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Vollständige Version anzeigen : Einfach Worte des Trostes


Bretschneider
01.09.2002, 11:14
Der sich rückschulende Linkshänder ist auf dem Weg nach Hause,ist auf dem Weg sich zu treffen und er freut sich darauf,wenn er sich denn endlich gefunden hat.Dann kann er Wurzeln schlagen und seine Pflanze großziehen.

Das "gefährliche"auf dem Rückschulungsweg ist die "Zeitreise"in die eigene vergangenheit".Es ist eine doppelte Belastung,da durch die Rückschulungeine ganz andere Zukunft in Szene gesetzt wird, als es seine bisherige Vergangenheit eigentlich erlaubt. Es ist ein radikaler Richtungswechsel,in dem die vergangenheit in der Gegenwart und in der Zukunft aufgearbeitet wird.

ZWISCHENBEMERKUNG:

Wenn es so sein sollte, das 50%der menschen von der genetischen Veranlagung her Linksänder sind. dann sind fast alle Psychotherapeutischen Maßnahmen und Konzepte korrekturbedürftig...

Es hängt also für den sich rückschulenden Linkshänder viel davon ab,wie er auf seinem Weg "Zurück in die Zukunft" mit den Dingen umgeht denen er wieder begegnet. Natürlich wird er sich und anderen Vorwürfe machen und er wird auch Selbstmitleid haben,daß die Dinge nicht in seinem Sinne gelaufen sind.Aber das sind nur Stationen,Episoden,Steine die es aus dem Weg zu raümen gilt.

hat der Linkshänder sich dann endlich gefunden,ist nach Hause gekommen,dann hat er ein Teilziel erreicht.

Jetzt sieht er sich in seinem "neuen Zuhause" um. Es ist eine neue Realität entstanden. er wird so ziemlich alles in Frage stellen was bisher war und er

beginnt sich neu einzurichten - innerlich-äußerlich-linkshändermäßig- Er beginnt den zweiten Teil seines Weges. Blockaden werden fallen, brachliegende Qualitäten (die er vielleicht schon immer erahnt hat)werden aufgebaut. das was er bisher konnte und wußte über sich und seine Welt und die Welt anderer wird eingehender Prüfung unterzogen. Einiges wird fallengelassen,einiges wird neu hinzukommen, einiges wird ausgebaut.

Er macht aus sich den Menschen, der er naturgemäß hätte sein wollen, sein müssen. Er wird sein werden...


P.S. das gilt natürlich auch für Linkshänderinnen.


Bretschneider

Birgit
01.09.2002, 17:23
Hallo Bretschneider (?),


das war eine schöne Darstellung der Reise zu sich selbst, die eine Rückschulung bedeutet. Ich nannte es in andrem Zusammenhang "Spätes Erwachen". Auch die Schwierigkeiten, auf die man dabei gefühlsmäßig stößt, die Phasen, die man durchläuft - ich hätte sie nicht besser in Worte fassen können. Tat gut, das von jemand anderem zu lesen.


Ja, ich stimme dir absolut zu, dass der gesamte Bereich der Psychotherapie und Rehabilitation überarbeitet werden muß. Ich bin froh, wenn du es ansprichst. In dem Bereich stehe ich allein auf Feld und Flur. Bisher liegt das Schwergewicht auf der Prävention und Reha bei Kindern, die absolut wichtig ist. Nur, was machen all die Erwachsenen, die bereits umgeschult sind und die Kinder, die weiterhin umgeschult werden und eines Tages Erwachsene sein werden?


Du schreibst, "Er macht aus sich den Menschen, der er naturgemäß hätte sein wollen, sein müssen. Er wird sein werden...". Da stimme ich dir sehr zu. Rückschulung und seine Rückkehr zu sich selbst ist etwas, das ein umgeschulter Linkshänder nur selbst machen kann. Und wir brauchen im gesamten therapeutischen Bereich einen Rahmen, der das Thema existent sein lässt. Es hilft nichts, z. B. analytisch eine belastete Elternbeziehung durchzuarbeiten, wenn man vorher nicht abklärt, ob man es mit einem umgeschulten Linkshänder zu tun hat. Dem umgeschulten Linkshänder sind Menschen hilfreich, die ihm spiegeln, dass seine richtige Wahrnehmung richtig ist, damit er sich an seine Heimkehr zu sich selbst wagt.


