch keinen LH in der Familie, im Arbeitsalltag oder im Bekanntenkreis hat, wird er kein Verständnis (oder eher selten) für eine Selbsthilfegruppe für LH haben.

Mich würde jedoch sehr interessieren, wie du auf seine Äußerung reagiert hast.

Gruß Conny

Nach einigen Sekunden der Sprachlosigkeit hatte ich auch versucht meinen Bekannten für dieses Thema zu sensibilisieren, aber leider überwog seine Interessenlosigkeit für dieses Thema so stark, das nach wenigen Minuten das Thema vom Tisch war. So wie bei den Meisten halt...
Aber Du beschreibst das ja genau richtig, wie das mit dem Verständnis so sein kann.

LG Arndt

Detlef
02.04.2007, 17:37
Hallo alle zusammen,

hier eine ganz kurze aber erschreckende Geschichte die mir am Freitagabend passiert ist. Ich schreibe sie erst heute, damit es keiner für einen Aprilscherz halten könnte:

Am Freitagabend habe ich mich mit einem Bekannten in Düsseldorf getroffen, und so im laufe des Abends erzählte ich das ich vor kurzem schonmal in Düsseldor war, und zwar in einer Selbsthilfegruppe. Er sah mich an als wäre das ganz was schlimmes, dann erklärte ich Ihm das es sich um eine Linkshänderselbsthilfegruppe gehandet hätte. Darauf hin sagte er wörtlich:

Na, wenn Du sonst keine Sorgen hast



Kommentarlose Grüße
Arndt


Hallo Arndt,

ist dein Bekannter denn allgemein so oberflächlich?

Weisst du, in unserer Gesellschaft ist`s oft so, dass man über alles mögliche, sei es Rheuma oder ein Beinbruch oder meinetwegen ein Tennisarm offen geredet wird.....geht es aber um etwas psychisches oder etwas, was sich zumindest danach anhört, dann bekommen viele Leute so ein Würgen im Hals und grosse Augen und halten sich dezent zurück! Umso wichtiger sind Selbsthilfegruppen für Lefties, je mehr, desto besser, damit wir dieses immer noch oft belächelte Thema hoffentlich in ein paar Jahrzehnten flächendeckend selbstverständlich gemacht haben und Lh sowie Produkte für Lh "normal" geworden sind!!
In diesem hoffnungsvollen Sinn herzliche Grüsse aus OWL

Detlef

Reka
02.04.2007, 19:38
Wie soll der Rechtshänder, der noch nie von Problemen gehört hat, der sich noch nie mit dem Thema beschäftigen musste, überhaupt wissen, dass es Probleme beim linkshändigen Schneiden mit der Schere gibt? Er kann auch nicht wissen, dass Linkshänder umzuerziehen versucht werden, denn mit diesem Thema wurde er noch nie konfrontiert. Seine Welt ist rechtshändig, und seine Welt funktioniert ohne Probleme. Ich bin mir sicher, dass man einen Rechtshänder viel einfacher überzeugen kann, wenn man ihm z.B. eine Linkshänderschere in die Hand drückt und ihn bittet, einfach mal damit zu schneiden. Nachdem das dann nicht sonderlich gut funktionieren wird, ist er sicher offen für jegliche Information.


So ähnlich hat das bei einigen meiner Kollegen geklappt, wenn sie mal meine LH-Tastatur benutzen mußten. Einige kamen gut zurecht (aha....), die anderen, die sich extrem schwertaten, verstehen nun, warum ich an keiner "normalen" Tastatur mehr arbeiten will.

liebe Grüße
von Reka

Liliane
03.04.2007, 02:27
Ich habe in eine Runde rein erzählt, dass ich umgeschulte Linkshänderin bin und mich nun zurückschule. Und zwar, weil so eine Umschulung schon Spuren hinterläßt. Und nun kommts. Ein Mann sagte darauf hin, dass er selber umgeschult ist auf rechts aber keine Probleme damit hätte (wer's glaubt) und das nicht nachvollziehen könnte. Er käme klar.

Sowas gibt es auch.

Ansonsten kann ich fast sehen, wie die innerliche Klappe runtergeht, wenn ich beginne, von meiner Rückschulung zu erzählen.

Ich finde, da haben wir noch viel Arbeit vor uns. Wenn ich da an die fantastischen Erkenntnisse denke von einem Prof. Gerhart Hüther. Und dabei kein einziges Wort über Umschulungsfolgen. Obwohl das mittlerweile messbar wäre, was dabei in unserem Kopf passiert. Nun ja. Ich hätte auch keinerlei Idee, wie man das so einem Mann nahe bringen könnte.

