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Vollständige Version anzeigen : Umgepoltes Kind ?


Getti01
24.04.2007, 11:02
Hallo, wer kann uns nach unserer Odysse vieleicht noch ein paar tipps geben?
Wir sind total geschockt!

Folgendes war bisher.

Unsere bereits 8 jährige Tochter bekam schon im Kindergarten probleme mit anderen Kindern und viel auf durch ihr Verhalten. Auch in der Feinmotorik sollte sie Probleme gahbt haben. Nach Rückfragen bei unserem damaligen Kinderarzt wurde jedoch nichts festgestellt und unsere Frage nach Ergotherapie abschlägig beantwortet, "das tut nicht Not". In der ersten und jetzt auch in der Zweiten klasse kamen die gleichen Hinweise. Auch hier wieder nach Rückfragen nach Ergotherapie beim Hausarzt die gleichen Antworten, "das ist Unsinn, das tut nicht Not". Nach Wochenlangem suchen nach einem Facharzt für dieses Thema bekam ich von einem Mitarbeiter einer Krankenkasse einen privaten Tipp für einen Spezialarzt hier sogar in der Nähe.

Schon bei der ersten Besprechung beim Arzt wurde darauf hingewiesen, dass unsere Tochter vermutlich eine umgepolte Linkshänderin ist. Der schock saß tief, zumal der selbe Arzt fast gleichzeitig mir an den Kopf warf, das auch ich ein umgepolter Linkshänder sei. Die Untersuchungen und Tests haben jetzt begonnen. Heute hat eine erste Anamnese stattgefunden, bei der durch einfache Tests, die innere Zerrissenheit meiner Tochter offenbar wurde. Es kristallisiert sich offenbar immer mehr heraus, dass meine Tochter unbewußt umgepolt wurde. Durch die Fragenkataloge die meine Frau und ich ausfüllen mussten, und die damit verbundene Sichtung unseres Videomaterials haben wir selber feststellen können, dass unsere Tochter ca. bis 4 Jahre alles/vieles eher mit links gemacht hat. Dies war der Zeitpunkt zu dem sie dann in den Kindergarten kam.
Die massiven Probleme in der Schule stellen sich wi folgt dar:

- Unkonzentriertes Arbeiten
- kann einfache Verrichtungen oft nicht sleber lösen ( Schleife machen, Bannane öffnen, Fetc)
- Kann nicht den Ball im Unterricht prellen, da sie dies offensichtlich mit rechts versucht (eigene Beobachtung)
- hat Probleme mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen
- wenn sie mit anderen Kindern spielt, kommt es oft zu Streit
- reagiert oft wutmäßig und weinerlich auf bestimmte Situationen.

Jetzt müssen wir noch einaml zum Kinderarzt und die Familienanamnese besprechen. Uns ist beim ausfüllen der Fragebögen aufgefallen, das die Urgroßmutter meiner Tochter auch eine umgepolte Linkshänderin war und aber zeitlebens vieles beidhändig gleich gut konnte. Auch ich kann viele Dinge besser mit Links oder Beidhändig. Mir ist aber nie selber bewußt gewesen, dass ich ggf. umgepolt bin.

Hier geht es aber zu 100 % um unsere Tochter.

Wie erfolgreich kann eine Rückschulung auf links sein?
Was müssen wir beachten?
Welche Fragen sollten wir ggf. noch den Arzt stellen, - oder dem Ergotherapeuten?
Wie können wir ihr vieleicht noch besser helfen?
Welche Erfahrungen haben Eltern, die Ihr Kind gerade Rückschulen?
Hat es in der 2 Klasse ggf. massiven Einfluss auf die weitere Entwicklung oder ist hier eine Rückpolung angesagter?
Sollten wir ggf. nach der 2 Klasse unsere Tochter lieber wieder eine Klasse zurück setzen lassen? Unsere Tochter ist nicht so schlecht, dass sie die 2 Klasse nicht schafft, aber sie hat eben Probleme in Deutsch (b,p- verwechsler) und in Mathe bei Mal und Durch).

Vorsorglich haben wir für unseren Sohn (4) den Kindergartenleiter auf das Problem Linkshänder hingewiesen. Gott sei dank kam gleich die Info rüber: Gut dass sie uns das sagen, dann achten wir mehr darauf.

Für alle Ratschläge sind wir dankbar. Wir sind einfach zur Zeit ein wenig hilflos!
Danke!
Fam.
Engicht aus Jever

MatthiasW
24.04.2007, 14:17
Hallo, wer kann uns nach unserer Odysse vieleicht noch ein paar tipps geben?
Wir sind total geschockt!

...

