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Vollständige Version anzeigen : Persönlichkeit


nele
20.02.2007, 08:34
Hallo,


ich heiße Nele, bin 43 Jahre alt und ganz neu hier. Wie Ihr meinem Alter entnehmen könnt, gehöre ich auch zu der Generation, welche "umgepolt" wurde. Seit ich meinen Mann kenne ist meine "Beidhändigkeit" ein Thema geworden.Er war der Erste, welcher mich auf dieses "Phänomen" angesprochen hat.Ich meine das nicht negativ. Denn seitdem habe ich begonnen über mich nach zu denken."Warum ist das so?" "Wie war das in meiner Kindheit?" Und so allmählich begann ich auch über meine Persönlichkeit nach zu denken. Ich bin der Meinung, daß die Umlenkung von links auf rechts ein großer Eingriff in die eigene Persönlichkeit ist. Man wird so geboren und dann kommen so ein paar ganz Schlaue daher und meinen, "daß ist die böse Hand, nimm das brave Händchen". Wenn ich daran zurückdenke, kräuseln sich bei mir immer noch die Nackenhaare.Meine Eltern hat das erst gar nicht gestört. Sie haben da wohl nicht drauf geachtet.Bevor ich in die Schule kam sollte ich Schreiben lernen. Da ging das Drama dann los. Meine Eltern zwangen mich, den Stift in die rechte Hand zu nehmen. Für mich war jede Schreibübung ein Horrortrip. Ohrfeigen, Schläge auf die Hand, Gebrüll etc. Ich blieb standhaft und die Übungen wurden eingestellt.Ansonsten achtete keiner darauf, ob ich die Gabel in der rechten oder linken Hand hielt. Nur beim Schreiben und Begrüßen wurde ich ermahnt. In der Schule gab es was mit dem Lineal auf die Finger. Zu Hause war das Schreiben üben Horror. Aber irgendwann hatten sie mich soweit. Schreiben und begrüßen mit Rechts. Der Rest mit Links. Bis ich in die Schule kam, war ich eigentlich ein sehr aufgeschlossenes Kind. Dann aber war ich sehr schüchtern und führte eigentlich ein Dasein als Außenseiterin.Meine beste Freundin war ein Jahr jünger als ich und... Linkshänderin. Wie habe ich die immer beneidet. Irgendwann habe ich das Thema verdrängt und es so genommen, wie es eben ist. Aber irgendwie fühlte ich mich weder als Hans noch als Franz. Ich war immer unzufrieden, vom Grundzustand her. Bis ich eben durch meinen Mann wieder mit der Thematik konfrontiert wurde. Meine

Schrift war genauso, wie ich mich fühlte.Bis vor kurzem. Ich hatte im rechten Arm eine Sehne überdehnt und konnte gar nichts mit Rechts machen. Also fing ich an mit Links zu schreiben. Siehe da, es ging. Noch ein bischen krakelig zwar, aber es kam so ein Gefühl von innen raus, "das bin ICH". Das war so ein Gefühl, wie wenn ein Freund oder nahestehender Mensch nach einer langen Reise wieder nach Hause zurückgekommen ist. Und so langsam habe ich den Eindruck, es geht aufwärts! Mal sehen, wie es weitergeht!


Gruß Nele

Helena ALH
20.02.2007, 16:07
Hallo Nele


Willkommen hier im Forum.

Deine Leidensgeschichte spiegelt die Erfahrungen von sehr vielen hier wider, aber leider wird ja auch heute noch immer umgeschult, ob nun bewusst oder unbewusst - die Folgen sind die gleichen. Mein Bruder ist Jahrgang 74 und wurde auch noch umgeschult; mein Vater und Grossvater bekamen auch noch "Tatzen". Mein LH-Mann hingegen (Jg. 68) hatte das Glück, aufgeschlossene Eltern und Lehrer zu haben ("finde selber raus, wie es Dir passt...") und durfte ganz links bleiben (obwohl seine Mutter noch eine Umgeschulte ist und die Grossmutter damals federführend war).


Ich wünsche Dir, dass Du auf Deinem Weg viel Erfolg hast und Du Dich quasi neu entdecken kannst. Es stimmt mich sehr traurig, wieviele Leben von ULH wohl ganz anders verlaufen wären, hätte man sie so gelassen, wie sie geboren worden sind.

