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Vollständige Version anzeigen : Freundschaft


Susanna
28.03.2006, 22:27
Neulich las ich den autobiographischen Comic von Marjane Satrapi "Persepolis". Sie kam 14jährig allein aus dem Iran nach Wien und dort in eine französische Schule. Verschüchtert und fremd, gewann sie dennoch bald Freunde, weil sie sehr gut in Mathematik war und die Lehrer karikieren konnte.

Solange ich auf rechts umgeschult war, hatte ich keine Möglichkeit, irgendwen mit besonderen Kenntnissen zu beeindrucken. Verschüchtert und mehr oder weniger (für die anderen mehr) fremd war ich trotzdem. Viele Schrullen haben sich daraus ergeben, daß ich ein ideales "Opfer" war, das sich nicht direkt zur Wehr setzen konnte, und weil ich meine Einsamkeit kompensieren mußte.


Seit bald drei Jahren schule ich mich auf links zurück. Aber das Thema "Freundschaften" ist seitdem nicht leichter, sondern eher noch schwerer geworden. Die Beziehung zu den Menschen, die ich vorher schon kannte, sind komplizierter statt einfacher geworden, und ich verstehe nicht recht, warum. Sie sind seither verkrampft, als wollten sie etwas vor mir verstecken, vielleicht ihre Befremdung, weil sie es nicht gewöhnt sind, mich plötzlich "seitenverkehrt" zu erleben, ich weiß es nicht. Oder sie ziehen sich vor mir zurück, weil sie mit den Veränderungen, die ich durchmache, nicht mitkommen. Konkret, mir sind nur meine Eltern geblieben, alle anderen sind weggebrochen. Neue Freundschaften kommen nicht dazu, ich nehme an, weil mir die Schrullen aus der harten Zeit der Umschulung noch nachhängen.

Geht es jemandem ähnlich?

Susanna

Ursula
30.03.2006, 18:21
>Neulich las ich den autobiographischen Comic von Marjane Satrapi "Persepolis".




Hallo Susanna, bezieht sich der Text:

>Seit bald drei Jahren schule ich mich auf links zurück. Aber das Thema "Freundschaften" .....<


auf Dich persönlich oder auf "Persepolis"?

Das ist mir nicht ganz klar geworden.


Gruß, Ursula

Susanna
30.03.2006, 21:48
>>Neulich las ich den autobiographischen Comic von Marjane Satrapi "Persepolis".

>

>Hallo Susanna, bezieht sich der Text:

> >Seit bald drei Jahren schule ich mich auf links zurück. Aber das Thema "Freundschaften" .....auf Dich persönlich oder auf "Persepolis"?

>Das ist mir nicht ganz klar geworden.

>Gruß, Ursula


Hallo Ursula,

Weil es der Autorin, die nicht umgeschult war, möglich war, ihre Fähigkeiten voll einzusetzen und damit ihre "Fremdheit" auszugleichen.

Gruß, Susanna

Susanna
30.03.2006, 21:53
>>>Neulich las ich den autobiographischen Comic von Marjane Satrapi "Persepolis".

>>

>>Hallo Susanna, bezieht sich der Text:

>> >Seit bald drei Jahren schule ich mich auf links zurück. Aber das Thema "Freundschaften" .....auf Dich persönlich oder auf "Persepolis"?

>>Das ist mir nicht ganz klar geworden.

>>Gruß, Ursula

>Hallo Ursula,

Anbei die korrekte Antwort (Verzeihung, ich habe Deine Frage zu schnell gelesen und falsch verstanden):

Der von Dir zitierte Text bezieht sich auf mich.

>Gruß, Susanna

Ursula
30.03.2006, 22:39
>Der von Dir zitierte Text bezieht sich auf mich.

Hallo Susanna,

da scheinst Du ja wirklich Probleme zu haben, mit Dir? oder Deinen Mitmenschen.

Du hast Dich mit Sicherheit verändert durch die Rückschulung, und ich hoffe, Du fühlst Dich besser als vorher.