Helena
03.04.2007, 08:53
Ich habe in eine Runde rein erzählt, dass ich umgeschulte Linkshänderin bin und mich nun zurückschule. Und zwar, weil so eine Umschulung schon Spuren hinterläßt. Und nun kommts. Ein Mann sagte darauf hin, dass er selber umgeschult ist auf rechts aber keine Probleme damit hätte (wer's glaubt) und das nicht nachvollziehen könnte. Er käme klar.

Sowas gibt es auch.

Das bildet er sich nur vordergründig ein. Jeder Umgeschulte muss sich ja irgendwie mit der Situation arrangieren oder er würde zusammenbrechen. Dass er damals mit der nicht dominanten Hand schreiben lernen musste, ist ihm garantiert nicht so leicht gefallen.

Wenn Du genauer nachhaken würdest (unter 4 Augen) oder die Liste aller möglichen Umschulungsfolgen aufzählen würdest, da ginge ihm sicher auch ein Licht auf. «Ach darum war / bin ich so vergesslich, unkonzentriert, langsam» oder so.

Arndt
03.04.2007, 12:43
Hallo Arndt,
ist dein Bekannter denn allgemein so oberflächlich?

So wie fast alle die davon hören ( leider )...

LG Arndt

Arndt
03.04.2007, 12:44
Ansonsten kann ich fast sehen, wie die innerliche Klappe runtergeht, wenn ich beginne, von meiner Rückschulung zu erzählen.


Du hast es auf den Punkt gebracht !!!!


LG Arndt

Liliane
06.04.2007, 02:36
Schön, dass andere meine Wahrnehmung teilen.

freundliche Grüße zurück
Liliane

BaNaNaRaMa
18.02.2008, 21:14
Ihr könnt den RH nicht wirklich böse sein, dass sie auf Umschulung mit Unverständnis reagieren. Denn 1. hat der RH wahrscheinlich noch nie etwas von umgeschulten Linkshändern gehört und 2. ist es für ihn ehh unverständlich wie man mit links schreiben kann. Da gibts nur zwei Möglichkeiten zu reagieren: Entweder rechts! liegen lassen oder aufklären...

Emily
18.02.2008, 21:47
Je mehr ich beobachte und bewusst wahrnehme, desto mehr kann zumindest ich aber auch erkennen dass es um Vieles mehr als nur das hantieren mit der anderen Hand geht, welche in der von Rechtshändern eingerichteten Welt nicht vorgesehen ist. Es geht sogar noch um vieles mehr: Eine ganz andere Denkweise, eine andere Wahrnehmung von dem was "sozial" ist, eine andere Vorstellung davon wie Menschen auf einander zugehen und miteinander umgehen, kommunizieren, umsichtig handeln und Rücksicht nehmen, wie sie lernen, sind nur einige davon.



Emily

Britta
19.02.2008, 10:18
Hallo Emily,

das hast du sehr treffend beschrieben ;). Ich stehe gerade erst am Anfang meiner Rückschulung (bzw. für mich ist es eher eine Neuschulung, ich wurde schon von Baby/Kleinkindalter an "umgelenkt").

Mir geht immer mehr ein Licht auf, warum ich mich seit jeher so "anders" gefühlt habe mit meiner Wahrnehmung, meiner Vorstellung vom Umgang/Kommunikation mit anderen Menschen etc. Für mich sind bis heute (fast 35 Jahre alt) viele Dinge im Umgang miteinander einfach total unverständlich, die für andere ganz normal scheinen.

Zum Ausgangsthema: Ich bin mir nicht sicher, ob man die Problematik des nicht verstehen/verstehen wollen wirklich nur an Rechts- oder Linkshänder festmachen kann. Ich differenziere unter meinen Freunden/Bekannten, mit wem ich über Tiefgründiges sprechen kann und mit wem ich lieber an der Oberfläche bleibe/über Alltägliches plaudere. Es kommt wohl eher drauf an, ob mein Gegenüber selber ein Mensch ist, der sich tiefgründig mit Dingen beschäftigt oder nicht. Meine Cousine z. B. ist eindeutig rechtshändig, trotzdem sehr sensibel und interessiert an tiefgründigen Gesprächen und findet auch das Thema ULH interessant. Genauso kenne ich Linkshänder, ULH, die da eher blocken und die Dinge nicht nachvollziehen können/wollen...

Liebe Grüße
Britta