Nele
20.02.2007, 17:20
Hallo Helena,

mein jüngster Sohn ist jetzt 10 Jahre alt. Als er 2003 eingeschult wurde, gab es einen "Förderkurs" für Kinder, bei welchen angeblich noch nicht sicher war, was für ein "Händer" sie sind. Mein Sohn ist Rechtshänder und passte somit in die Norm. Alle Anderen wurden umgeschult. Hallo! Wir haben 2007 und die Lehrer haben es immer noch nicht geschnallt. Als Tim ganz klein war, habe ich mich mit dem Kinderarzt angelegt, weil er meinte es könnte sein, daß er Linkshänder wird und ich sollte ihn auf Rechts trainieren. Ich habe dem Kinderarzt gesagt, daß ich doch auch nicht über seine Person bestimme, daß war dann der letzte Besuch dort.Das Vertrauensverhältnis war dahin und ich erschüttert.Ich habe, schon rein aus Interesse mehr darauf geachtet, mit welcher Hand er zu fasst. Wäre es links gewesen, dann wäre es eben Links gewesen. Ich möchte, daß mein Kind "seine" Persönlichkeit entwickelt und nicht die von irgendwelchen Lehrern und Ärzten. Viele in meinem Bekanntenkreis finden es schwachsinnig, daß ich mich umstelle, aber irgendwie habe ich eine Kraft entwickelt, welche mich selbst erstaunt.Und mein Mann steht voll hinter mir und das zählt und wer mit der "neuen" Nele nicht umgehen kann, muß wegbleiben.

Viele Grüße
Nele


Hallo Nele

Willkommen hier im Forum.
Deine Leidensgeschichte spiegelt die Erfahrungen von sehr vielen hier wider, aber leider wird ja auch heute noch immer umgeschult, ob nun bewusst oder unbewusst - die Folgen sind die gleichen. Mein Bruder ist Jahrgang 74 und wurde auch noch umgeschult; mein Vater und Grossvater bekamen auch noch "Tatzen". Mein LH-Mann hingegen (Jg. 68) hatte das Glück, aufgeschlossene Eltern und Lehrer zu haben ("finde selber raus, wie es Dir passt...") und durfte ganz links bleiben (obwohl seine Mutter noch eine Umgeschulte ist und die Grossmutter damals federführend war).

Ich wünsche Dir, dass Du auf Deinem Weg viel Erfolg hast und Du Dich quasi neu entdecken kannst. Es stimmt mich sehr traurig, wieviele Leben von ULH wohl ganz anders verlaufen wären, hätte man sie so gelassen, wie sie geboren worden sind.

Ursula
20.02.2007, 18:18
Hallo Nele,

willkommen im Club.

Hier bist Du gut aufgehoben.

Wir haben alle ähnliche Erfahrungen gemacht und tauschen uns hier gern aus.

Auf fast jede Frage bekommst Du hier Antworten.

Und das tolle, weil jeder irgendwie anders damit umgeht, hört man auch viele Ansichten zu einer Sache.

Mir jedenfalls hat schon geholfen, daß man nicht allein ist mit seinen Problemen.

Ganz liebe "linke" Grüße von Ursula

Nele
20.02.2007, 19:03
Hallo Ursula,

vielen Dank für Dein "Willkommen". Ich denke, daß ich hier noch eine Menge Erfahrungen sammeln kann und andere hoffentlich ein wenig von meinen Erfahrungen etwas für sich rausziehen können.Ich könnte soviel schreiben, was mir allein heute durch Eure Reaktionen noch alles eingefallen ist.

Viele Grüße und schönen Feierabend
Nele


Hallo Nele,
willkommen im Club.
Hier bist Du gut aufgehoben.
Wir haben alle ähnliche Erfahrungen gemacht und tauschen uns hier gern aus.
Auf fast jede Frage bekommst Du hier Antworten.
Und das tolle, weil jeder irgendwie anders damit umgeht, hört man auch viele Ansichten zu einer Sache.

Mir jedenfalls hat schon geholfen, daß man nicht allein ist mit seinen Problemen.

Ganz liebe "linke" Grüße von Ursula

Chrissi
21.02.2007, 20:36
Hallo,

ich heiße Nele, bin 43 Jahre alt und ganz neu hier.