Ich habe das so nicht erlebt. Weiß aber aus anderen einschneidenen Veränderungen in meinem Leben, daß man die anderen ganz schön nerven kann, weil man das ja alles mitteilen will, was gerade in einem passiert. Das ist für die, die nicht betroffen sind bestimmt sehr anstrengend.

Es liegt aber bestimmt nicht an Deiner Entscheidung "links" zu denken und zu sein, sondern daran, daß die anderen nicht bereit waren, das mit Dir zu teilen.

Hör auf Deine "innere" Stimme, und bestimmt dauert es nicht mehr lange, bis Du wieder ausgeglichen bist, und offen für die Sorgen und Nöte der anderen Menschen, dann sind Sie auch wieder für Dich da.

Man kann das nicht erzwingen, geh raus, unter Leute, such Dir gleichdenkende Menschen. Hier im Forum laufen wir ja alle irgendwie "linksrum".

Ich bin sicher, daß die anderen Forumteilnehmer auch etwas aus Ihrem Erfahrungsschatz preisgeben, und Dir ein wenig beistehen können.

ganz liebe Grüße Ursula

als Gast Bärbel
02.04.2006, 10:07
Hallo, Der Beitrag
hat dazubeigetragen, dass ich meine Rückschulung chronologisch ordnen kann.

Der chronologische Ablauf einer Rückschulung ist auf dieser Webseite sehr gut beschrieben:

http://lefthandcorner.wtal.de/artikel/infos/rueckschulung5-Verlauf.html


Viele Grüße aus dem sonnigen Rheinland

Bärbel

Susanna
07.04.2006, 15:13
>>Der von Dir zitierte Text bezieht sich auf mich.

>Hallo Susanna,

>da scheinst Du ja wirklich Probleme zu haben, mit Dir? oder Deinen Mitmenschen.

>Du hast Dich mit Sicherheit verändert durch die Rückschulung, und ich hoffe, Du fühlst Dich besser als vorher.

>Ich habe das so nicht erlebt. Weiß aber aus anderen einschneidenen Veränderungen in meinem Leben, daß man die anderen ganz schön nerven kann, weil man das ja alles mitteilen will, was gerade in einem passiert. Das ist für die, die nicht betroffen sind bestimmt sehr anstrengend.

>Es liegt aber bestimmt nicht an Deiner Entscheidung "links" zu denken und zu sein, sondern daran, daß die anderen nicht bereit waren, das mit Dir zu teilen.

>Hör auf Deine "innere" Stimme, und bestimmt dauert es nicht mehr lange, bis Du wieder ausgeglichen bist, und offen für die Sorgen und Nöte der anderen Menschen, dann sind Sie auch wieder für Dich da.

>Man kann das nicht erzwingen, geh raus, unter Leute, such Dir gleichdenkende Menschen. Hier im Forum laufen wir ja alle irgendwie "linksrum".

>Ich bin sicher, daß die anderen Forumteilnehmer auch etwas aus Ihrem Erfahrungsschatz preisgeben, und Dir ein wenig beistehen können.

>ganz liebe Grüße Ursula




Hallo Ursula,

Danke für Deine lieben Worte. Ungefähr so ist auch meine eigene Erklärung. Nur, manchmal überwältigt mich der Schmerz (über den Verlust), und dann hoffe ich, es möge noch eine andere Erklärung geben - eine, die eine "Reparatur" zulassen würde.

Herzliche Grüße, Susanna

Susanna
07.04.2006, 15:46
>Ich habe die Erfahrung gemacht, das Linkshänder Freundachaft über ein Thema (bewusstes gemainsames Handeln) aufbauen.

>Ich helfe gerne und gestalte gemeinsam mit anderen, wenn ich einen Bezug zu einem Thema aufbauen kann.

>In meiner Jugend war es die Mitarbeit in einem Jugendzentrum in eigener Trägerschaft, in dem ich über ca 10 Jahre ehrenamtlich mitgearbeitet habe.

>Dann kam über einige Jahre nichts, nur Familie und einige ganz enge Freunde.