1. Wie erfolgreich kann eine Rückschulung auf links sein?
2. Was müssen wir beachten?
3. Welche Fragen sollten wir ggf. noch den Arzt stellen, - oder dem Ergotherapeuten?
4. Wie können wir ihr vieleicht noch besser helfen?
5. Welche Erfahrungen haben Eltern, die Ihr Kind gerade Rückschulen?
6. Hat es in der 2 Klasse ggf. massiven Einfluss auf die weitere Entwicklung oder ist hier eine Rückpolung angesagter?
7. Sollten wir ggf. nach der 2 Klasse unsere Tochter lieber wieder eine Klasse zurück setzen lassen? Unsere Tochter ist nicht so schlecht, dass sie die 2 Klasse nicht schafft, aber sie hat eben Probleme in Deutsch (b,p- verwechsler) und in Mathe bei Mal und Durch).
...

Für alle Ratschläge sind wir dankbar. Wir sind einfach zur Zeit ein wenig hilflos!
Danke!
Fam.
Engicht aus Jever

Hallo Familie Engicht,

zu 1. Wenn Ihre Tochter sich auf eine Rückschulung einlässt, kann die Rückschulung der Durchbruch für sie bedeuten.
zu 2. Eine Rückschulung ist kein Spaziergang, sondern eine harte Bergtour mit Höhen und Tiefen. Ihr solltet euch einen Bergführer (Linkshänder-Berater-/in) suchen. Die Rückschulung wird nur klappen, wenn alle Kind, Eltern, Arzt, Lehrer und Freizeitpädagogen (Sport und Musik) an einem Strang ziehen.
zu 3. Wie er die Rückschulung begleitet und ob dies für Sie und ihre Tochter realisierbar ist. (Kosten und Zeitfaktor)
zu 4. Ihre Tochter wird Zeit und Ruhe benötigen.
zu 5. Bei guter Begleitung, wöchendlichen Schreibkursen und täglichen Übungen sowie Unterstützung in allen Bereichen, haben die Kinder in relativ kurzer Zeit den Klassenstand wieder erreicht. Ältere Kinder verstehen eher als jüngere worum es geht.
zu 6. Siehe 5.
zu 7. Jedes Kind und jede Situation ist unterschiedlich. Es hängt von der Förderung ab.

Anke
26.04.2007, 21:13
Hallo Fam. Engicht,
Mein Sohn hat lange seine Linkshändigkeit nicht akzeptieren gelernt. Es war auch erst Ende 3. Klasse, als ich ein Gespräch mit ihm führte, dass er seine Händigkeit nicht für andere wählt, sondern für sich selbst. Er schreibt jetzt meist rechts, leider nicht immer. In der zweiten Klasse war er sehr schlecht in Rechtschreibung, dass er anfangs auf LRS getestet wurde. In der 3. Klasse hat er zensurenmäßig in Rechtschreibung die Skala von 1 bis 5 ausgeschöpft - möglicherweise spielte die Schreibhand eine Rolle. Wir haben ihn immer versucht zur linken Hand zu ermutigen, weil er so 2 Mal getestet wurde. Seine Schrift konnte man früher nicht unterscheiden. Jetzt wird seine Schrift etwas besser. Seine Rechtschreibung liegt jetzt bei Note 3. Er hat Phasen von ganz zufrieden bis total unzufrieden, recht kurz aufeinander.
Ich habe mich selbst seit 2 Jahren zurückgeschult und ich habe jetzt mehr Energie etwas zu tun. Ich finde es bringt für die Kinder etwas, wenn sie bei einer Seite dann bleiben. Ich hatte in der 3. Klasse Schulprobleme, dann wird nämlich das Gehirn reif und da wäre es sicher noch ein guter Zeitpunkt zum links Schreiben.
Viel Erfolg
Anke

Emily
26.04.2007, 21:41
Hallo Familie Getti ;)

Ich kann auch nur dazu raten, auch wenn harte Zeiten manchmal kommen. Und zwar lieber früher, und lieber früher was nachholen müssen oder neu lernen, als dann wenn der Berg schon riesig hoch geworden ist.

Der Aspekt dass etliche in der Familie schon betroffen waren/ sind macht es wie ich finde, ebenfalls wichtig nicht den gleichen Fehler zum hundertsten Mal zu wiederholen. Ist in unserer anscheinend nämlich auch so.

Wie erfolgreich kann eine Rückschulung auf links sein? Sehr, mit den einzurechnenden Höhen und Tiefen. Aber was raus muss muss eben raus.