Liebe Nele-

Herzlich Willkommen im Forum.Ich möchte Dich bestärken bei Deiner Umschulung. Für mich hat sie nur Gutes eingebracht.

lg Chrissi

Nele
22.02.2007, 08:56
Hallo,
ich heiße Nele, bin 43 Jahre alt und ganz neu hier.
Liebe Nele-
Herzlich Willkommen im Forum.Ich möchte Dich bestärken bei Deiner Umschulung. Für mich hat sie nur Gutes eingebracht.

lg Chrissi


Hallo Chrissi,

war es bei Dir am Anfang manchmal auch so schwierig mit dem Schreiben? Ich übe jeden Tag, vor allen Dingen muß die Unterschrift ja auch übereinstimmen. Ansonsten ertappe ich mich, daß ich nur noch mit Links zufasse. Nur mit dem Schreiben wie gesagt, hapert es noch ein wenig.Aber wenn man 37 Jahre mit Rechts geschrieben hat ist es ja auch nicht verwunderlich. Demnächst werde ich mit Links kegeln, mal sehen, was das ab gibt.Ganz zu Anfang habe ich mit Links gekegelt, aber weil alle mit Rechts gekegelt haben, habe ich umgestellt. Wohl ein Relikt von Früher aus der Schule. "Man hält den Stift Rechts".


lg Nele

Rüdiger
22.02.2007, 16:02
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Viele in meinem Bekanntenkreis finden es schwachsinnig, daß ich mich umstelle, aber irgendwie habe ich eine Kraft entwickelt, welche mich selbst erstaunt.Und mein Mann steht voll hinter mir und das zählt und wer mit der "neuen" Nele nicht umgehen kann, muß wegbleiben.

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Hi Nele,

volle Zustimmung meinerseits. Leider verstehen viele Rechtshänder dieses Problem nicht. Deshalb versuche ich einfach mein Ding zu machen, ohne etwas davon zu erzählen. Ich schreibe allerdings immer noch rechts, aber sonst mache ich die meisten Tätigkeiten mit links. War bei mir aber schon immer so. Ich bin "nur" von der Schreibhand her umgeschult.

Aber was mich interessiert: Bist Du getestet auf links?

Oder ist das nicht nötig? Machst Du jetzt Deine eigene Umschulung?

Oder ist das nach dem was Du schilderst sowieso außer Frage das Du "Links" bist? Das war jetzt auch eine Frage an die Allgemeinheit.


Viele Grüße
Rüdiger

als Gast Bärbel
22.02.2007, 23:21
Hallo Rüdiger,

Ich bin "nur" von der Schreibhand her umgeschult.


In dem Glauben war ich bis zu meiner Rückschulung auch. Je mehr und zahlreicher die Schwung- und Schreibübungen wurden, desto mehr stellte ich auch andere Veränderungen und Tätigkeiten fest, die ich auf die Umschulung zurückführe.

Wer ist noch von den positiven Veränderungen durch eine Rückschulung angenehm überrascht worden?

Schönen Abend

Bärbel

Emily
22.02.2007, 23:30
Hallo Nele,


"Noch ein bischen krakelig zwar, aber es kam so ein Gefühl von innen raus, "das bin ICH". Das war so ein Gefühl, wie wenn ein Freund oder nahestehender Mensch nach einer langen Reise wieder nach Hause zurückgekommen ist. Und so langsam habe ich den Eindruck, es geht aufwärts! Mal sehen, wie es weitergeht!


Gruß Nele"


:)! In meiner ersten Woche der Schreibhandumstellung, das war vor drei Wochen, ging es mir so, dass sich viele Male so etwas wie ein unbeschreibliches Glücksgefühl in mir ausgebreitet hat. Ich schreibe nicht so sehr viel mit Hand, jedoch natürlich auch in der Arbeit ab und an, und wenn ich etwas krakelig skizziere erkläre ich es eben dazu, un dich merke, wie wichtig gerade die Umstellung des Handschreibens auf die für einen Menschen "richtige" Hand ist - offfensichtlich wird auch der Seele damit ein wichtiges inneres Signal gegeben, das heisst "Du darfst jetzt so werden wie du eigentlich bist". Das Schreiben wird durch die Praxis besser, und wie heisst es so schön: Übung macht ja den Meister. Ich arbeite daran bis zu meinem neuen Pass, der in ein paar Monaten ansteht, auch die Unterschrift auf links zu können :). Und ich sehe aus vielen anderen Dingen, die sich in meinem Leben aus- und hoffentlich dann auch auflösen, dass die Entscheidung auch mit meinen 40 wichtig und richtig ist. Ich wünsche dies allen "Verdrehten", sich wieder sich selbst zu zu wenden - im bildlichen wie auch inneren Sinne.


Ich sehe die Verdrehung der Schreibhand grundsätzlich als etwas wie eine "Überanpassung" an die Norm, sei es nun durch außeren, aber auch inneren Druck. Mir ist relativ klar, dass meine Überanpassung durch mangelnde Sicherheit in der Kindheit mit beeinflusst wurde. Hohe Anpassungsintelligenz und Flexibilität, welche Menschenkinder besitzen um in ganz verschiedenen Lebensumfeldern überleben zu können, schadet dann dummerweise gerade einem selbst.