>Da ich aber merkte, das ich einen Tätigkeitsbereich außerhalb der Arbeit (Sozialpädagoge) und der Familie brauchte, nahm ich ganz bewusst Kontakt mit einem Verein auf in dem ich sehr autonom agieren und meinen Bereich gestalten konnte und gründete die AG-Verkehrs- und Umweltpädagogik.

>In dieser Gruppe war die Zusammenarbeit gerade mit den Personen sehr fruchtbar, die, wie sich später heraus stellte zu den umgeschulten Linkshändern zählten.

>Wer die Bücher von Frau Dr. Sattler gelesen hat wird sich sicher an die Passagen erinnern, in denén sie über das unteschiedliche Agieren von Links- und Rechtshändern in Gruppen schreibt. Ihre Ausführungen kann ich nur bestätigen.

>Was könnte dies für dich bedeuten?

>Stelle eine Liste über deine Interessen auf!

>-

>-

>Über lege ob du in deiner Umgebung einen Verein oder Gruppe findest in der du diese Interessen mit anderen verwirklichen kannst.

>Achte aber auf größt mögliche Eigenverantwortung und freie Gestaltungsmöglichkeit.

>Frage dich ob du dich 100% mit den Statuten des Vereins oder der Gruppe identifizieren kannst, denn nur dann wirst du dich durch die Statuten nicht eingeengt fühlen. (Dies ist auch ein Grund warum ich in diesem Forum mitarbeite und mich für die freie aber faire Meinungsäußerung hier einsetze.)

>Wird Linkshändern eine Marschrichtung und der Marschrythmus zu stark vorgegeben, bedeutet dies eine zustarke Einengung.

>Diese Einengung habe ich nicht nur im Verein sondern auch beruflich erlebt. In einem Fall habe ich sogar beruflich meinen Abschied genommen und gekündigt.

>Liebe Grüße aus Matthias


Hallo Matthias,

Auch ich habe meine Freunde und Freundinnen bisher über ein Engagement zu einem bestimmten Thema gefunden. Meine Interessen haben sich nicht geändert, jedoch mein Umgang mit ihnen wohl. Ich war und bin interessiert an Feminismus, alternativer Heilung, und multikulturellen, genauer: deutsch-jüdischen bzw. deutsch-israelischen Beziehungen. Das sind alles wichtige Themen, die aber alle zumeist stark dogmatisch "angegangen" werden. Solange ich umgeschult war, habe ich mich dem Dogmatismus zwar nicht direkt gebeugt, aber ich habe ihn ertragen. Mit der Rückschulung kam die Klarsicht, und da ich eine Menge aufgestauter Wut in mir trug, habe ich sehr undiplomatisch meine Meinung kundgetan. Seitdem bin ich meine alten Freunde los. - Ich habe neulich eine Freundin wiedergetroffen, von der ich einmal dachte, daß sie meine beste sei. Wir haben uns auch gut verstanden, es ist nicht so, daß es wirklich einen "Bruch" gegeben hat, trotzdem merkte ich, daß ihr das Wiedersehen unangenehm war, sie hatte ein schlechtes Gewissen, sagte aber nicht, warum, und ich konnte darum nichts "geraderücken". - Die zu meinen Interessen gehörenden "Szenen" sind klein, ich stolpere ständig an "reminders", das macht oft melancholisch.

Seit der Rückschulung zeichne und male ich endlich - das habe ich als Umgeschulte nicht getan. Solange ich umgeschult war, hatte ich das Gefühl, einige Künste unglücklich zu lieben, wie das Malen und Zeichnen, das Kochen, einige handwerkliche Fähigkeiten, sowie Sport. Jedoch an Menschen kam ich ganz gut heran. Seit der Rückschulung ist es umgekehrt. Ich hoffe, daß sich das ändert, je tiefer ich in mein neues Leben hineinwachse.

Die Bücher von Frau Dr. Sattler habe ich gelesen, einige mehr, andere weniger gründlich. Mir geht es wie wohl allen anderen hier im Forum: Einen besseren Schlüssel zum Verständnis meines Lebens habe ich bisher nicht gefunden.

Danke für Deine ausführliche Antwort.

Grüße, Susanna