Birgit

Liliane
06.04.2007, 04:06
Es ist für mich total schön zu lesen, dass andere sich ähnliche Gedanken machen zu dem Ganzen. Ich schaue aber doch zu Arbeiten von Leuten, die aus den unterschiedlichsten Gründen (wie einer eigene Umschulung z. B. ) nicht zu den Folgen von Umschulungen gucken. Ich denke da an den Herrn Gerhard Hüther und was er über unser Gehirn sagt. Auch wenn er kein bißchen zu der nicht gelebten Linkshändigkeit schaut, ist der Rest brilliant. Ich lese viel über Themen, die sich mit Lernen, Bildung und deren Vermittlung und anderem beschäftigen. Und was ich da machmal finde, finde ich so haarsträubend verwirrend, dass ich mich frage, wie es kommt, dass keiner der Fachkollegen da was gegen unterneimmt. Man denkt ja so als "Laie", als nicht-Studierte, eher naiv und vermutet, alle wollen vorankommen und das, was richtig ist, siegt.

Aber meiner Meinung und eigenen Erfahrung nach ist ein WIssen auch eine Form von zuhause, ein Gedanken Gebäude im wahrsten Sinne des Wortes. Und es gibt, so hat mir jedenfalls eine gerade studierende junge Frau bestätigt, beim Lernen heute garnicht die Zeit, das Ganze auch innerlich zu prüfen und begreifen. DEt soll schon länger so sein, wenn ich der Kritik von Ardorno (schreibt man wie? ) aus den 60 er Jahren Glauben schenke. Es scheint in unserer Welt ein Lernen mit Begreifen von innen heraus nicht zu geben. Und ich war immer neidisch auf die mit Abitur. Det legt sich gerade.

Gerhard Hüther kann man übrigens direkt hören , es gibt Vorträge von ihm im Netz. Finde ich in sofern wichtig, weil er erklärt, wie es kommt, dass unser Hirn so dermaßen anpassungsfähig ist. Hätten wir ein anderes, könnten Umgeschulte garnicht klar kommen. Die Folgen der Umschulung sind auch immer ein Zeichen für die enorme ANpassung, die unser Hirn da bastelt, um überhaupt handlungsfähig zu bleiben.

Bei allen anderen Spezien auf der Erde ist der links- rechts- Anteil übrigens 50 zu 50. Und unser Erbgut unterscheidet sich zu unseren nächsten Verwannten ich glaube um 2 Prozent. Det müßte man sich mal richtig auf der Zunge zergehen lassen. Dass wir so irgnoriert werden, ist nicht ausschließlich ein Zeichen von grenzenloser Dummheit oder Böse-sein. Gucke ich zu mir, sehe ich über Jahre hinweg eine Wahrnehmungslücke. Ich habe alte Beiträge von meiner ersten Rückschulung gefunden, det war im Jahre 2000 nach dem Herrn. Ich habe also bloß 5 Jahre gebraucht, um entgültig zu verstehen, dass nur eine Rückschulung mich dauerhaft weiter bringt. Und dann nochmal fast 2 Jahre, um an den Kern der Verletzungen zu kommen, die es mich gekostet hat. Wenn ich es jetzt noch hinkriege, mich von der Wut und wegen dem nicht verstehen angesammeltem Frust zu befreien, wie frei stehe ich dann da. Erst, wie ich das so schreibe, wird mir klar, wie weit ich gekommen bin.


Ich wünsche allen Lesern/innen meiner Beiträge viel Wachstum und eine schöne Zeit

Liliane