Ich kenne übrigens auch die unterschiedlichen Flexibiltät der Körperhälften, ich habe dadurch hauptsächlich die linke Seite, die wesentlich flexibler ist als meine rechte, überstrapaziert. Sprich, das linke Knie zahlt den Preis. Also versuche ich jetzt mehr, möglichst beide Seiten gleich-mäßig zu benutzen und zu belasten, was symmetrisch mögliche Bewegungen angeht.


>Oder ist das nach dem was Du schilderst sowieso außer Frage das Du "Links" bist? Das war jetzt auch eine Frage an die Allgemeinheit.

>Viele Grüße

>Rüdiger


Wie meinst du das, Rüdiger? Ob jemand auch ohne Testung weiss, dass er/ sie es ist?


Grüsse

Emily

Nele
23.02.2007, 06:54
>Viele in meinem Bekanntenkreis finden es schwachsinnig, daß ich mich umstelle, aber irgendwie habe ich eine Kraft entwickelt, welche mich selbst erstaunt.Und mein Mann steht voll hinter mir und das zählt und wer mit der "neuen" Nele nicht umgehen kann, muß wegbleiben.


Hi Nele,
volle Zustimmung meinerseits. Leider verstehen viele Rechtshänder dieses Problem nicht. Deshalb versuche ich einfach mein Ding zu machen, ohne etwas davon zu erzählen. Ich schreibe allerdings immer noch rechts, aber sonst mache ich die meisten Tätigkeiten mit links. War bei mir aber schon immer so. Ich bin "nur" von der Schreibhand her umgeschult.

Aber was mich interessiert: Bist Du getestet auf links?
Oder ist das nicht nötig? Machst Du jetzt Deine eigene Umschulung?

Oder ist das nach dem was Du schilderst sowieso außer Frage das Du "Links" bist? Das war jetzt auch eine Frage an die Allgemeinheit.

Viele Grüße
Rüdiger


Hallo Rüdiger,


ich habe bisher alles beidhändig gemacht,tendenz mehr Links.Nur Schreiben mit Rechts,weil ich da umgelenkt wurde in der Schule. Meinen Eltern war das so ziemlich egal.Ich habe mich nicht testen lassen, da für mich klar ist, daß ich Linkshänderin bin.


Gruß Nele

Rüdiger
23.02.2007, 11:07
Wie meinst du das, Rüdiger? Ob jemand auch ohne Testung weiss, dass er/ sie es ist?

Grüsse

Emily



Ja, genau.

Ich bin häufig im Zweifel, ob ich rechts oder links bin.

Es gibt massenhaft Tätigkeiten die ich mit links erledige. Ebenfalls aber auch

einiges, welches ich mit rechts mache. Dann wieder kann ich vieles mit rechts und links.

Ich habe ehrlich gesagt noch nicht den Dreh gefunden mich testen zu lassen.

Ich würde gern auch meine Schreibhand einfach von mir aus umstellen, denke aber immer daran, daß dies auch ein Fehler sein kann. Wenn ich nämlich doch nicht definitiv links bin, handele ich mir mit dieser Umstellung möglicherweise große Probleme ein. Da habe ich Angst vor, aber es reizt mich ungemein es einfach zu tun.


Viele Grüße

Rüdiger

Anke RLH
25.02.2007, 17:15
Hallo Rüdiger,

von mir aus, weiß ich von meinen Eltern, dass ich Linkshänderin bin. Ich sollt wegen der Schreibrichtung mit rechts schreiben. Da ich mich erinnere, dass ich mir früher einen Gipsarm wie mein Klassenkamerad gewünscht habe, um links zu schreiben, habe ich mich zurückgeschult.

Bei meinem Mann im Zeugnis steht die ganze Grundschulzeit, dass er unkonzentriert ist. Ich denke , dass ist doch linkshändertypisch. Er und auch sein Vater, machen tatsächlich viel und leicht mit links - schreiben halt rechts. Meine rechtshändige Tochter ist links so "tapsch", dass ich meinen Mann eigentlich auch eher als Linkshänder sehe. Aber er wird jetzt 40 Jahre, weiß nicht wie es anders wäre und da wir auch einen linkshändigen Sohn haben, sind wir mit dem Verhältnis 2 Linkshänder und zwei Rechtshänder in der Familie "zufrieden" und forschen nicht weiter nach - man will ja auch nicht die Rechtshänder diskriminieren.

Gruß Anke