Was müssen wir beachten?
Dass das Kind es will, würde ich sagen. Und dass euch klar ist, dass Kinder gerne dazu neigen, nicht aus dem Mainstream herauszufallen - das bedeutet nämlich, dass sie das als LH durchaus noch tun, dabei wären sie eigentlich lieber konform, die Stärke, als Indivuum anders als die Masse zu sein, ist einfach noch nicht so vorhanden. Also ist es wichtig, immer das Kind in seiner ganz eigenen Persönlichkeit zu sehen und diese zu stärken.
Welche Erfahrungen haben Eltern, die Ihr Kind gerade Rückschulen? Nach einem Jahr - gute. Es wird einfach besser, seelisch wie auch leistungsseitig.
Hat es in der 2 Klasse ggf. massiven Einfluss auf die weitere Entwicklung oder ist hier eine Rückpolung angesagter? Die Umschulung? Ein Verbleiben in einer Händigkeit die nicht die eigene ist, hat mit Sicherheit massiven Einfluss!
Sollten wir ggf. nach der 2 Klasse unsere Tochter lieber wieder eine Klasse zurück setzen lassen? Da ich selbst in der vierten um Rücksetzung gebeten habe welche nicht gewährt wurde (wir haben die Umschulung erst Anfang der vierten herausgefunden, bis dahin lief das Kind ganz gut mit), würde ich sagen: Falls notwendig, ja. Ich debke aber dass ihr gerade in der zweiten noch gut Möglichkeit habt, durch vermehrtes Üben aufzuholen.

Wichtig am allermeisten ist wie ich finde, dass das Kind den Sinn erkennt und die Umschulung will. Diese Frage habe ich mit meiner Tochter über mehrere Monate immer wieder mal gestellt, um nur genau das Herauszufinden. Es muss auch klar sein, dass der Weg dann auch gegangen werden muss, und zwar auch mit den Tiefen, ebenso wie mit den seelischen Auflösungen, die dann damit einhergehen.

Alles Gute euch!!!

Emily

Getti01
27.04.2007, 08:25
Hallo , erst einmal vielen Dank für die Tipps.

Auch nach dem letzten Arztbesuch müssen wir uns noch ein wenig gedulden.

Der Arzt will noch eine Vidoegestützte 1 Stündige Untersuchung/Beobachtung
machen, bevor er uns entgültiges sagt.

Der erste Schock ist überwunden und wir sehen jetzt der ganzen Sache ein
wenig gelassener entgegen.

Also noch einmal vielen Dank und
ein friesisches Moin Moin aus Jever

Fam. Engicht

Chrissi 69
27.04.2007, 12:01
Hallo,
auch wir haben einen umgeschulten Sohn (10) (hat er selber im Kindergarten gemacht).
Seit einem halben Jahr sind wir am Rückschulen.
Ich denke wir haben es fast geschafft. Er schreibt nur noch mit rechts, wenn es in der Schule schnell gehen muss (z.B. Diktat).
Ansonsten kann ich nur sagen "Ein Glück das wir das gemacht haben".
Allerdings wolle mein Sohn das auch selber. - Ich weiss nicht ob man das erzwingen kann.
P.S. Ich gebe meinem Sohn 2 x täglich Reiki auf den Kopf und Schläfen (verbessert ungemein die Konzentration und beruhigt in Stresssituationen)

Gruß Chrissi

MatthiasW
27.04.2007, 13:19
Hallo,
auch wir haben einen umgeschulten Sohn (10) (hat er selber im Kindergarten gemacht).
Seit einem halben Jahr sind wir am Rückschulen.
Ich denke wir haben es fast geschafft. Er schreibt nur noch mit rechts, wenn es in der Schule schnell gehen muss (z.B. Diktat).

Hallo Chrissi,

besteht die Möglichkeit mit der/dem Lehrer-/in zu sprechen, das für ihn ein Freiraum (mehr Zeit/ weniger Text usw.) vereinbart wird, damit er nicht ständig wechseln muss.
Eltern/Kinder die ich berate gebe ich ein Schreiben mit, mit der Bitte um Freistellung von schriftlichen Arbeiten (Schreiben in der Klasse, Hausaufgaben und Arbeiten) bis das Kind die Schrift mit der linkén (dominanten Hand) beherscht und nicht unter großem Druck sich ev. eine ungünstige Stifthaltung usw. angewöhnt.
Die so begleiteten Rückschulungen verlaufen in der Regel schneller und die Kinder lernen schnell mit der linken Hand schreiben, da sie nur noch diese fördern.
Einige Kinder schreiben schon nach sehr kurzer Zeit dann mit der linken Hand probeweise bei Klassenarbeiten mit und sind sehr erstaunt wie gut es geht.
Dies ist dann eine super Motivation.


Ansonsten kann ich nur sagen "Ein Glück das wir das gemacht haben".
Allerdings wolle mein Sohn das auch selber. - Ich weiss nicht ob man das erzwingen kann.

Eine Rückschulung kann ich werder vom Kind noch von den Eltern erzwingen und wenn die Oma (nahe Verwandte) dagegen ist/sind, geht es auch häufig schief.